ich wende mich an euch wegen einem Problem mit der Einsamkeit.
Ich bin 21 Jahre alt und studiere Germanistik, und ich habe schon einmal in meinem Leben ein Problem mit Einsamkeit gehabt. In der Kindheit habe ich von meiner Familie keine Aufmerksamkeit bekommen, die ich, wie ich denke, gebraucht hätte. Ich habe so natürlich nicht gelernt, wie ich mit Menschen umgehe. Als ich in die Schule gekommen bin, habe ich nirgendwo Anschluss gefunden, schließlich wussten alle schon, wie sie miteinander umgehen müssen. Ich bin also immer am Rand geblieben, und die anderen haben ihren Vorsprung im Umgang miteinander immer mehr vergrößert. Ich habe mich in meine eigene Welt verkrochen, sinnlose Videospiele gespielt(obwohl ich die heute auch noch manchmal zur Entspannung benutze) und viel gelesen. Die Lage hat sich also immer weiter verschlimmert, und ich bin schrecklich einsam gewesen, weil ich einfach niemanden hatte, der mir auch nur irgendwie nahe stand. Dass ich dazu noch gemobbt wurde, hat alles noch zusätzlich verschlimmert.
Mit 19, am Ende der Schule, ist es am Schlimmsten gewesen, alle waren für die Welt bereit, nur ich nicht. Da habe ich erkannt, dass ich einen Punkt erreicht hatte, an dem ich die Möglichkeit hatte, entweder völlig in meiner Welt zu verschwinden, oder herauszutreten. Zum Glück bin ich hinausgetreten. Ich weiß nicht, wie, aber irgendwie habe ich innerhalb von zwei Jahren den Vorsprung der anderen aufgeholt und meine größte Schwäche zu einer Stärke entwickelt.
Ich bin jetzt im 2. Semester, und meine Kommilitonen blicken zu mir auf. Ich würde das selbst nicht sagen, ich habe eine sehr schlechte Selbstwahrnehmung und Selbsteinschätzung(sehr beeinflusst vom Mobbing, würde ich sagen), aber sie sagen es mir. Ich sei so mutig, offen, tolerant und würde immer lächeln. „Held des Semesters“ bin ich auch... Naja.
Äußerlich kann ich mich schwer einschätzen, aber ich weiß, dass ich bei vielen Mädchen einen ziemlichen Eindruck hinterlasse, ob nun durch mein Auftreten oder das Äußere. Aber auch das ist mir egal. Ich habe noch nie eine Freundin gehabt.
Das klingt jetzt natürlich wie eine herrliche Geschichte, wie aus einem Frosch ein Prinz wurde. Einerseits ist sie das auch, und ich kann denen von euch, die selbst Probleme haben, nur sagen: Ja, es geht. Ihr könnt Prinzen und Prinzessinnen werden.
Andererseits gibt es jetzt mein Problem. Ich bin anders als die anderen. Ich denke einfach anders. Das fällt mir bei Unterhaltungen sehr oft auf. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Nicht negativer. Ich bin immer der, der Leute wieder aufpäppeln muss. Aber ich merke, dass sie meine Worte nicht verstehen, nicht, was dahintersteckt.
Jetzt kommt wieder eine kleine Frosch-Prinzen-Geschichte, denn ich habe Ende des letzten Jahres doch endlich jemanden kennen gelernt, bei dem ich gemerkt habe, dass er – also, sie, denn es ist ein Mädchen – mich versteht. Sie ist bis heutige die einzige Freundin, die ich habe, und das Allerwertvollste für mich. Ich liebe sie, sie mich nicht, aber das ist nicht mein großes Problem. Ich kann ihr alles erzählen, und sie weiß mehr als jeder andere Mensch von mir, schon nach den wenigen Monaten, die wir uns kennen.
Ich bin sehr glücklich, wenn sie Zeit für mich hat und ich mit ihr zusammensein darf. Dann merke ich, dass ich nicht allein bin. Ich schöpfe richtig Kraft daraus, und die brauche ich auch, weil ich sie sonst nirgendwoher bekomme.
Mit meinen Kommilitonen kann ich zwar reden, und sie halten mich weiter für den mutigsten und tollsten Kerl, aber das gibt mir nichts. Es ist okay, es ist nicht schlecht, wenn ich mit ihnen rede, aber am Ende gehe ich aus der Unterhaltung, wie ich hineingegangen bin.
Jetzt also endlich zu meinem Problem: Ich bin sehr oft furchtbar einsam. Die Kraft, die mir meine Freundin gibt, reicht nicht ewig, und sie hat auch nicht jeden Tag Zeit für mich.
Letztens war ich eine Woche lang allein in der Stadt, bevor die Vorlesungen losgingen, und ich meine, wirklich allein. Fünf Tage ohne einen Menschen, abgesehen von Supermarktkassiererinnen, das hätte mich fast umgebracht. Ich habe an den Abenden Angst gehabt, aufzustehen, weil ich Angst hatte, ich würde mir etwas antun, wenn ich mir die Kraft bewiese, mich zu bewegen.
Ich habe dann in den nächsten Tagen meine Freundin wiedergesehen, und habe mich bei ihr wieder etwas erholt. Aber sie kann eben nicht immer da sein. Und ich habe ohne sie in der Woche, mal ganz objektiv gerechnet, wahrscheinlich 1 Stunde, die ich insgesamt mit Menschen rede. Dann sitze ich noch ca. 12 Stunden in Hörsälen neben Menschen, aber viel Gespräch ist da natürlich auch nicht. Freitags, Samstags und Sonntags sehe ich dann wieder niemanden, über drei Tage, und das zehrt sehr an mir.
Es ist also das alte Einsamkeitsproblem. Besonders gegen Abend geht es mir oft schlecht. Ich weine dann manchmal, es sticht mich ins Herz und ich bin verzweifelt. Meine Freundin weiß davon natürlich, aber sie kann nicht mehr tun, als mir Kraft zu geben, wenn sie eben Zeit hat.
Das war es dann, denke ich. Ich hätte auch viel weniger schreiben können, denke ich.
15.04.2008 07:32 • • 18.04.2008 #1