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Liebe Leidensgenossen,

als Einstieg will ich mich kurz mit meinem Fall vorstellen:

bin vor einigen Wochen von zuhause ausgezogen. Da es viel Stress in unserer Beziehung gab und auch die Kinder durch die permanent schlechte Stimmung nicht einfach waren, habe ich den Auszug zunächst als sehr angenehm empfunden.

Plötzlich aber merke ich, dass ich furchtbar einsam bin. So, dass ich morgens aufwache und schon zitternd aufstehe, weil mich das Alleinsein fertig macht. Hinzu kommt, dass ich selbständig von zuhause aus arbeite und praktisch auch den ganzen Tag alleine bin. Ausser, wenn ich auf Kundenbesuch bin, was aber eher selten vorkommt.

Ich habe seit einigen Wochen eine Freundin (sie hat nichts mit der Trennung von der Familie zu tun), die von meinen Problemen noch nichts weiß. Unsere Beziehung ist noch sehr frisch und ich möchte sie nicht belasten. Da meine Freundin weit weg wohnt und viel arbeitet, sehen wir uns kaum - vielleicht einmal die Woche. Telefonieren geht auch nicht jeden Tag. So sitze ich manchmal stundenlang da und hoffe auf irgendein Lebenszeichen von ihr, sehne mich nach ihr was meine Einsamkeit noch verstärkt. Sobald wir Kontakt hatten, geht es mir erstmal wieder gut. Aber sie ist so beschäftigt und es ist sicher keine böse Absicht von ihr, dass sie sich manchmal eben nicht meldet.

Ich möchte auf keinen Fall einfordern, dass sie sich melden soll, möchte nicht quengeln, denn ich denke, das würde die Beziehung nur unnötig belasten. Ausserdem möchte ich natürlich unabhängig wirken, stark und nicht schwach. Frauen wollen schließlich keine Heulsusen zum Partner haben. Ausserdem möchte ich mich nicht wieder abhängig von einer Beziehung von einer Partnerin machen. Ich denke, das ist nicht wirklich gut.

Mein größtes Problem ist im Moment, dass ich vor lauter Einsamkeit kaum arbeiten kann. Dadurch entstehen natürlich neue Probleme. Probleme mit Kunden, finanzielle Probleme. Da ich durch die Trennung an sich schon seit einigen Monaten im Ausnahmezustand und daruch nur eingeschränkt arbeitsfähig war, nun durch den Umzug auch noch viel Zeit verbraten habe, müsste ich eigentlich dringend in die Pötte kommen, um mein Geschäft am Laufen zu halten bzw. erst mal wieder richtig zum Laufen zu bringen.

Eigentlich hätte ich gute Perspektiven: Kunden und Aufträge sind da, Freundin in Sicht aber irgendwie kann ich die Perspektiven nicht nutzen und bin ziemlich verzweifelt.

Ich bin nun hier im Forum gelandet, weil ich mich überhaupt mal mit dem Problem beschäftigen wollte und weil es mir auch hilft, mir meine Gedanken vom Leib zu schreiben. Würde mich über ein Feedback natürlich freuen und vielleicht sind ja ein paar hilfreiche Tipps dabei, was ich machen kann.

Danke fürs Zuhören!

Euer Wundervogel
(bin grad etwas spinnert unterwegs, vielleicht Midlife-Crisis, deshalb dieses Pseudonym)

20.06.2010 14:51 • 21.06.2010 #1


9 Antworten ↓


Vielleicht benutzt du deine Freundin unbewußt als Trostplflaster. Wie alt sind deine Kinder?

A


Plötzlich allein durch Trennung von Familie

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Zitat von wundervogel:
bin vor einigen Wochen von zuhause ausgezogen. [...]
Ich habe seit einigen Wochen eine Freundin (sie hat nichts mit der Trennung von der Familie zu tun)

Oha, das ging aber schnell. Also doch nicht allein allein?

Zitat von saidndone:
Oha, das ging aber schnell. Also doch nicht allein allein?


