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ich habe hier schon oft reingeschaut, mich aber nie getraut, selbst mal was über mich zu schreiben. Im Moment quälen mich meine Ängste und Sorgen wieder und ich bin in ambulanter psychosomatischer Behandlung. Manchmal gehts vorwärts, dann wieder rückwärts aber ich geb die Hoffnung nicht auf, dass es auch wieder besser wird. Was mir aber in den letzten Monaten sehr bewusst geworden ist: ich bin einfach unheimlich einsam. Ich hab kaum Freunde und viele von euch wissen ja aus eigener Erfahrung wie schwer es ist, neue Kontakte zu knüpfen wenn man vor allem und jedem Angst hat. Aus diesem Grund hab ich mich entschieden, euch meine Geschichte zu schreiben.

Ich suche auf diesem Wege Menschen denen es ähnlich geht. Keine Angst... ich suche natürlich keine Ersatztherapeuten, den ich die ganze Zeit vollheulen kann sondern hauptsächlich nette Leute, mit denen man sowohl über seine Probleme aber auch über Gott und die Welt reden kann.

Wenn es euch ähnlich geht, dann schreibt mir bitte. Ich würde mich echt freuen, hier ein paar nette Leute kennenzulernen. Ich kann euch nicht viel bieten, aber ich kann gut zuhören und bin ein erfahrener Angsthase, der vielleicht den einen oder anderen Tip hat... anderen kann man ja meistens besser helfen als sich selbst.

So, wer jetzt neugierig ist, der kann hier meine Geschichte lesen. Hätte garnicht gedacht, dass es so schwer ist, sich selbst zu beschreiben

Ich bin 31 Jahre alt, seit 3 Monaten wieder Single und lebe alleine. Ich bin schon seit meiner Kindheit relativ ängstlich und mache mir Gedanken und Sorgen über Dinge, über die sich die meisten anderen Menschen nicht den Kopf zerbrechen. Ich wollte nie alleine sein und hing fürchterlich an meinen Eltern. Teilweise hatte ich glaube ich auch so eine Art Platzangst und hatte Angst vor fremden Menschen. Das alles hielt ich aber soweit in Grenzen, dass ich nach ein bisschen Anlaufzeit aber mit mir und meiner Umwelt immer gut klargekommen bin. Natürlich waren meine Eltern deswegen mit mir auch bei einigen Ärzten. Die Pauschallösung war damals: mach alles, wovor du dich fürchtest. Und was soll ich sagen... das hat eigentlich immer geklappt.

Wirklich problematisch wurde das mit der Angst erst nach einem Autounfall vor gut 10 Jahren. Körperlich ist mir damals nichts Schlimmes passiert. Ich habe zunächst einfach so wie vor dem Unfall weitergemacht (Arbeit), aber nach zwei Monaten hatte ich glaube ich so eine Art leichten Nervenzusammenbruch (Angstzustände, alle möglichen körperlichen Beschwerden und dauerhaft Albträume). Ich bin zu allen möglichen Ärzten gerannt, bis einer mich zu einem Psychiater geschickt hat. Der hat sich meine Probleme so etwa 5 Minuten angehört, ein EEG gemacht und mir dann geraten, für 3 Monate in eine psychosomatische Klinik zu gehen. Das klingt jetzt etwas lapidar, aber das war damals wirklich so. Andererseits wusste von den Ärzten glaube ich keiner so recht, was er sonst mit mir hätte anfangen sollen.

Ums kurz zu machen: ich war damals dann tatsächlich drei Monate in einer Klinik. Ich habe dort viel gelernt, aber auch viel Zeit mit Sachen verbracht, die mir meine Therapeuten eingeredet haben. Aber unterm Strich gings mir danach sehr gut und ich konnte ein ganz normales Leben führen. Ich bin für ein halbes Jahr noch ambulant zu einem Psychotherapeuten gegangen, bei dem ich mich richtig wohl gefühlt habe. Ich bin bei meinen Eltern ausgezogen, hatte eine wunderschöne Beziehung und konnte auf eigenen Beinen stehen.

