Nachdem ich heute mal wieder einen Einsamkeits- / Depressions- / genervt-von-allem-Tag geschoben habe, bin ich durch Zufall in diesem Forum hier gelandet und nach ein bisschen Querlesen habe ich mich einfach mal angemeldet.
Zu meiner Geschichte möchte ich gar nicht so viel schreiben. Die jeweiligen Geschichten finde ich zwar nicht völlig uninteressant - aber was sollen die Geschichten denn beweisen? Die einen können sagen ich bin einsam, WEIL ich so eine Vergangenheit habe - und andere können dann weiterjammern weil sie sagen können schau, ich bin einsam, OBWOHL ich so eine Vergangenheit habe. Ist doch (zunächst mal) nicht wirklich relevant, finde ich - Fakt ist erst mal: ich fühle mich oft einsam. Und andere ja scheinbar auch. Und es gibt eben Leute, mit einer schlimmen Vergangenheit, die heute glücklich sind - und es gibt Leute mit einer schönen Kindheit usw., die nicht glücklich sind. Also, die Vergangenheit alleine kann es dann ja wohl nicht sein.
Das als Erklärung, warum ich an dieser Stelle hier nicht weiter zu meiner Geschichte aushole!
Ich möchte mal einen ganz anderen Punkt ansprechen, der hier in dem Forum wohl auch schon hin und wieder mal angesprochen wurde: wieso kommen auch unter Einsamen so wenige Kontakte zustande?
Wenn ich da mal von mir spreche: ich bin in den Dreißigern und hatte schätzungsweise (Schulzeit mal rausgerechnet) ein Dutzend guter Kontakte - jedenfalls zeitweise. Diese Kontakte haben sich meist irgendwann wieder verflüchtigt. Teilweise sind Leute dabei, die auch wie ich einsam sind. Ich habe mich immer relativ lange um die Kontakte bemüht, aber es war dann oft einseitig und der/die andere hat sich stillschweigend verabschiedet, was ich oft erst viel später bemerkt habe. Das war meist verletzend für mich. Mittlerweile bin ich noch mal skeptischer geworden, was das Kennenlernen von neuen Leuten angeht.
So und dazu möchte ich noch ein paar Gedanken loswerden: Denn wie kommt es eigentlich, dass Einsame untereinander auch Schwierigkeiten haben, Kontakte zu knüpfen?
Was mir auffällt:
- unsere Kultur hat glaube ich ein enormes Verlangen nach allem was leicht ist, nicht anstrengend ist, unkompliziert ist usw.
Deswegen: der Umgang mit mir ist nicht immer leicht, andere Menschen erleben mich oft als anstrengend (was ja völlig logisch ist, wenn ihnen eher nach seicht und leicht ist) und ich bin hin und wieder auch mal kompliziert. Aber wer eigentlich nicht, zumindest wenn man voll und ganz alles was das Leben so bietet zulässt?
- Leute, sind wir denn so unterschiedlich? Ich habe den Eindruck, viele Leute wollen sich gar nicht mit den Menschen abgeben, mit denen sie gerade in Kontakt sind. Es könnte ja noch bessere, nettere, unkompliziertere... Menschen geben...
Aber: zunächst mal sind wir alle Mensch. Wir haben alle irgendwelche Gedanken, irgendwelche Empfindungen, irgendwelche Wünsche und Sehnsüchte... Sich füreinander im Gespräch zu öffnen und darüber zu reden - ist es dafür wirklich wichtig, ob der andere auch sonntags gerne wandern geht oder nicht? Irgendwie habe ich den Eindruck, dass zu schnell ausgesiebt wird und man dann ganz schnell dutzende von Gründen finden kann, warum dieser und jener Mensch nicht zu mir passt, mir nicht gut tut oder was weiß ich. Sicher gibt es Extremfälle, aber es ist auch eine Sache, wie sehr ich und mein Gegenüber bereit bin, uns aufeinander einzulassen. Blöderweise vermute ich, sind die meisten Menschen so zu im Kopf, dass gerade das nicht funktioniert.
Und dann stehen zwei überlaufende Köpfe der Begegnung zweier Menschen im Weg, weil beide nicht in der Lage sind, das Verbindende und Gemeinsame wahrzunehmen, sondern fast nur Trennendes...
- Letzte Sache, die Ehrlichkeit... Ich denke, das Leben bietet das volle Spektrum. Unsere Kultur möchte nur das Positive. Was passiert? Man fürchtet sich vor dem Negativen und verbannt es aus seinem Leben. Das hat aber noch nie funktioniert, deshalb kommt das Negative über die Hintertür (stärker als vorher) wieder rein. Juhu! Und dann kommen so komische Sachen zustande, wie dass Leute z.B. sagen ja, ich bin zwar einsam - aber keinesfalls depressiv! Ich brauche keine Therapie mir geht es gut - mir fehlen nur Leute. Naja, etwas salopp formuliert: belügt euch selbst, wenn ihr mögt.
Naja, ist auch egal, wie man für sich selbst die Sachen erklärt, benennt und bewertet - an sich will ich mich da gar nicht einmischen. Aber von mir würde ich sagen: ja klar, wenn ich mich mal wieder einsam fühle und vielleicht zuhause im Bett liege und weine könnte man mich vermutlich depressiv nennen. Ist doch egal wie es genannt wird. Das ist MEIN geringstes Problem - aber ich glaube, dass einige Leute Angst haben, in die Psycho-Ecke gestellt zu werden und sich deswegen wehren. Hm, aber psychisch gesehen würde ich sagen: Widerstand ist zwecklos. Wozu abwehren wenn kein Angriff erfolgte? (da die Bezeichnungen ja auch nur Worte sind) Das kostet doch enorm viel Kraft, die man anders nützen könnte.