Es ging nicht schnell, sondern lief parallel. Ich hab ja nicht angefangen, eine Freundin zu suchen, nachdem ich ausgezogen bin. Ich hab überhaupt nicht gesucht. Hat sich halt ergeben.

Bin im Moment noch alleiner als allein, denn die Freundin hat fast nie Zeit. Ich bin fast am Überlegen, ob ich diese Beziehung beende, weil ich mich ständig danach sehne, dass sie bei mir ist und das praktisch nicht stattfindet. Einmal die Woche ist mir einfach zu wenig, um mich nicht allein zu fühlen.

Sie ist permanent unter vielen Leuten, braucht also eher ihre Ruhe, ist auch froh, wenn sie mal Zeit für sich hat. Sie hat also quasi das entgegengesetzte Problem. Wie das zusammenpassen kann weiß ich auch noch nicht. Im Moment ist der Begriff Freundin und Beziehung vielleicht auch noch nicht mal angemessen.

Jedenfalls weiß ich grad nicht, ob mich diese Geschichte mit ihr nicht noch mehr reinreißt.


@vent:

Natürlich benutze ich sie als Trostpflaster, als gedanklichen Fluchtpunkt, um ein paar Streicheleinheiten zu bekommen. Alles was Du willst. Schöne Momente eben. Wir haben auch die Vereinbarung, dass es im Moment genau darum geht. Um die schönen Momente, nicht mehr. Kann so direkt nach der Trennung keine Planung machen, möchte auch nicht von einer verkorksten Beziehung in die nächste rutschen. Bräuchte eigentlich eine Auszeit. Aber mit dieser Einsamkeit hatte ich auch nicht gerechnet. So wird sie immer mehr zum Strohhalm, an den ich mich klammere. Aber auch zur Fatamorgana, weil sie nicht wirklich greifbar ist, weil wir keine Beziehung leben können, weil sie meine Einsamkeit nicht heilt, sondern eher verstärkt. Ich denke viel zu oft an sie, weil mir halt auch die Ablenkung fehlt.

Meine Söhne sind 7 und 13 und besuchen mich regelmäßg. Bin so nah, dass sie selbst zu mir kommen können. Trotzdem bin ich halt die meiste Zeit allein.

Wundervogel

Zitat von wundervogel:
Meine Söhne sind 7 und 13 und besuchen mich regelmäßg. Bin so nah, dass sie selbst zu mir kommen können. Trotzdem bin ich halt die meiste Zeit allein.

Ja, das ist eine typische Reaktion der Kinder auf die Trennung ihrer Eltern, sie ziehen sich erstmal zurück. Auch sie haben einiges zu verarbeiten. Lass ihnen Zeit sich auf die neue Situation einzustellen - es kann sich nur zum Positiven hin entwickeln.

Ein Trostpflaster - in dem Fall ist es die Zeit. Vertraue darauf.

Zitat:
Es ging nicht schnell, sondern lief parallel. Ich hab ja nicht angefangen, eine Freundin zu suchen, nachdem ich ausgezogen bin. Ich hab überhaupt nicht gesucht. Hat sich halt ergeben.

Bin im Moment noch alleiner als allein, denn die Freundin hat fast nie Zeit. Ich bin fast am Überlegen, ob ich diese Beziehung beende, weil ich mich ständig danach sehne, dass sie bei mir ist und das praktisch nicht stattfindet. Einmal die Woche ist mir einfach zu wenig, um mich nicht allein zu fühlen.

Sie ist permanent unter vielen Leuten, braucht also eher ihre Ruhe, ist auch froh, wenn sie mal Zeit für sich hat. Sie hat also quasi das entgegengesetzte Problem. Wie das zusammenpassen kann weiß ich auch noch nicht. Im Moment ist der Begriff Freundin und Beziehung vielleicht auch noch nicht mal angemessen.

Hättest Dir da nicht auch parallel die Konsequenzen ausdenken können/ mögen?
Dein eigenverantwortliches Handeln?