2003 hatte ich dann einen Rückfall. Ich hatte meinen Job verloren, meine Freundin hatte sich von mir getrennt und kurze Zeit später hatte mein Vater eine schwere Herz-Operation. Ich musste mich um meine Eltern kümmern und den Seelsorger für meine Exfreundin spielen und war die ganze Zeit auf Trab, aber als alles überstanden war und ich langsam zur Ruhe kam, kam dann der Zusammenbruch. Ich wollte wieder zu meinem Therapeuten, aber die Krankenkasse hat den Antrag abgelehnt, da ich zuvor gerade einen Turnus abgeschlossen hatte. Also bin ich wieder zu allen Ärzten gerannt mit dem Ergebnis, dass mir dieses Mal Medikamente verschrieben wurden (Trevilor, 75 mg).

Das Trevilor hat mich in den ersten drei Monaten ziemlich fertig gemacht. Ich hatte jeden Tag Panikattacken und habe mir garnix mehr zugetraut, ausserdem konnte ich teilweise tagelang nicht schlafen. Gegen die Nebenwirkungen vom Trevilor und um schlafen zu können wurde mir dann Thombran verschrieben (50 mg abends). Nach etwa vier Monaten gings mir dann wieder besser (ich weiss aber bis heute nicht, ob das an den Medikamenten lag oder obs von alleine besser wurde). Nach einiger Zeit hatte ich wieder eine schöne Beziehung und konnte mein Leben eigentlich wieder recht uneingeschränkt leben.

Vor zwei Jahren wurde dann bei meinem Vater ein Gehirntumor festgestellt. Die Operation selbst hatte er gut überstanden, ist dann aber nicht einmal eine Woche später an einer Blutvergiftung gestorben, die die Ärzte zunächst nicht entdeckt und dann auch noch falsch behandelt hatten. Nach seinem Tod musste ich mich um meinem Mutter kümmern, die an einer Augenkrankheit leidet und leider fast blind ist. Mir war schon bewusst, dass mein Vater nicht mehr da ist, aber wirklich begriffen hab ichs glaub ich nicht. Im Nachhinein denke ich, dass da das Trevilor wohl eine bedeutende Rolle gespielt hat und ich diese Gefühle einfach nicht zulassen konnte. Ich hab gearbeitet und gearbeitet und mich um meine Mutter gekümmert und dabei garnicht gemerkt, wies mir eigentlich geht.

Ende des letzten Jahres habe ich mir dann vorgenommen, nach fast 6 Jahren das Trevilor abzusetzen. Ich habe die Dosis nach und nach reduziert. Als ich dann noch bei etwa 15 mg war (hatte immer 75 mg genommen), gings mir eigentlich bis auf ein paar körperliche Entzugserscheinungen ganz gut. Aber im Februar hats mich dann richtig umgehauen. Ich hatte wieder fast täglich ohne ersichtlichen Grund irrsinnige Panikattacken. Ich war deshalb bei einem Neurologen, der mir dann für die Übergangszeit Opipramol (je 50mg morgens und abends) verschrieben hat. Ausserdem bin ich seit Februar wieder wöchentlich beim meinem Psychotherapeuten. Das Trevilor und das Opipramol hab ich seit April komplett abgesetzt. Das Thombran setzte ich jetzt ab und bin momentan bei 25 mg.

Meine Freundin war mit meiner Situation seit Ende des letzten Jahres ziemlich überfordert. Ich wollte mit ihr zumindest ab und zu über meine Probleme reden, aber sie konnte damit nichts anfangen und damit auch nicht umgehen. Im März waren wir dann zusammen in Urlaub (vor dem ich unheimlichen Bammel hatte). Danach hatte ich ein richtiges Hoch. Ich konnte wieder normal arbeiten, hab alle möglichen Termine gemacht und mich eigentlich rundum wohl gefühlt. Ende April gings dann wieder etwas schlechter (Warum? Ich hab keine Ahnung) und Anfang Mai trennte sich dann meine Freundin von mir, weil sie mit meinem Problemen nicht umgehen konnte und wollte. Mir war das damals glaube ich schon klar, dass das so kommen würde. Ich mache ihr deshalb auch keinen Vorwurf. Trotzdem hat es mich ziemlich getroffen.


Der aktuelle Status:

Ich hab das Gefühl, dass im Moment unheimlich viele Sachen auf mich einstürzen. Seit ich das Trevilor abgesetzt habe, ist mir der Tod meines Vaters erst richtig bewusst und ich kann nach fast zwei Jahren endlich richtig heulen. Aber auch wenn ich was sentimentales im Fernsehen sehe oder jemand mir was Nettes sagt, kommen mir sofort die Tränen.

