Hallo Kern12!
Zitat von Kern12:Zitat:Magst du eigentlich noch offenlegen, weswegen für dich das Video interessant ist?
Es ist eine niederschmetternde Erkenntnis, dass der Durchschnitt überhaupt nicht an Reflektion interessiert ist.
...und kranke Leute schon gar nicht. Gerade sie wollen eigentlich nur normal sein.
Hm, mir kommt das auch oft so vor... aber es ist natürlich auch eine recht pauschale Interpretation und Schlussfolgerung und ein bisschen frage ich mich schon, ob es wirklich so ist wie es uns scheint.
Aber angenommen, es wäre so wie du schreibst - woran liegt es deiner Meinung nach, dass der Durchschnitt überhaupt nicht an Reflektion interessiert ist bzw. die meisten nur normal sein wollen?
Es sind sicher viele viele Sachen. Mir scheint, wir leben in einer Gesellschaft, in der kritisches Hinterfragen gar nicht gewünscht ist. Es bringt kaum Vorteile - eher Nachteile. Letztens habe ich in einem Buch was gelesen, was ich interessant fand - Titel Wahrhheit ist die Erfindung eines Lügners - Gespräche für Skeptiker, ein Interview zwischen Heinz von Förster und Bernhard Pörksen. Heinz von Förster war Physiker und Philosoph. In einem Abschnitt ging es um Schule und er sagte, dass Schule eine Art Trivialisationsanstalt ist, in der Kindern mehr oder weniger das kreative Denken aberzogen wird und auf eine Frage nur die eine vom Lehrer gewünschte Antwort am Ende rauskommen soll. Ich denke, in Grundzügen ist das immer noch so. Denken neben dem, was vorgegeben, ist zum großen Teil nicht erwünscht und wird als falsch bewertet. Kein Wunder, dass sich Leute das abgewöhnen, würde ich sagen.
(wie gesagt, eine Sache, die mir dazu einfällt als mögliche Mit-Ursache)
Zitat von Kern12:Dabei hat Krankheit einen Sinn, Probleme haben einen Sinn.
Sie ZWINGEN einen darüber nachzudenken, was man falsch gemacht hat.
ZWINGEN ja eigentlich nicht wirklich - sonst würden es mehr Leute machen.
Aber ja, es ist eine Chance, etwas zu verändern.
Ich als alter Skeptiker weiß aber auch nicht, ob Krankheiten oder Probleme immer schon an sich einen Sinn haben - in jedem Fall kann man ihnen im Nachhinein einen Sinn geben...
Zitat von Kern12:Wenn man vorher also alles ganz normal gemacht hat, dann muss das Problem im Normalen liegen und dann muss die Kritik weiter ausgeholt werden.
Da bin ich voll bei dir. Gab es nicht auch so einen Spruch von Albert Einstein, dass die Probleme nicht auf der Ebene gelöst werden können, auf der sie entstanden sind?! Erinnert mich an deine Aussage. (wobei ich nicht weiß, ob das strikt immer so sein muss)
Zitat von Kern12:Das Problem ist, dass die Leute die Probleme, Fehler immer bei sich suchen, als nach systemischen Problemen Ausschau zu halten. Ist halt einfacher, aber sinnloser.
Naja, einfacher irgendwie schon, ich denke ich weiß was du meinst... Auf der anderen Seite ist es auch wieder überhaupt nicht einfacher sich selbst fertig zu machen - und es mitunter so eben nicht gelöst zu bekommen und dann darunter noch mehr zu leiden.
Und grundsätzlich ist es ja eigentlich schon einfacher, bei sich selbst anzusetzen, als die gesamte Gesellschaft zu verändern. Die Methoden, die angeboten werden, um sich selbst zu verändern finde ich zum Großteil aber eben auch suboptimal - und zum anderen finde ich auch, dass die gesellschaftlichen Strukturen (das Systemische) mit im Blick bleiben sollten.
Zitat von Kern12:Vor diesem Hintergrund macht es wenig Sinn zum Thema zu diskutieren, weil es letztlich eh niemanden interessiert.
Naja, immerhin uns beide, würde ich mal relativ nüchtern konstatieren...
Zitat von Kern12:Wenn man wirklich tief bohrt, kommt man zu dem Schluss, dass es heute keine gemeinsamen Ziele mehr gibt.
Das einzige Ziel heute weit und breit ist Geld und Status und das bekommt man nur durch Konkurrenz.
Dieses Ziel wird ja aber vor allem dann zum Problem, wenn alle mitmachen. Gibt es nicht auch Gegenbewegungen und ggf. ein paar Aussteiger, die das anders sehen?
