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lieber user2019,

es hat mir fast das herz zerrissen, als ich deine geschichte gelesen hast. aber das zu lesen, nützt dir sicherlich nichts.

dennoch, dass du nach all dem leid es geschafft hast, mit jungen jahren wegzuzuziehen, dir ein neues leben aufzubauen und dann noch eine ausbildung abgeschlossen hast, ist wahrer lebenswille und wird von mir mit einem *hut ab* beglückwünscht!

ich kann es sehr gut nach vollziehen, dass dir die arbeit psychischen stress verursacht hat und dann noch gemobbst wirst, nach alle dem

zu den therapie-ansätzen: du hast eine methode versucht, aber das bedeutet nicht, dass es nicht doch andere möglichkeiten gibt für nachhaltige und tiefgehende psychologische beratungen. hast du schon mal an eine trauma-therapie gedacht?

freunde im internet zu finden ist wohl für alle sehr schwierig. man kann sich so schön hinter dem pseudo-profil verstecken. das nutzen viele aus. ander wiederum sind ehrlich und offen und somit verletzbar.

was ich jetzt schreibe, hat @lonesomewolve eigentlich bereits erwähnt: dass du für das erste treffen mit der internet-bekanntschaft dir intensive gedanken gemacht hast, ist für mich sofort nach vollziehbar. nach jahrelanger isolation wolltest du einfach das beste. und das ist schön und sollte geschätzt werden. jedoch kann, wie du jetzt erfahren musstest, eine akribische planung für ein treffen eben auch nach hinten losgehen, sprich der besucher fühlt sich dann überfordert.

zumindest beim ersten treffen würde ich persönlich auch von einem kaffeeklatsch für etwa 1 std. planen. sich im internet kennenzulernen, zu schreiben, gedanken über den äther auszutauschen ist eines, sich dann aber in natura gegenüberzusitzen und zu plaudern etwas anderes. eine vorbesprechung mit dem menschen, den du treffen möchtest, wäre hier sicherlich hilfreich. kurz: was möchtest du machen? was erwartet er/sie vom treffen? wie soll es ablaufen? wieviel zeit möchtet ihr investieren?

du fühltest dich abgewiesen und hast dich erneut zurückgezogen. begreiflich. aber ich wünsche mir für dich, dass in die wieder hoffnung erglühen mag und du einen neuen versuch startest. auch wenn es heisst, gegen die angst anzukämpfen. das kenne ich nur zu gut (in anderer hinsicht). und dass du alles dafür geben möchtest, um eine emotionale bindung einzugehen ist NICHT gestört und krankhaft. die menschheit ist gemacht für beziehungen. wir gehen an vereinsamung kaputt. jedem würde das so gehen.

ich bin selber ein psychischo-bündel und hatte dank meinen ängsten seit 17 jahren keine beziehung mehr. aber ich bin eine ganze ecke älter als du. auch ich sehne mich nach nähe. doch paradoxerweise - und eben über die jahrelange selbstauferlegte enthaltsamkeit - stelle ich mir eine partnerschaft als beengend vor.

im internet gibt es zig partnerschaftsbörsen, beispielsweise auch für handicapierte. aber keine für menschen mit gebrochener seele. hätte ich genug energie, würde ich eine solche plattform selbst anbieten, doch das braucht zeit, geduld und fachkenntnisse, die ich - was letztere 2 anbelangt - kaum habe.

ich finde übrigens den vorschlag von @Akinom mit der selbsthilfegruppe als einen guten ausgangspunkt. dort wärst du unter gleichgesinnten (auch die hatten ihre ängste und scham einmal dorthinzugehen). wirst akzeptiert, genau so wie du bist und hast nicht nur die möglichkeit, in einem relativ geschützem rahmen leute kennenzulernen, sondern auch die sozialen kompetenzen aufzubauen.

weiter schreibst du, dass dir die leute schon alle versorgt zu sein scheinen. wäre da nicht der erste schritt, erst einmal auf ganz freundschaftlicher ebene kontakt zu finden, ohne verbissen nach bindung zu suchen?

@Hoffnungsblick hat da ganz recht: den ersten absolut schwierigsten schritt hast du hinter dir. vorfreude, angst, enttäuschung bei nächsten bleibt die enttäuschung ja vielleicht aus, was meinst du?

ich wünsche dir auf jeden fall von herzen viel mut und erfolg!

ophelia

Hallo ophelia,

vielen Dank für Deinen Beitrag und Deine aufmunternden Worte.

Ich warte im Moment auf einen Therapieplatz, wo ich dann eine tiefenpsychologische Therapie versuchen möchte.