Im Moment teilt sich das bei mir in zwei Problembereiche:

Auf der einen Seite kämpfe ich mit allen möglichen Symptomen und mache mir echt über jeden schei** Sorgen. Mit Bauchweh, Krämpfen und Verspannungen im Nacken kann ich irgendwie noch umgehen. In den letzten Wochen war mir aber auch sehr oft schwindelig und ich bekomme richtige Beklemmungen. Meine größte Angst dreht sich derzeit ums Atmen und um mein Herz. Ich hab keine Atemnot, aber ständig das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt. Ich laufe zweimal die Treppe hoch und rege mich dann fürchterlich auf, weil mein Herz so schnell schlägt. Ganz neutral betrachtet ist das - glaube ich zumindest - völlig normal. Ich bin aber scheinbar überzeugt, dass da irgendwas nicht stimmt und ich wahrscheinlich sofort tot umfalle. Ich bin von meiner Statur her recht sportlich, habe allerdings in den letzten 10 Jahren so gut wie überhaupt keine Sport gemacht und sitze bei der Arbeit den ganzen Tag am Schreibtisch.
Ich versuche regelmäßig spazieren zu gehen und hab gestern auch mal den Versuch unternommen zu Joggen. Nach ein paar hundert Metern hab ich aber dermaßen Panik bekommen, dass ichs mir im Moment garnicht mehr zutraue.

Auf der anderen Seite fällt mir neben den zahlreichen blöden Symptomen aber auch das normale Leben ziemlich schwer. Ich wache oft morgens meisten so gegen 5 Uhr auf und bekomme im Halbschlaf Panik und habe völlig wirre Gedanken. Und da ich scheinbar nicht richtig wach werde liege ich dann minutenlang da und quäle mich. Ich gehe jeden Tag arbeiten, hab aber jeden Morgen Angst davor, was auf mich zukommt. Sobald das Telefon klingelt oder Kundschaft in den Laden kommt würd ich am liebsten im Erdboden versinken, damit ja keiner auf die Idee kommt, mich anzusprechen. Mir fällt es unheimlich schwer, zu meiner Mutter zu fahren, weil da so viele Erinnerungen wach werden. Vor zwei Wochen hatte ich an der Kasse im Supermarkt eine elende Panikattacke, weil ich auf einmal meine Geheimzahl für die EC-Karte vergessen hatte.

Was ich im Moment nicht kapiere: ich geh doch jeden Tag arbeiten. Ich fühl mich becheiden und hab Angst, aber es passiert nichts dramatisches. Ich gehe einkaufen, obwohl ich Angst davor habe, an der Kasse umzukippen. Manchmal bekomm ich Panik, manchmal nicht. Trotzdem hab ich beim nächsten Mal wieder genausoviel Angst davor. Irgendwie kommts mir so vor, als würde all das Training nichts bringen. Vielleicht vermeide ich aber auch einfach zu viele unangenehme Situationen. Ich kanns nicht einschätzen.

Jedenfalls gehts mir im Moment einfach ziemlich mies. Ich bin alleine und rede hauptsächlich mit meiner Mutter. Aber uns gehts eben beiden nicht wirklich gut und daher hilft das natürlich auch nur kurzfristig. Mein Therapeut sagt mir immer wieder, dass es schon vorwärts geht. Aber wenn dann der nächste Panikschub kommt oder mich wieder irgeneins meiner zahlreichen Symptome anspringt, verlier ich manchmal die Hoffnung.


So, das wars eigentlich schon Ich bin gespannt und hoffe, dass ihr euch bei mir meldet...

Viele Grüße,

Jannis

29.07.2009 17:25 • 30.07.2009 #1


2 Antworten ↓


Herzlich willkommen Jannis!
Versuche Dich mal hier durchzulesen.
Liebe Grüße

Herzlich Willkommen hier Jannis!

