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Seh´ ich die Welt derweil´ bei Nacht
im Mondenschein, ganz frei erdacht.
Seh´ ich den lahmen Blinden plötzlich fliegen,
was stetig stand, seh ich nun liegen.

Hör´ ich des Tages Kindsgeschrei,
so ist es Abends dann vorbei.
Hör´ ich die ersten Zähnchen schmerzen -
ist Ruhe nun, wer will´s verscherzen?

Schmeck´ ich das Blut aus meinen Wunden,
will schreiend dann mein Leid bekunden.
Schmeck´ ich das Salz in meinen Tränen -
Erlösung naht, ich muss schon gähnen.

Riech´ ich die eig´ne Angst und die Gefahr,
sie war doch gerade noch nicht da.
Riech´ ich den ersten Kaffee - Duft,
kommt sie zurück wie schlechte Luft.

Fühl´ ich dann auch, wie jeden Morgen,
als allerstes nur die Sorgen -
fühl ´ ich die Welt derweil´bei Nacht
als Ganzes wieder heil gemacht.

(Und gäb´ es noch den sechsten Sinn
wo wär´ der wohl im Körper drin?
Bin sicher wie ein Zellenraum,
wir haben ihn, des Nachts, im Traum.

Ja, darum sagt wohl das Gedicht,
wer schläft, mein Gott, der sündigt nicht.)

02.10.2013 12:08 • 03.10.2013 #1


2 Antworten ↓


Sehr schoen holgerson

Gefällt mir auch sehr gut



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