Danke für Deine Gedankenansätze. Nur eins zur Korrektur: Ich habe sie nicht im Internet kennengelernt und auch nicht nach ihr gesucht. Durch eine Bekannte, welche mit ihr eng verwandt ist, wurde meine Nummer an ihr weitergereicht. Sie meinte nämlich, dass wir uns vielleicht gut verstehen könnten. Der Kontakt zu ihr fiel also wie ein Geschenk vom Himmel könnte man sagen und war Zufall.

Meine damalige Therapeutin hat mir geraten, weil mir schon mal so etwas ähnliches passiert ist, dass man sich möglichst schnell treffen und sich gar nicht vorher intensiv austauschen sollte. Denn sonst wäre die Gefahr einer Enttäuschung sehr groß. Weil man sich im Kopf schon ein Bild gemacht haben zu glaubt wie denn der andere Mensch als Person ist und dieses Bild kann auch nur eine Illusion sein und muss dann nicht mit dem tatsächlichen übereinstimmen.

Darum wollte ich mich auch zuerst mit ihr ganz normal Treffen. Also an einen öffentlichen Ort zum Kaffee oder ähnliches. Sie schlug mir das aber so schnell vor, dass ich um etwas Zeit bat. Also verschob ich das Treffen. Dann meinte sie, dass wir ja in der Zeit bis zum Treffen schon mal miteinander schreiben könnten. So schaukelte sich das dann wieder hoch, dass man am Ende über alles Mögliche schrieb und ich dachte, dass man bereits eine kleine Bindung zueinander aufgebaut hätte.

Deswegen war sie mir dann so wichtig geworden, dass ich dachte, dass ein einfaches Treffen nicht ausreichen würde und ich ihr auch ein bisschen etwas bieten wollte. Außerdem dachte ich, dass ich so ein Kurztreffen nicht erfolgreich bestehen könnte und wollte durch mehr Zeit mit ihr quasi meine Chancen erhöhen, um die Anlaufschwierigkeiten von mir zu überwinden.

Ich weiß, dass man an Vereinsamung kaputt geht. Darum bin ich so anfällig für solche Sachen, weil ich daraus kommen möchte.

Es gibt schon solche Kontaktseiten. Allerdings sind diese sehr unbekannt und kaum bis gar nicht frequentiert.

Über eine SHG habe ich schon nachgedacht. Wahrscheinlich werde ich dort nächstes Jahr mal hingehen.

Natürlich suche ich zunächst auf freundschaftlicher Basis. Die Bindung ist nur ein Wunsch. Man erzählt ja auch nicht jemanden den man zufällig kennenlernt sofort seine ganze Lebensgeschichte. Da geht es zunächst um ganz andere Sachen. Hätte ich sie direkt in echt kennengelernt, dann wäre das ganz anders abgelaufen. Dann wäre man sich sympathisch oder eben nicht und der Rest käme dann von selbst mit der Zeit. Wenn man sich aber zunächst schriftlich austauscht, dann hat man ganz andere Gesprächsthemen. Jedenfalls entwickelt sich das dann immer relativ schnell, dass man in die Gedankenwelt der anderen Person eintauchen will.

Nun ja, vor ein paar Jahren ist mir schon etwas ähnliches passiert. Eine Frau im Internet kennengelernt, viel und intensiv geschrieben. Dann später getroffen und festgestellt, dass man sich in einigen Dingen doch sehr unterscheidet und noch dazu, dass die Frau anscheinend oberflächlicher in der Hinsicht des optischen Erscheinungsbildes des Gegenübers war, als sie es von sich selbst behauptete. Man sah ihr im ersten Moment unseres aufeinander Treffens ihre Enttäuschung an. Bevor ich auch nur ein Satz gesagt habe. Also von was sonst außer meiner Optik, soll sie sonst enttäuscht gewesen sein. Sie hatte von mir aber vorher ein Foto gesehen. Darum verstand ich es auch nicht so richtig. Einer ihrer ersten Sätze war: Ich dachte deine Haare wären dunkler. Auf dem Foto sahen sie dunkler aus.

Dann ist man sich doch noch nähergekommen, aber im Endeffekt nie so richtig. Mir war nicht klar, was eigentlich zwischen uns läuft. Einerseits ließ sie mich mit in ihrem Bett schlafen und suchte auch mal die körperliche Nähe und anderseits wollte sie aber nicht mehr. Wir unternahmen viele Dinge miteinander. Wir schauten Filme zusammen, wobei wir miteinander kuschelten und ich sie auch streichelte. Sie schrieb mir Dinge wie, dass sie meine Berührungen sehr genossen hätte usw.