Ich bin zwar etwas jünger als du (21) aber hab auch schon meinen Vater verloren, und erkenne mich auch in etlichen deiner Beschreibungen wieder -z.B. bei der Sache mit der Geheimzahl und dem Supermarkt. Ist mir so eins zu eins im Baumarkt passiert
Aber ich hab damals einfach die Panik nieder gekämpft.
Dabei half mir sehr, dass ich selber mal in den Ferien als Aushilfe an der Kasse gearbeitet hab, und da hat fast jeden Tag zweimal jemand nicht genug Geld gehabt für seine Einkäufe und musste was dalassen und das Geld holen und lauter solche Sachen. Damit bist du nicht alleine, das passiert jeden Tag bestimmt hunderten von Menschen.
Ich hab damals einfach meine Sachen an der Kasse gelassen, bin schnell zu meiner Mutter, hab mir Bargeld geliehen, und hab dann die Sachen wieder geholt. Kein Problem, und die Kassiererinnen denken sich da auch nichts dabei -glaub mir
Das passiert denen jeden Tag mehrmals.
Wie hast du denn reagiert?

Ich hatte damals nach dem Tod meines Papas auch arge Probleme, die Trauer zuzulassen. Wie du war ich erstmal betäubt und schockiert, und dann war ich stark und hab, unbewusst, versucht, seine Stellung in der Familie zu ersetzen. Hab für meine Mom den ganzen Papierkram erledigt, obwohl ich eigentlich fürs Abi hätte lernen müssen.
Hab auf der Beerdigung keine Träne vergießen können, sondern absurderweise einfach jeden getröstet, der mir seine Trauer bekundet hat -auch, wenn das Männer waren die teilweise 2 Köpfe größer waren als ich. Ich hab sie an mich gedrückt und wie ein Baby getröstet.
Ich war die Starke.
Die Trauer -und wut!- zuzulassen hat bei mir gedauert.
Aber irgendwann ging es dann, dass ich einfach losheulen konnte, auch vor Fremden, auch vor der Familie. Dass ich nicht mehr immer nur stark sein wollte, sondern, dass ich auch mal weinen konnte und mir diese Schwäche erlaubt hab.
Das ist ein riesen Schritt, glaub mir.
Du kannst stolz sein, dass du jetzt auch weinen kannst!
Denn da sist der erste Schritt zur Bewältigung deiner Trauer.

Zu deiner Freundin möchte ich sagen: Es ist nicht deine Schuld, dass eure Beziehung zerbrochen ist. Jeder Mensch hat mal Probleme. Kein Mensch hat es immer leicht. In einer Beziehung kann es nicht immer nur schön sein. Eine Beziehung ist dazu da, dass man füreinander da ist, und, dass man sich gegenseitig stark macht. Wenn deine Freundin nicht für dich stark sein konnte, ist das Scheitern ihre Schuld genau so wie deine.
Es sind nicht deine Probleme alleine Schuld, dass sie gegangen ist.
Zu einer Beziehung -auch zu ihrem Ende- gehören immer zwei!
Und eine Trennung ist immer nur eine Teilschuld für jeden.

Ich erkenne mich auch sehr darin wieder, wenn du schreibst, dass es dir derzeit schwer fllt, für deine Mutter da zu sein. So ging es mir bei meiner Oma -der Mutter meines Vaters. Mein Opa -also sein Papa- hat seine Gefühle nie offen gezeigt, er hat sich immer beim Gassigehen mit den Hunden dann die augen ausgeheult. Aber meine Oma, die hat Daheim einen richtigen Altar errichtet für meinen Papa, und immer, wenn wir dort zum Essen sind in ihrer kleinen dunklen Wohnung, die seit 20 Jahren sich nicht verändert hat, starrt uns mein Papa von einem riesen großen Bild aus an. Sie hat überall Bilder, seit er tot ist. Man kann sich nirgendwo hinsetzen, ohne, dass man sein Gesicht sieht. Ich denke gerne an meinen Papa, erinnere mich an ihn, schau mir Bilder an oder zünde ihm eine Kerze an -aber wenn ich das will. Diese direkte Konfrontation in der wohnung seiner Eltern -das ist mir zu viel. Meiner mutter ergeht es ähnlich, und auch meiner Schwester, weswegen wir dazu übergegangen sind, mit unseren Großeltern immern och so viel Zeit zu verbringen wie vorher -aber außerhalb ihrer Wohnung. Wir gehen dann eben gemeinsam mit den Hunden Gassi (und das dauert 3 Stunden, das ist also fast schon wie ein Wanderausflug), oder machen gemeinsame Wanderungen, sehen und gemeinsam Museen an, und solche Sachen halt. Da kommen die auch mal aus ihrer Wohnung raus, und es macht ihnen großen Spaß.
Vielleicht auch was für dich und deine Mutter?
Bist du eigentlich ihr einziges Kind?

