Alte Seele, junger Körper ?
Guten Abend zusammen,
wie wohl all ihr anderen hier auch, habe auch ich nur die Einsamkeit, unter der das Atmen mit jedem Tag immer schwerer und schwerer wird, und ich habe mich hier angemeldet, in der Hoffnung, dass ich vielleicht ein paar Gleichgesinnte finde, die meine Geschichte, also den Grund meiner Einsamkeit, nachvollziehen können, und Interesse haben, diese mit mir zu teilen, sodass sie etwas erträglicher wird. Ich hoffe, es ist in Ordnung, einfach so ein neues Thema zu erstellen; das Problem, das ich habe, also welches bei mir den Grund für meine Einsamkeit bildet, habe ich noch in keinem Beitrag
so gefunden, und ich möchte deshalb gerne ein wenig über mich schreiben:
Ich war schon immer sehr schüchtern und ängstlich, lebte als Kind in einer Traumwelt, und tagträume auch jetzt noch viel. Bei den meisten Kindern verwächst sich ja so was wie Schüchternheit irgendwann, bei mir wurde sie immer nur schlimmer, je älter ich wurde. Im präpubertären Alter kamen dann noch Depressionen dazu, Zwänge, Selbstverletzungen, Angststörungen, Psychatrieaufenthalte, Tageskliniken, bis zu meinem 18. Lebensjahr dann ambulante Therapie. Ich hatte nie das Gefühl, dass mir geholfen wurde, sondern - im Gegenteil - dass dadurch alles nur noch schlimmer wurde. So wie ich 18 wurde, mich also keiner mehr zwingen konnte, habe ich all dem - hoffentlich auf immer - Lebewohl gesagt, und stattdessen viel an mir selbst gearbeitet, und irgendwie gelernt, damit zu leben und das Beste aus meiner Situation zu machen. Ich bin schon sehr weit gekommen und wäre mit meinem Leben, so wie es derzeit läuft, eigentlich auch zufrieden, wäre da nicht diese eine Sache: es fehlen die Menschen in meinem Leben. Wo ich diese früher mied, wie es nur ging (größere Menschenansammlungen sind nach wie vor nicht so meins), versuche ich nun schon seit bestimmt zwei Jahren, auf die Menschen zuzugehen und Kontakte zu knüpfen, aber alle Begegnungen und all meine Bemühungen verliefen bisher schon nach kurzem im Sande.
Der Grund dafür - den ich mit dem Titel meines Beitrags versucht habe aufzufangen - dürfte sein, dass ich sehr viele Interessen habe (weswegen bei mir - unter anderem - ein Verdacht aufs Asperger-Syndrom vorliegt), die nicht meinem Alter entsprechen, oder aber sagen wir, die nicht von Menschen meines Alters erwartet werden. Ich liebe Sprachen, (klassische) Literatur, lebe für die Dichtung und schreibe auch selbst sehr viel. Dies ist wohl mein größtes, - mein Hauptinteresse, andere wären noch: Kunst(geschichte), zeichnen, Ballett Theaterbesuche (welche ich mir leider nur selten leisten kann), Museumsbesuche aller Art, Kultur ganz allgemein, Politik (vor allem interessiere ich mich für den Kommunismus), Reisen (mit sehr beschränkten Mitteln), Filme (aber kaum ein Film aus unserer Zeit, der mich anspricht), Mode, und Musik (da höre ich wirklich alles, von Klassik bis Techno). Außerdem verbringe ich gern viel Zeit in der Natur, mache lange Spaziergänge, und seit neustem interessiere ich mich fürs Schnitzen. Ich lebe auf dem Lande, was es noch mal schwerer macht, Leute kennenzulernen (ob jung oder alt wäre mir hierbei egal), die meine Interessen teilen. Wenn ich etwas erleben möchte, oder ein wenig Kultur sehen möchte, muss ich dazu erst in die Großstadt fahren, und da ich weder Auto noch Führerschein habe, geht auch das nicht mal eben so (ein Umzug in die Stadt ist mir aus verschiedenen Gründen nicht möglich).