Ich sagte ihr dann, dass ich an einer Beziehung mit ihr interessiert sei. Davon war sie zunächst nicht mal grundsätzlich abgelehnt, aber dann trafen wir uns nochmal und dabei wurde mir bewusst, dass zwischen uns nie mehr als Freundschaft sein wird, weil sie es so möchte. Weil ich dann ziemlich verletzt war, auch aufgrund ihres widersprüchlichen Verhaltens, sagte ich ihr das und danach war dann Funkstille.

Die Sache hat mich damals sehr mitgenommen und wie Du siehst, habe ich trotzdem nicht daraus gelernt und die gleichen Fehler wiederholt. Dass es dann wie jetzt aktuell schon so scheitert, ohne sich überhaupt getroffen zu haben, dass ist auch eine Meisterleistung in negativer Hinsicht.

Ich danke Dir sehr. Ich wünsche Dir auch alles Gute und dass Du Dein Glück eines Tages finden wirst.

A


Wie geht ihr mit jahrelanger sozialer Isolation um?

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Zitat von user2019:
Dass es dann wie jetzt aktuell schon so scheitert, ohne sich überhaupt getroffen zu haben, dass ist auch eine Meisterleistung in negativer Hinsicht.


Du machst doch einfach Erfahrungen und findest heraus, was du willst und was nicht.
Es gibt sehr viele Frauen, die sich auf Dinge wie ONS nie einlassen würden und auch nicht mit anderen Männern persönlich schreiben, wenn sie eine feste Beziehung haben. Schau dir die Menschen genau an, bevor du dich enger bindest.
Liebe Grüße

Hallo user2019,

du hast sehr früh schon sehr viel durchgemacht und bist wahrscheinlich Bindungstraumatisiert. Ein Indiz hierfür ist, dass du dich scheinbar sehr früh und wahllos an andere Menschen bindest. Von dem, was du beschreibst, wirkt es auf mich so als machst du deinen Selbstwert abhängig von dem vermeintlichen Werturteil deines Gegenübers hinsichtlich deiner Person. Zudem wirkt das Erlebte auf mich stark emotional aufgeladen und diese Emotionen sind im hier und jetzt nicht mehr funktional. Irgendwann waren sie sicherlich mal zweckdienlich. Beim Lesen habe ich den Eindruck, dass du dich als Alleinverantwortlichen für eure Beziehung siehst, aber das bist du nicht. In der Kommunikation tragen immer beide 50% dazu bei, dass etwas funktioniert. Deswegen kann du aus einer gescheiterten Kommunikation auch kein Werturteil über dich ableiten. Für ein wahres Werturteil bräuchtest du 100% der Verantwortung, aber du kannst im miteinander nur 50% erreichen. Wenn du dennoch ein Werturteil aus einem gescheiterten Beziehungsversuch ableitest, dann sagt es eher etwas über die Beziehung zu dir selbst aus, denn dort trägst du 100% der Verantwortung. Dann befindest du dich mit dir selbst in einer feindlichen Haltung, die dich immerzu abwertet. Das ist keine Haltung, die du einnehmen willst, wenn du Beziehung willst. Der erste Schritt aus der Isolation heraus ist die Isolation in sich selbst zu überwinden und einen freundschaftlichen Dialog aufzubauen.

Ich würde dir insgesamt zu einer Traumatherapie raten mit EMDR. Das könnte dir helfen die für dich emotional stark aufgeladenen sozialen Situationen zu entschärfen und ein gesundes Beziehungsverhalten aufzubauen. Damit meine ich nicht, dass du falsch bist oder an etwas Schuld, sondern, dass es da draußen auch Menschen gibt, mit denen du lieber nicht in Beziehung treten solltest. Nicht jeder passt zu dir. Für dich mag es gerade so wirken, als hätte die Frau alles Freund, Job, Familie. Aber ich erkenne da zum Beispiel in der Dynamik auch Konfliktpotenzial, wo der Freund fürchten muss um seine Freundin. Intensives chatten ist für mich auch kein Zeichen von Nähe - im Gegenteil. Meiner Erfahrung nach beginnen langfristige Bindungen eher langsam und vorsichtig. Wenn ich jemanden interessant finde, dann möchte ich nichts überstürzten und mir Zeit lassen, dass die Dinge von sich aus ihren Lauf nehmen können.

Das Leben lässt sich nicht planen, aber es gibt neben Beziehungen auch andere Säulen wie z.B. Körperliche und mentale Fitness, Freizeitgestaltung, Familie (Ersatzfamilie), Beruflicher Werdegang (Selbstverwirklichung). Ich denke ein Erfolg zeichnet sich nicht dadurch aus, dass alles glatt läuft, sondern dass man Stück für Stück die Bausteine für diese Säulen legt. Und das schöne ist, dass man auch immer wieder ausweichen kann auf eine andere Säule. Wenn es im Zwischenmenschlichen nicht läuft, dann hilft es auch im Sport einen Erfolg zu erzielen usw.



