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Hallo,

ich bin neu hier. Ich lebe in Wien, 40 Jahre, Lehrerin, Single, keine Kinder.

Es ist, kurz gesagt, sehr vieles im Eimer. Könnte natürlich immer schlimmer kommen, bitte nicht, ich halts nimmer gut aus.

Vor einem Jahr ist meine Oma gestorben. Ok, sie war 102.

Dann fand mich mein Freund zu frigide. Ok, mir ist das Gejuckel tatsächlich nicht wichtig, gibtds denn zwischen den angeblich intelligentesten Primaten dieses Planeten echt nur das? Und wenn ihm die zwei vollbusigen Rubens-Damen, die er jetzt aufgegabelt hat, lieber sind, dann soll sein. Das Thema Beziehung habe ich abgehakt, dafür bin ich vermutlich wirklich ungeeignet.

Jetzt stirbt mein Vater an Krebs. Weihnachten erlebt er vermutlich nicht mehr. An ihm habe ich sehr gehangen, jeder Tag in der Palliativstation ist der reine Horror. Daheim höre ich seine Schritte und seine Stimme am Gang, auch kein gutes Zeichen.

Mein Bruder hat ein halbes Miethaus überschrieben bekommen, fand das zu wenig und fühlt sich seither zu gestresst, um seinen Vater anzurufen oder gar zu besuchen. Mir hat er ein Mundwerk angehängt, als ich ihm sagte, dass man am Totenbett keinen Groll pflegen sollte. Von Organisation des Begräbnisses bis zur Sterbebegleitung hängts an mir, und ach ja, neuerdings muss ich eiligst lernen, wie man vermietet. Bruderherz kümmert sich nicht um das Riesenproblem mit der frei gewordenen Messie-Wohnung, deren Sanierungskosten sich auf Jesus-Maria-und-Josef-erbarmt-euch belaufen. Mich hat fast der Schlag getroffen, als ich die Kostenvoranschläge bekam.

Meine Mutter ist seit vielen Jahren psychisch auffällig. Sie kann Zuneigung kaum zeigen, z.B. umarmt sie nie. Sie reagiert seit einiger Zeit nur auf Kommandos, mitdenken kann oder will sie nicht. Bittet der Vater am Montag um ein kleines Getränk, aber Dienstag nicht, dann kriegt er am Di keins und sie fragt auch nicht danach. Die Mutter unterschreibt auch nichts in Vertretung für ihn, nicht mal für läppische Geldbeträge von unter 10 Euro. Dann ruft er mich an und ich organisiere, was er halt braucht.

Meine beiden lieben, lieben Hunde habe ich noch. Aber mein Weibi ist 13 Jahre alt. Bitte, ich möchte sie noch ein Jahr haben... Aber wer weiß, ob solche Bitten sich erfüllen. Meine Tierärztin musste, kaum dass ihr Vater beerdigt war, ihren Hund einschläfern... Es geht ja nicht nur mir mies, ich weiß.

Freunde gibts, und sie kümmern sich, aber sie haben auch ihr Leben. Eine Freundin wartet auf ein Pflegekind, eine andere ist schwer krank. (Wird der nächste Todesfall sein.)

Ich fühle mich so verloren. Ich denke, mein restliches Leben wird ohne Geburtstagsfeiern stattfinden, ohne jemanden, der mir hilft. Millionen Menschen, und man ist doch ganz alleine.
Ich kann wegen des Berufs und der beiden Tiere und der Verantwortung für den Grundbesitz (Garten, Haus) nicht großartig ausgehen, und bin auch nicht so der Typ dafür. Habe Bio studiert und das ist eigentlich mein wichtigstes Interesse. Leider teilt es niemand, nicht mal die Kollegen.
Habe außerdem sehr schweres Asthma und gehe deswegen ungern auf Reisen. Ich bin oft müde, zwangsläufig keine Sportskanone, und damit leider out.

Ich wüsste nicht, was ich ohne die Hunde täte. Sie halten mich am Leben, sie zwingen mich, etwas zu tun. Aber wenn ich ganz alleine bin, darf ich mir nach diesen wohl nicht einmal mehr Tiere halten. Und ein Leben ohne Tiere ist leer und sinnlos. ;-(

16.10.2016 17:07 • 17.10.2016 #1


7 Antworten ↓


Hallo Kelpie75,
Zitat:
Ich fühle mich so verloren. Ich denke, mein restliches Leben wird ohne Geburtstagsfeiern stattfinden,
ohne jemanden, der mir hilft. Millionen Menschen, und man ist doch ganz alleine.