Hi Wundervogel,

Deine Geschichte klingt fast wie meine. Ich habe mich vor ca. einem halben Jahr von meiner Frau getrennt. Wir haben zwei Kinder. Die Geschichte ist zu lange, um hier erzählt zu werden. Mir geht es mittlerweile wie dir. Ich wohne alleine und sehe meine Kinder alle 14 Tage am WE und alle zwei Wochen mal Wochentags. Ich hatte schon während der Zeit mit meiner Frau wenig soziale Kontakte, das Übliche halt: Zu viel gearbeitet, dann die Kinder.

Die Sehnsucht nach einer Frau, die wenig Zeit hat und nicht die Vorstellung von einer Beziehung hat, die ich habe, kenne ich leider auch sehr gut. Unerfüllte anhaltende Sehnsucht kann sehr weh tun. Ich hatte eine ähnliche Beziehung nach der Trennung.

Seit einigen Wochen bin ich nun krank geschrieben und bin ständig zu hause. Jetzt fallen auch noch die Kollegen als soziale Kontakte weg. Mittlerweile fällt mir die Decke auf den Kopf. Viel, was hier andere geschrieben haben, kenne ich auch: Niemand ruft an, keiner fragt nach, wie es mir geht. Ich habe eine Freundin, die aber 600 km weit weg wohnt, wir sehen uns nur alle 4-6 Wochen, telefonieren aber immerhin sehr häufig.

Ich hab einige alte Kontakte wieder versucht zu reaktivieren, aber so richtig kommt nichts mehr zustande. Man trifft sich einmal, danach höre ich wieder nichts. Im Grunde muss ich immer Leuten hinterher rennen, damit ich Kontakte habe.

Ich versuche mich ein wenig aus diesem Elend selbst zu befreien: Ich habe mich einem Single-Club angeschlossen. Da gibts ab und an mal Treffen und Aktivitäten, an denen ich zurzeit zwar nur eingeschränkt teilnehmen kann (bin grad krank) aber immerhin trifft man neue Leute und bekommt neue Kontakte. Ob sich daraus Freundschaften entwickeln, wird sich zeigen.

Ich frage mich langsam selbst, ob ich nicht weniger mit dem Alleinsein als Single, sondern mehr mit dem alleine wohnen Probleme habe. Ich habe immerhin 12 Jahre lang mit Frau und Kind zusammen gewohnt. Vielleicht spielt das auch bei dir eine Rolle. Dafür habe ich jetzt noch nicht eine Lösung gefunden, weil ich mir zurzeit nicht vorstellen kann, in eine WG zu ziehen oder ähnliches.

Ich bin mir aber in einem ganz sicher: Man darf sich nicht abhängig machen von einer einzigen Person. Ich würde mich auf gar keinen Fall auf deine Freundin, die offensichtlich sehr wenig Zeit für dich hat, fixieren. Denn, wenn du das tust, wirst du im Falle einer Trennung von ihr in ein Loch fallen, das noch schwärzer ist, als das, in dem du gerade bist. Ich kann dir nur raten, versuche Kontakte mit Freunden herzustellen oder bestehende Kontakte zu pflegen und geh raus gehen aus der Wohnung. Bei dir ist es ja noch heftiger, wenn du auch noch dort arbeitest. Teil deine Ängste und deine Probleme jemanden mit, dem du vertraust, jemandem, der dir zuhört. Wenn du niemanden hast, versuche dir parallel professionelle Hilfe zu holen.

Ich weiß, klingt alles etwas Schlaubergermäßig, hab ja selber große Probleme mit dem alleine sein, aber vielleicht nützen dir meine Überlegungen etwas.

Grüße
StillSearching

Hi StillSearching

Zitat von StillSearching:
Ich frage mich langsam selbst, ob ich nicht weniger mit dem Alleinsein als Single, sondern mehr mit dem alleine wohnen Probleme habe...


Das ist bei mir definitiv so. Ich wollte schnell zuhause raus, damit der Schrecken endlich ein Ende hat und habe mich recht kurzfristig entschieden. Inzwischen bin ich auch schon auf die WG-Variante gekommen. Ist aber erstmal zu spät. Erschwerend ist bei mir halt die Tatsache, dass ich auch noch von Zuhause aus arbeite und eben keinen Arbeitsplatz habe, wo ich tagsüber mit anderen zusammen bin.