Liebe Grüße

Hallo Alicn,

vielen Dank für Deinen Beitrag. Dieser ist wirklich sehr tiefgründig und analytisch. Arbeitest Du oder studierst Du im Bereich der Psychologie? In fünf Jahre Verhaltenstherapie habe ich nicht so viele Erkenntnisse erhalten als wie jetzt aus Deinem Beitrag.

Das Wort Bindungstrauma höre ich zum ersten Mal. Ich habe gerade mal einen Test dazu im Internet gemacht und laut diesem trifft das zu. Das stimmt sehr. Ich bin noch immer von Dingen stark emotional aufgeladen, welche eigentlich schon längst vorüber sind. Trotzdem bekomme ich das nicht aus meinem Kopf. Tatsächlich habe ich einen sehr starken inneren Konflikt mit mir selbst und bin mit mir nicht im Reinen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es jemals anders war. Sicherlich gehören immer zwei Personen zu einer Kommunikation dazu. Wenn ich jedoch die Sache am Ende die ganze Zeit in eine bestimmte Richtung ziehe, dass es zum Scheitern führen muss, dann kann ich der anderen Person doch nicht die Schuld dafür geben.

Die von Dir genannte Therapieform ist mir bisher unbekannt. Ich wüsste auch nicht, wie ich darankommen sollte. Ich hoffe aber, dass ich bald eine tiefenpsychologische Therapie beginnen kann. Nein, ich weiß von ihr, dass sie auch einige schwere Probleme hat. Und das es Konfliktpotential mit ihrem Freund geben kann ist mir auch klar. Ich meinte nur, dass sie ein relativ großes soziales Umfeld hat, welches sie dann auch auffangen kann. Ich sehe die Chance, dass hier jemand sein könnte und dann steigere ich mich leider sehr schnell und offenbar krankhaft in diese Sache rein.

Du hast natürlich Recht. Ich habe ein großes Problem mit Selbstverwirklichung und im Moment gibt es keine Säulen, auf welche ich ausweichen kann. Diese muss ich mir erst erschaffen und daran scheitere ich seit Jahren.

Vielen lieben Dank nochmals und Dir alles Gute.

lieber user2019,

es gibt nichts gutes, ausser man tut es heisst es so schön und in diese richtung scheinst zu gehen, indem du dir weiterhin hilfe suchst. es braucht geduld, den optimalen therapieansatz zu finden.

tschuldigung wegen der missinterpretation deiner kennenlern-geschichte.

deine therapeutin riet dir damals ein rasches treffen, um dem kopfkino nicht noch mehr raum zu bieten. das verstehe ich sehr gut. dass du dann ein bisschen mehr als nur kaffeeklatsch bieten wolltest, hört sich für mich nach einem gentleman an. und bravo, dass du das überhaupt durchgezogen hast.

ich bin auch froh zu lesen, dass es dir wichtig ist, eine potentielle beziehung vorsichtig aufzubauen - step by step und nicht gleich kopf voran. deine vorsicht aus der vergangenheit bildet hier ein gewisser schutz und das ist absolut okay. es ist die zeit, die erst qualität ausmacht.

was jedoch genau sich zwischen dem zeitpunkt, wo du ihr dein beziehungswunsch gestanden hast, und dem widersprüchlichen verhalten der genannten person passiert ist, kannst einerseits du für dich beantworten oder therapeutischerweise bei ihr nachfragen, was da lief und du nicht mitbekommen hast. vielleicht mag es dir ja weiterhelfen, falls du die kraft und nerven dafür hast.

wie oft ein mensch einen fehler begehen muss, bis er wirklich etwas daraus lernt, könnte nicht mal einstein berechnen. die wahrscheinlichkeit, dass es wieder zu enttäuschungen kommt, ist relativ gross. ich spreche nur fakten aus. das tut weh, ich weiss. gerade eben weil du so viel durchmachen musstest.

ich hoffe von herzen, dass du eine pragmatisch-rationale weise findest, deine geschichte auf- resp. abzuarbeiten.* sind wir zu emotional verstrickt, kann es zu einem klebrigen brei werden und du unterscheidest plötzlich rechts von links nicht mehr. (persönlich kenne beides)

keep on trying und vergiss das mit dem topf und deckel - ich beispielsweise habe nämlich auch deckel, die ich in der küche benutze, die nicht immer auf den topf passen und trotzdem ihren zweck erfüllen

* nicht neu sind die erkenntnisse aus der psychotherapie, dass die gegenwarts- und zukunftsfokussierte arbeit positiver, nachhaltiger und motivierender sind, als in der vergangheit rumzugraben.





Dr. Reinhard Pichler
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