Deine Situation ist sicher schwierig. Nur eins habe ich nicht verstanden. Warum soll Dir jemand helfen?
Wem hast Du denn in den letzten 20 Jahren selbstlos geholfen?

Viele Grüße

Bernhard

A


Welt bricht auseinander

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Komm mir ja nicht der Masche, man müsse erst mal selbstlos zu anderen sein. Und spar dir gleich mal den lehrreich erhobenen Zeigefinger, für Prediger habe ich nichts übrig.

Ich habe meiner Familie und anderen stets beigestanden. Ich fürchte, ich habe sogar das Problem eines gewissen Kümmersyndroms. Habe damit wiederholt ziemlich draufgezahlt und bin heute vorsichtig damit, obewohl ich nur zu gut weiß, ich werde auch über das nächste Problemkind in meiner Obhut nachdenken, der nächste Hund wird wieder nicht vom Züchter sein (sondern aus der Gosse), und meine Mutter werde ich notgedrungen auch betreuen, einfach weils gemacht gehört und weil sonst keiner da ist, der es macht..

JA, ich finde es normal, dass Menschen sich GEGENSEITIG helfen. Die GEGENSEITIGKEIT sorgt seit der Steinzeit dafür, dass Gesellschaften funktionieren. Man sollte stets wissen, ob man anderen etwas schuldet - und diese Schuld nicht anstehen lassen.

NEIN, ich versuche nicht, meinem inneren Kind Zuwendung zu erkaufen. Ich erwarte Gegenleistung nur da, wo sie möglich ist. (Also z.B. nicht von Jugendlichen in meiner Obhut.) Wo allerdings mündige Menschen, etwa mein feiner Herr Bruder, sich vor Arbeit und Verantwortung drücken, werde ich nicht selbstlos die andere Wange darbieten.

Dein Beitrag lässt mich vermuten, du würdest an eventuell Religiosität/Spiritualität/Esoterik leiden. Das bedauere ich, aber da kann ich dir nicht helfen, weil mir dies völlig fremd ist.

Hallo Kelpie,
Zitat:
für Prediger habe ich nichts übrig.


Bisher habe ich mich auch noch nicht für einen Prediger gehalten.
Aber danke, dass Du mir das auch zutraust.
Zitat:
Ich habe meiner Familie und anderen stets beigestanden. Ich fürchte, ich habe sogar das Problem
eines gewissen Kümmersyndroms.


Dann ist doch alles gut. Wenn Du ihnen wirklich geholfen hast, werden sie Dir auch helfen.
Zitat:
ich werde auch über das nächste Problemkind in meiner Obhut nachdenken, der nächste Hund wird
wieder nicht vom Züchter sein (sondern aus der Gosse),

Das hört sich prima an. Nur wird Dir von den Hunden wohl kaum einer helfen können.

Zitat:
NEIN, ich versuche nicht, meinem inneren Kind Zuwendung zu erkaufen.


Es geht nicht um Dein inneres Kind. Es geht darum, Du erwartest Hilfe, wenn Du schwach und hilfsbedürftig bist.
Das ist dann in Ordnung, wenn Du genug Geld hast oder Du Dir ein soziales Gebilde aufgebaut hast, in dem Hilfe
getauscht wird.
Zitat:
Ich erwarte Gegenleistung nur da, wo sie möglich ist.


Dies könnte eine falsche Erwartung sein. Deswegen habe ich Dich geärgert.
Du solltest Hilfe nur da zurück erwarten, wo Du schon oft geholfen hast.

Andernfalls wartest Du eventuell vergeblich.
Zitat:
Wo allerdings mündige Menschen, etwa mein feiner Herr Bruder, sich vor Arbeit und Verantwortung drücken,
werde ich nicht selbstlos die andere Wange darbieten.


Das habe ich nicht gesagt, dass Du dies tun sollst.
Zitat:
Dein Beitrag lässt mich vermuten, du würdest an eventuell Religiosität/Spiritualität/Esoterik leiden.
Das bedauere ich, aber da kann ich dir nicht helfen, weil mir dies völlig fremd ist.