Ich bin jetzt 24 und hatte noch nie eine feste Beziehung (habe seit jeher Schwierigkeiten mit Körperkontakt), richtige Freunde, oder auch nur jemanden, mit dem ich mich über meine Interessen hätte austauschen können. Dass ich derer viele habe, und eben deshalb auch bestimmt nicht erwarte, bei allen Gehör zu finden, ist klar. Selbst wenn es 'nur' ein, zwei Gemeinsamkeiten gäbe, würde mich das schon sehr freuen, und wer dazu noch andere Interessen hätte, dürfte mich natürlich auch gerne für diese begeistern. Aber da ist niemand. Ich habe niemanden. Meine Tage gehen einfach vorbei. Meine einzigen Freunde sind tote Dichter, aber mit den Toten gibt es nunmal keinen Austausch mehr. Ich vereinsame immer mehr und mehr, während ich gleichzeitig mit ansehe, wie andere Menschen meines Alters ihr Leben in vollen Zügen genießen. Es ist, als wäre eine Wand aus Panzerglas zwischen mir und ihnen: ich kann sie sehen, aber einfach nicht zu ihnen durchdringen, und wenn ich ehrlich bin, möchte ich das auch gar nicht, weil ich am Ende doch lieber allein bin, eh ich mich verbiegen muss, nur um irgendwo dazuzugehören. - Das bin nicht ich! Und das mit dem Verbiegen habe ich einfach schon zu oft versucht, nur um am Ende festzustellen, wie ungesund das für das seelische Wohlbefinden ist.
Ein weiterer Grund für meine Einsamkeit ist vielleicht der, dass mir die meisten Menschen, die mir begegnen, so wahnsinnig 'grob' vorkommen und mich geradezu abstoßen durch ihre Art. Ich bin sehr sensibel und fühle mich sehr schnell verletzt, was natürlich an
mir liegt, aber dennoch nichts daran ändert, dass die meisten Menschen in unserer Zeit (und das mag an unserer Zeit liegen, die wir als Menschen ja aber erst zu jener gemacht haben) sich sehr achtlos begegnen. Ich habe das Gefühl, niemand hört seinem Gegenüber mehr richtig zu, oder besitzt noch einen Sinn für die Feinheiten im Leben, für dessen Schönheit, oder legt auch nur Wert auf sie, und ich wurde schon mal ausgelacht, weil ich das Wort 'Tugend' benutzte, und gefragt, in welchem Jahrhundert ich eigentlich lebe, so als hätte diese etwas mit einer Zeit zu schaffen. Ähnlich erging es mir auch wegen der Technik: ich nutze meinen Rechner, der mir völlig reicht, habe ansonsten aber weder Mobiltelefon noch Fernseher etc., und ich wurde von einem Mann einst als Lügnerin beschimpft, als er mich nach meiner Nummer fragte, und ich ihm sagte, ich hätte keine (Zitat: Wenn Du nicht mit mir ausgehen willst, kannst Du mir das auch direkt sagen, statt Dir Lügen auszudenken) Diese Unterstellung hat mich sehr erschüttert, und macht mich auch heute noch traurig. Ist es denn wirklich so absurd, dass ein Mensch meines Alters kein Mobiltelefon besitzt ?
Hier mag denn noch ein Grund für mein Alleinsein liegen: ich brauche Schönheit, wie Luft zum atmen, zumindest aber, um mich wirklich wohl fühlen zu können, da ich nun mal ein sehr ästhetischer Mensch bin, der die Ästhetik auch immer und überall um sich herum sucht. Ich liebe es, stundenlang Wald und Wiesen zu durchstreifen, um die schönsten Blumensträuße zusammenzustellen, liebe es, alles um mich herum zu dekorieren, lege auch selbst großen Wert auf mein Äußeres - einfach um der Schönheit willen, und
nur um der Schönheit willen! Nur leider wurde ich bisher von allen Männern genau darauf reduziert; wenn ich dann von Politik anfange (ein Thema, das ich leidenschaftlich verfolge), schauen sie erst verdutzt, und bestehen dann darauf, beim Smalltalk zu bleiben (etwas worin ich ganz ganz schlecht bin!). Bei Frauen hingegen habe ich oft das Gefühl, dass sie sich von mir eingeschüchtert oder gar bedroht fühlen, und mich schon von der ersten Sekunde an ablehnen. - Also auch sie be,- und verurteilen mich häufig auf den ersten Blick. Das macht mich sehr traurig, denn ich bin bestimmt kein eingebildeter Mensch, sondern bin - im Gegenteil - sehr bodenständig und allen Menschen gegenüber offen. Ich habe selbst mit Sicherheit schon genug sch., wie Misshandlung, Hunger etc., in meinem eigenen Leben erfahren, um auf einem hohen Ross daher geritten zu kommen.
Ich beende jetzt meinen Beitrag an dieser Stelle, und bedanke mich fürs lesen (falls es denn jemand bis hierher lesen wollte), denn sonst würde ich hier morgen früh noch sitzen und schreiben. Das musste gerade mal raus, und ich fühle mich jetzt schon besser (zumindest für den Moment), selbst wenn es niemand lesen sollte, oder mein Hilfeschrei unbeantwortet bleiben sollte. Ich hoffe, jeder, der bis hier gelesen hat, hat einen schönen Abend und eine gute Nacht, und wünsche ihm, dass wenigstens seine Einsamkeit bald vorüber sein mag: auch Du bist nicht allein mit ihr!