Was den Status angeht, glaube ich, dass es wahrscheinlich zu allen Zeiten in allen Zeiten so war, dass ähnlicher Status die Chance auf Kontakte dramatisch erhöht hat. Solange es Statusunterschiede zwischen den Menschen gibt, wird das wahrscheinlich so bleiben. Ich wäre sehr dafür, auf Dauer Statusunterschiede abzuschaffen.
Was gemeinsame Ziele angeht... hm... ich würde es fast mal umdrehen wollen und sagen, dass es wahrscheinlich immer unterschiedliche Ziele geben wird, solange mehr als Mensch anwesend ist. (und schon innerhalb eines Menschen kann es ja gegenläufige Ziele geben!) Die unterschiedlichen Ziele sind aus meiner Sicht nicht zwingend ein Problem, sondern eine Aufgabe, nämlich: Akzeptanz von Unterschiedlichkeit und multikulturelle Koexistenz bei unterschiedlichen Zielen. Das Problem sehe ich eher darin, dass Unterschiedliches gleich gemacht werden soll - das wird nie klappen, denke ich. Es wäre mal etwas Neues, die Unterschiedlichkeit positiv zu nutzen, anzuerkennen und wertzuschätzen und zu wirklichem Konsens zu kommen, der die Unterschiedlichkeit miteinbezieht.
Zitat von Kern12:Ich bin mir ganz sicher, dass sich die Allgemeinsituation noch dramatisch verschärfen wird und der Durchschnitt auch dabei alles kritiklos mitmachen wird.
Ja, keine Frage, denke ich auch.
Zitat von Kern12:Aber gleichzeitig wird die Anzahl der Leute steigen, die wirklich bedient sein werden.
Denke ich auch.
Irgendwo denke ich auch, dass es gut wäre, wenn die Systeme schlimmer werden - damit sie zusammenbrechen. Auf der anderen Seite vergrößert das natürlich das Leid der Leute und es ist auch nicht gesagt, dass die neuen Systeme zwingend besser sein werden.
Es gibt doch diesen Spruch, dass die Kirche in Jahrhhunderten denkt. Paradigmenwechsel brauchen mindestens Jahrzehnte, wenn ich auch Jahrhunderte, würde ich spontan schätzen. Ist also die Frage, ob wir das noch miterleben, dass es irgendwann wieder besser wird (ich bin 32).
Zitat von Kern12:Noch sind wir davon meilenweit entfernt, dass Leute an einem Strang ziehen würden.
[Das sieht man ganz schön an diesem Forum:
Außer gegenseitigen Vorwürfen oder Bagatellsierung von Problemen kommt nichts weiter rum. Das ist absolut erbärmlich.
Noch nie war soviel Wissen so einfach verfügbar und das Resumee....]
Tja, aber wie oben gesagt - ich weiß gar nicht, ob an einem Strang ziehen wirklich so viel besser wäre... Ich persönlich finde hier auf das Forum bezogen eher die Sprache an sich dann oft nicht hilfreich, vor allem wenn es dann in gegenseitiges Abwerten usw. geht. Und in gewissem Sinne ist deine Kritik jetzt hier, z.B. dass andere Bagatellisieren würden auch ein Vorwurf an diejenigen, die deiner Meinung nach Bagatellisieren. Ich kann deinen Frust (?) verstehen - aber das dann erbärmlich zu nennen ist halt auch wieder so die Sache, wo du selbst auch auf die anderen einkloppst.
Und was den einen Strang noch angeht - mir kam eben die Metapher von vielen Strängen, die einem angeboten werden, z.B. hier - und dann kann jeder auswählen, welchen Strang er nehmen mag. Es muss wie gesagt gar nicht ein Strang sein. Aber eben die Sprache, dass jeder seinen Strang am besten findet und die andere Stränge nicht hilfreich... das halte ich für das größere Problem.
Zitat von Kern12:Um auf das Video zu kommen:
Heute wird jede Innovation als Fortschritt gefeiert, dabei ist es nicht so einfach.
Wie etwas genutzt wird, hängt vor allem davon ab, in welchem gesellschaftlichen Rahmen etwas genutzt wird.
Fortschritt, Technik ändert an den Rahmenbedingungen aber prinzipiell gar nichts.
Sie beschleunigt nur alle im System vorherrschenden Trends.
Einfacher gesagt:
Wenns vorher schon bescheiden lief, dann wird mit mehr Technik alles nur noch schlechter. Und das kann man heutzutage beobachten.
Ja... finde ich gut ausgedrückt von dir... aber wie oben schon gesagt - vielleicht gar nicht nur schlecht, wenn es beschleunigt... sowieso schwierige Frage, denn umgekehrt könnten ja alle Sachen, die das System sozusagen entschleunigen den möglicherweise unerwünschten Effekt haben, dass sich ein Systemwechsel am Ende langsamer vollzieht, weil das System gedeckelt wird... Nicht immer einfach zu sagen, was eigentlich gut und was schlecht ist...
Auch-einsam?