Ich finde das ausgesprochen nett, wie viel Mitleid Du mit mir hast.
Mir musst Du nicht helfen. Noch kann ich das allein.

Vielen Dank und schönen Gruß

Bernhard

Zitat von Kelpie75:
Komm mir ja nicht der Masche, man müsse erst mal selbstlos zu anderen sein. Und spar dir gleich mal den lehrreich erhobenen Zeigefinger, für Prediger habe ich nichts übrig.

Sag mal gehts noch, da macht sich Hotin die Arbeit, liest deine Zeilen durch wie furchtbar arm du bist und dann begegnest du ihm derart unverschämt.....Wundere dich nicht, warum du alleine bist und helfen? Hilf dir selbst, denn wenn du deinen Helfenden im realen Leben so begegnest wie du Hotin begegnet bist bist du verloren. Stell dir vor, dann tust du mir auch gar nicht leid!

Wann fängst du eigentlich mal an zu leben? Ich lese aus deinen Zeilen nur das du immer für alle da gewesen bist...und sterben und leid gehört leider dazu...ich sage das mal so...ich habe schon sehr früh Verluste erlebt und weiß wie es ist alleine zu sein...es ist fast wie bei meiner Tante ähnlich...sie hatte auch beide Eltern gepflegt, betreut, Haushalt gemacht und alles übernommen...wo dann mein Opa starb wusste sie nichts mit sich anzufangen...weil sie hatte ja vorher so gesehen kein Leben...hat sich ja bisher immer um alles gekümmert und gearbeitet...sie ist auch krank...aber

Mensch...klar sollst für deine Liebenden da sein, aber nur so viel wie man selbst auch kann...und du kannst es nicht...und das muss Frau sich erstmal eingestehen...sorry ich bin vielleicht jünger und habe die Erfahrung nicht aber ich habe es an anderen Menschen gesehen...um selber nicht solche Fehler zu begehen...Das Leben ist zu kurz...fang an aus dem Leid heraus zu kommen...und versuche mal die schönen Dinge in Angriff zu nehmen...zu Leben und nicht nur für andere zu Existieren...

Grüßle und alles Gute, Kraft und auch mein Beileid...das du das auf einen Schlag erfahren musst.

Melanie

Hi Kelpie

Mir scheint es als würdest Du gar nicht von der Stelle kommen sondern wie in einem Morast von Trauer und Überforderung untergehen.
Ich würde Dir gerne sagen, alles wird gut, aber dann denke ich an Deinen kranken Hund und weiß dass es nicht gut wird.
Manchmal bricht die Welt gnadenlos auseinander und nichts bleibt wie es war.
Damit will ich nur sagen, dass ich einfach an deiner Seite sitze, damit Du nicht alleine bist.
Miral

Das hört sich nach viel Verzweiflung an und ich vermute, deine Reaktion auf Hotins Beitrag war daher ein bisschen hart.

Ich kann diese Verzweiflung nachvollziehen, ich habe bis zu seinem Tod vor einigen Wochen auch meinen Vater gepflegt mit allem, was so ein langer Abschied so mit sich bringt. Man sieht das Leid des geliebten Menschen, mal wünscht man sich es möge nicht mehr ewig dauern und dann wieder dass derjenige noch nicht geht. Das sind sehr extreme Erfahrungen und die verarbeitet man nicht so einfach.

Das mit dem Bruder kenne ich auch so ähnlich, wobei meiner wenigstens bei der Betreuung unseres Vaters an meiner Seite war und geholfen hat, wenn ich ihn gebeten habe. Nun bleibt mir noch die Auflösung des Haushaltes und der Papierkrieg, das wird noch Wochen dauern.

Hab ein bisschen Geduld mit dir selbst, du bist in einer extremen Situation und da ist es okay, wenn man mal eine Riesen-Wut auf alles hat oder völlig am Boden ist. So schlimm das ist, es ist zeitlich begrenzt und man kann nur versuchen, diese Zeitspanne so würdevoll für den sterbenden Menschen gestalten wie es eben geht. Ist er denn gut betreut auf der Palliativstation? Hier in Deutschland hat sich da wirklich viel getan die letzten Jahre was Palliativversorgung betrifft, wir waren wirklich gut unterstützt.





Dr. Reinhard Pichler
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