Und zur Ehrlichkeit gehört für mich aber auch, wenn mir jemand anders etwas für mich total Unangenehmes sagt, das in gewissem Sinne auszuhalten zu lernen. Denn umgekehrt möchte ich ja auch mich frei genug fühlen, etwas Unangenehmes mitzuteilen, was mein Gegenüber vielleicht nicht leicht findet. Dafür braucht es Mut (den ich auch nicht immer habe) und Vertrauen - und eben glaube ich auch die Fähigkeit, schlimme Dinge ertragen zu können und das ohne direkt mit Sanktionen zu reagieren. Ansonsten braucht man aus meiner Sicht über Ehrlichkeit gar nicht zu reden!
... Ups, ich glaube mein Beitrag ist etwas konfus, ohne klar erkennbaren roten Faden. Würde mich freuen, die eine oder andere Rückmeldung zu kriegen.
Und naja, wer manches vielleicht ähnlich sieht wie ich darf sich auch gerne melden. Prinzipiell - es gibt ja Telefon - auch erst mal aus jeder Ecke Deutschlands... Beheimatet bin ich in NRW...
So, und wer darf sich bevorzugt melden? Da bei mir Balance aktuell ein Thema ist, möchte ich es noch mal so zusammenfassen:
- bitte, sei kompliziert - ich bin es vermutlich auch! (unkompliziert ist wohl nur der, der keine Konturen und Tiefe hat)
- bitte sei anstrengend - ich bin es auch öfter mal! (wer alle Teile von sich zeigen möchte, wird wohl auch mal anstrengend sein... insb. auch bei anderen Meinungen/Ansichten - unbequem...)
- ich bin bereit, im Laufe eines Kennenlernens, mich mit Dir auseinanderzusetzen - ich bin aber nicht mehr bereit, das einseitig zu machen... So viele Leute hätten glaube ich gerne jemanden, dem sie ihr Leid anvertrauen können... Aber bist Du auch bereit, mir zuzuhören, Dich auf mich einzulassen, mir Raum zu geben? Ich habe das selten erlebt, ich glaube ein Grund ist, weil die meisten so mit ihrem Schmerz zu tun haben...
- bist Du bereit, die Ähnlichkeit (als Mensch) mit mir zu suchen und zu sehen? Oder meldest du Dich nach drei Monaten dann doch nicht mehr, weil ich vielleicht nur 1 x in der Woche was unternehmen möchte, Du aber lieber 2 x in der Woche - und dabei merkst dass ES nicht passt, dass wir zu verschieden sind?
- und ich hoffe Du liebst neben der Leichtigkeit auch das/die Schwere - ich kann diese Dauergrinser und immer fröhlichen, immer optimisch-positiven Leute nicht mehr ertragen (Apropos, Buchtipp: Miese Stimmung - Eine Streitschrift gegen positives Denken von Arnold Retzer) - vor allem sind diese Leute ja sofort weg, sobald es einem mal nicht gut geht
- gibt es wenige Bereiche des Lebens, die Du ausschließt? (z.B. eben das vermeintliche Negative) Denn Deine (engen) Grenzen werden im Kontakt auch zu den beengenden Grenzen für den anderen - genauso wie meine Grenzen zu den Grenzen für Dich werden... In diesem gewissen Sinne - was das Reden angeht - finde ich Grenzenlosigkeit wichtig - was nützt es, wenn Du weißt, dass Du über bestimmte Sachen mit mir gar nicht reden brauchst, weil ich sie nicht hören mag und folglich dann auch kein Verständnis für Dich aufbringen kann? (und umgekehrt)
- und vielleicht noch eine kleine Anregung, aber auch ein optionaler Wunsch: bitte verwechsel nach Möglichkeit Deine Geschichte nicht mit Dir - ich habe mir meine Geschichte vielleicht auch schon zu oft erzählt... immerhin glaube ich sie schon weniger als früher
So, zuallerletzt: WER MIR JETZT KOMMT MIT KANN ES SEIN, DASS DU ZU HOHE ERWARTUNGEN HAST?... der kann sich auch gerne äußern - nur: diesen Satz oder in diese Richtung habe ich schon tausend Mal etwas gehört. Ich habe auch schon oft genug mitbekommen, wie andere Leute die durch was auch immer auf ein mal etwas ändern wollten oder mehr Anspruch hatten, von wiederum anderen Leuten dann erst mal abgeblockt wurden mit der Killerphrase bzw. dem Hinterfragen ihrer vermeintlich zu hohen Erwartungen.... Dies führt bei mir jetzt dazu, dass ich sage: ja und? Dann habe ich eben aus Deiner Sicht hohe Erwartungen. Und? Ist es nicht auch eine hohe Erwartung an mich, jetzt keine solchen vermeintlichen hohen Erwartungen haben zu dürfen? Vielen Dank für meine normative Umwelt, die den Status quo halten möchte und hübsch drauf achtet, dass niemand aus dem Gewohnten ausbricht.
Nebenbei fällt mir gerade noch mal auf: ich habe so die Schnauze voll von dem ganzen Schönsprech...!
Zurück zu den Erwartungen: ja, okay - vielleicht gibt es von 10.000 Menschen nur zwei oder drei, die sich nach dem Lesen meines Beitrages noch nicht unter Druck fühlen. Dann ist das halt eben so. Ihr zwei oder drei dürft euch in jedem Fall gerne melden.
So, jetzt reicht es aber erst mal, finde ich!
08.09.2013 21:30 • • 30.11.2013 x 3 #1