Ich denke mal, du hast nicht unbedingt Panik vor dem Rausgehen.
Oder du bist sehr stark und beherrscht -so war ich auch.
Ich bin trotz täglicher Panikattaclken raus gegangen, ich hab nicht einsehen wollen, dass die Angst mich davon abhält, mein Leben normal weiter zu führen wie du anscheinend.
Ich bin trotzdem zur Schule, bin mit Freunden weg, hab mich in überfüllte Räume gesetzt, hab meine Präsentationen und Referate weiterhin gehalten.
Ich bin innerlich tausend Tode gestorben, ja, hatte Attackenb ohne Ende -aber war dann auch ungemein stolz, dass ich es geschafft hab.

Achja, und weißt du, wo du diese Art zu denken fortsetzen kannst?
Beim Kampf gegen deine Herzneurose.
Ich dachte damals auch: Oh Gott, jetzt sterb ich -wie mein Papa an Herzversagen!
(Er hatte eigentlich eine Hirnblutung aber ist dann nach 3 Tagen im Koma an Herzversagen gestorben.)
Da ich auch, wie du, seit Jahren kein Sport mehr gemacht hab, war meine Kondition natürlich am Ende und ich hab jedes kleine Herzrasen, z.B. nach Treppensteigen oder so, sofort gespürt und bekam sofort Angst.
Dann hab ich einfach aus reinem Trotz begonnen, wieder Sport zu machen.
Denn ich hab gelesen: Wer eine Herzneurose hat, der schont sich selber, vermeidet jede Enstrengung -und erreicht damit genau das, was er verhindenr will, nämlich, dass sein Herz geschwächt und anfällig wird.
Aber ich wollte ja eben kein schwaches Herz, ich wollte ein starkes Herz.
Also bin ich bei jedem Anflug von Angst sofort auf unseren Hometrainer und hab mir die Seele aus dem Leib geradelt, bis zur Erschöpfung.
Bis ich wirklich mit hämmerndem rasenden Puls und völlig durchgeschwitzt auf dem Ding hing und einfach nicht mehr konnte.
Und da hab ich dann gecheckt: Hey, mein Herz ist stark!
Ich hatte dann trotzdem noch meine Herzstolperer, Situationen, in denen ich Panik bekam, weil ich dachte, es stimmt was nicht.
Aber ich hab trotzdem jeden Tag 30 Minuten Sport gemacht, bin immer auf den Trainer, wenn ich Angst hatte und Zuhause und er in greifbarer Nähe war -und es wurde weniger.
Das ist eine ziemlich krasse Konfrontation, ich weiß.
Aber du wirkst mir so stur, und trotz deiner Ängste scheinst du den Willen zu haben, dich nicht gehen zu lassen.
Und das ist toll!
Nutz diese Sturheit, ehrlich, und geh deine Angst bewusst an
Bei mir ist das jetzt gerade mal 5, 6 Monate her, dass ich wirklich jeden Tag mehrere Attacken und auch Angst vor dem Herzversagen hatte.
Und heute bin ich total fit, ich hatte seit 2 Monaten ungefähr keine richtige Attacke mehr. Manchmal da kommt die Angst noch, und ich fühl mich unangenehm, manchmal schnürts mir die Kehle zu vor Angst -aber ich ignoriere es heute einfach und mach gewohnt weiter.

In der Arbeit, versuch mal den Trick, den ich auch immer gemacht habe wenn ich Panikattacken bekam, vor Prüfungen oder Referaten oder so. Ich bin rausgegangen an die frische Luft, hab tief durchgeatmet, langsam bis 10 gezählt, und mir dann gesagt: Ich hab das immer schon geschafft. Ich schreib seit 10 Jahren Prüfungen und halte Referate. Ich kann das. Ich hab das immer schon gekonnt. Also kann ich es jetzt auch!
Überhaupt, dieses sich selbst was einzureden hat mir den Allerwertesten gerettet.
Ich hatte vom Therapeuten beigebracht bekommen, mich bewusst mit Progressiver Muskelentspannung zu entspannen.
Und dann noch den Tip, mit so oft wie möglich zu sagen:
Alles ist gut, so, wie es ist.
oder Ich kann Alles schaffen, wenn ich nur will.
Am Anfang hab ich mich dagegen gesträubt, aber ich habs mir trotzdem mehrmals täglich eingesagt -und nach einigen Wochen habe ich es geglaubt. Heute weiß ich, dass mein Leben gut ist, wie es ist -auch ohne Papa und trotz der Angst, die mich so lange beherrscht hat.
Es hat mich stärker gemacht.
Es war ne chance, überm ich selber hinaus zu wachsen.
Und ich hab mich nicht verkrochen, sondern der Angst die Stirn geboten, sie akzeptiert, mit ihr gelebt, und sie am Ende abgelegt.

