Hallo Sigi,
natürlich kann ich nicht nachvollziehen wie es sich anfühlt, mit einer Person, 27 Jahre lang eine Partnerschaft zu führen - aber ich kann natürlich schon nachvollziehen, dass Du Dich jetzt fühlst, als würde Deine ganze Welt über Dir zusammen fallen.
Wer was wann und in welcher Situation als Stärke empfindet ist auch individuell, was für Dich stark sein bedeutet mußt Du uns erzählen, nicht wir Dir, damit wir Dich wenigstens aus der Ferne und wenigstens ein bißchen dabei unterstützen können, dass DU Deine Idee von Stärke umsetzen kannst.
Wenn mir ein Extremsportler erzählt, ich muss stark und mutig sein und mit nem Falschirm aus einem Flugzeug hüpfen, dann würd ich auch nur denken läuft der nicht ganz rund? aber wenn der mir erzählte wie gut sich das anfühlt, wie wenig mir dabei passieren kann, wie es ist zu fliegen etc, dann könnte ich aber wenigstens nachvollziehen, warum der das tut und würde mich nicht nur daran erninnern, wie ich letztens von der Leiter gefallen bin...also was bedeutet Kraft und Mut für Dich? Worin möchtest Du diese investieren und wo sind Deine Prioritäten und was Deine Optionen?
Deine Isolation hat ja nicht von einen auf den anderen Tag begonnen, und ist nicht NUR ein Symtom Deiner physischen Erkrankung und Du und Dein Partner können dieses Einsame Inseldasein ja nicht schon immer in Ordnung und gut für Euch empfunden haben - doch das ist eine Sache, die ich wirklich nicht nachvollziehen kann, vielleicht möchtest Du ja mal dazu was schreiben?
Du sagst, dass Du völlig überrascht von der plötzlichen Trennung Deines Freundes bist, weil für Dich bisher alles soweit in Ordnung erschien - ich weiß natürlich nicht, warum sich Dein Freund gerade jetzt, nach 27 Jahren entschieden hat, dass er die Beziehung beenden muss/will/möchte...aber ich kann leider auch nicht nachvollziehen, warum es für Dich so viele Jahre in Ordnung war und erschien, nur und einzig mit diesem einen Menschen zu kommunizieren, zu leben etc. .
Ich meine jeder soll nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen leben und wenn man körperlich eingeschränkt ist, dann macht das den Aufbau bzw. das aufrecht erhalten eines sozialen Umfeldes sicherlich nicht leichter...aber wenn Du sagst, für Dich war diese isolierte Beziehung bisher in Ordnung, dann hört sich das auch ein bißchen so an, als hättest Du auch vorher eher selten bis gar nicht den Wunsch und das Verlangen nach anderen menschlichen Kontakten gehabt - mal abgesehen von der praktischen/medizinischen Hilfe, die Dir natürlich keine Privatperson bieten kann. Wie war das früher, wie war das, bevor Du Deinen Partner kennen gelernt hast? Wie war das bevor Du krank wurdest?
Im Moment fallen Dir nur all die Dinge ein, die Du nicht kannst, wozu Du Deinen Partner brauchtest etc...aber wenn Du Dich an die Zeit vor ihm erinnerst, dann fällt Dir vielleicht auch wieder ein, wie Du das alles vor ihm, ohne ihn gemeistert, bewältigt und gehandabt hast..dieser Mensch, diese Erfahrungen sind ja nicht verschwunden...vielleicht kannst Du Dir die zunutze machen, auch schon um mal nicht NUR all das in den Fordergrund zu stellen, was Du nicht bewältigen kannst...
Bringt Dich ja auch nicht weiter und macht Dich auch nicht selbstbewußter, wenn Du Dir jetzt selbst dauernd unter die Nase reibst, dass Du weder Freunde, Bekannte noch Familie hast, die Dich moralisch unterstützen könnten/wollen, ist auch nur frustrierend JETZT zu fragen, warum das so ist...ist eben so...und für viele Jahre war das für Dich in Ordnung also wärs vielleicht klüger wenn Du Dich JETZT auf die praktischen Probleme konzentrierst, die Du JETZT tatsächlich auch verändern bzw. alleine in den Griff kriegen kannst...Du hast 27 Jahre keine andere moralische und praktische Unterstützung außer die von Deinem Freund gebraucht - mir ist klar, Du siehst das ganz anders, aber ich finde das extremst stark und mutig!