Zitat von StillSearching:
Ich bin mir aber in einem ganz sicher: Man darf sich nicht abhängig machen von einer einzigen Person. Ich würde mich auf gar keinen Fall auf deine Freundin, die offensichtlich sehr wenig Zeit für dich hat, fixieren.
Denn, wenn du das tust, wirst du im Falle einer Trennung von ihr in ein Loch fallen ...


Das stimmt. Vielmehr geht es mir aber auch darum dafür zu sorgen, dass diese Beziehung, wenn es denn eine wird, ausgewogener und damit gesünder wird als die letzte. Es ist nie gut, sich ausschließlich oder hauptsächlich auf eine Person oder die Familie zu fixieren. Man braucht immer einen Ausgleich, um eine gesunde Distanz wahren zu können.

Zitat von StillSearching:
Ich weiß, klingt alles etwas Schlaubergermäßig...


Tut es nicht! Bestätigt mich eher, nur weiß ich halt nicht, wie ich da rauskomm. Meine verbleibenden Freunde sind weit verstreut. Die Kontakte hier sind zu verknüpft mit der Familie und initiiert von meiner Frau.

Das Posten hier hilft mir aber schon. Hat mir heut den Tag gerettet.

Danke an alle!

Wundervogel

Hi Wundervogel,

Noch zwei Parallelen: Der Schrecken zu hause war grenzenlos und für die Kinder eine Zumutung. Viele meiner Freunde sind weggezogen, teilweise ins Ausland, da fällt das Kontakt halten eben noch schwerer.

Wenn du das mit deiner Freundin hin bekommst wäre es schön. Ich hatte das mit der Sehnsucht und dem Alleine sein bei meiner letzten Freundin übrigens offen angesprochen. Damit kam sie irgendwie überhaupt nicht klar. Sie war regelrecht überfordert damit. Es lag einfach daran, dass wir uns, obwohl in der selben Stadt wohnend, nur alle 14 Tage und vielleicht einmal die Woche gesehen haben. Für eine erfüllte Beziehung war mir das einfach zu wenig. Ihr reichte das aber offenbar.

Gruß
StillSearching

Zitat von StillSearching:
Damit kam sie irgendwie überhaupt nicht klar. Sie war regelrecht überfordert damit. Es lag einfach daran, dass wir uns, obwohl in der selben Stadt wohnend, nur alle 14 Tage und vielleicht einmal die Woche gesehen haben. Für eine erfüllte Beziehung war mir das einfach zu wenig. Ihr reichte das aber offenbar.


Danke, das bestätigt mich nochmal! Ist in meinem Fall auch klar: Sie ist permanent von Leuten umgeben. Wenn sie mal frei oder niemanden um sich hat, dann versucht sie sich mit mir zu treffen. Das kann ich ihr eigentlich nicht hoch genug anrechnen!

Sie KANN im Moment garnicht verstehen, wie es mir geht. Und wenn sie es könnte, dann ist es immer noch so, dass sie ihren Freiraum braucht. Wenn ich sie bedränge, mehr Zeit mit mir zu verbringen, dann wird das Ganze zur Pflichtübung und das will ich ja genau nicht. Ich will ja, dass sie mit mir zusammen ist, weil sie es selbst will und nicht, weil es mir schlecht geht.

Fazit: da hilft nur cool bleiben. Ich muss mein eigenes Leben aufbauen und das von ihr annehmen was ich kriegen kann. Wenn sich daraus dann etwas entwickelt, was mehr Nähe und evtl. sogar ein Zusammenleben zulässt, dann nur, wenn beide sich dabei wohl und nicht bedrängt fühlen.

Ist halt verdammt schwer. Im Moment versuch ich, nicht zu oft an sie zu denken, denn dann kommt die Sehnsucht und die Einsamkeit wird noch größer.

Danke Dir!

Wundervogel

A


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Dr. Reinhard Pichler
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