Das Thema Todesangst scheint dich auch sehr zu beshcäftigen -und auch das kenne ich nur zu gut.
Da hilft nur Nachdenken.
Und irgendwann wirst du zu dem Schluss kommen, dass es keinen Sinn hat, über etwas nachzudenken, dass du nicht beeinflussen kannst.
Du kannst in 36 Jahren an einem Herzinfarkt sterben -oder morgen vom Bus überfahren werden, auf der reise in den Urlaub mit dem Flugzeug verunglücken, nächste woche von nem Kerl vor den Zug gestoßen werden.
Der tod lauert immer und überall.
Das ist eine sehr krasse Erkenntnis, die mich sehr schockiert hat.
Aber es ist einfach so.
Es macht aber keinen Sinn, auf den Tod zu warten oder davor Angst zu haben. Denn er kommt ja so oder so!
Das ist, wie, als säßen wir alle in einem Schnellzug und hätten Angst, dass wir irgendwann aussteigen müssen.
Aber irgendwann kommt der zug halt wo an, zwangsläufig.
Ohne, dass wir daran irgendetwas ändern könnten.
Also lieber die Fahrt genießen und ein bisschen feiern

Du scheinst dich sehr einsam und leer zu fühlen.
Eine Freundin hat mir nach Papas Tod gesagt:
Wer Leere in sich hat, der muss sie füllen. Sonst frisst sie ihn auf.
Und sie hatte Recht.
Ich hab mir, 3 wochen nach Papas Tod, eine Kamera gekauft, hab mein Hobby Fotografie auf ein neues Level gehoben. Ich hab wieder begonnen zu schreiben. Ich hab wieder begonnen, Bogen zu schießen. Ich hab begonnen, Sport zu machen. Ich hab viele neue Leute kennen gelernt, und hatte nie Langeweile. Und dadurch bin ich gar nicht erst in ein großes Loch gefallen. Dadurch hab ich es geschafft, dass mich die Leere eben nicht auffrisst. Und das rate ich dir auch.
Wer viel Zeit hat, der denkt viel nach.
Wenn man über dinge nachdenkt, die man eh nicht ändern kann, geht man daran kaputt.
Viel Zeit für schönes bleibt eh nicht im Leben.
Also nutze sie!
Wenn dir Freunde und Beshcöftigung fehlen, machs wie ich: Tritt Vereinen bei, engagiere dich ehrenamtlich, mach einfach was, was dir spaß macht. Besonders über Vereine findet man ganz schnell und ganz leicht neue Freunde, denn ein gemeinsames Interesse verbindet ungemein. Ich war nach Papas Tod auf der bogenwiese sehr vershclossen und eher still, in mich gekehrt. Ich hab das eher zur Entspannung gemacht als als Sport. Und trotzdem hab ich mich nach und nach mit vielen dort angenähert, und heute geh ich oft mit denen noch was Trinken nach dem Training oder wenn wir uns unterwegs treffen, dann labern wir uns meistens fest und gehen gemeinsam was Essen -wenn die Zeit da ist

Jeder muss seinen eignen Weg aus der angst und aus der Krise finden.
Ich hab dir jetzt geschrieben, wie ich es geschafft hab.
Vielleicht gelingt es dir ja so auch!
Ich hab damals viel hier im Forum nachgelesen und viele Dinge ausprobiert. Manches half, anderes nicht. Aber das war ja egal, Hauptsache, man arbeitet aktiv an dem Problem, Hauptsache, man versinkt nicht in Angst und Passivität.

Ich wünsch dir Alles Gute!
Pilongo




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