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Hallo zusammen,

ich bin vor einiger Zeit auf diese Seite gestoßen und freue mich dass es so etwas gibt. Dass es noch andere gibt die sich vielleicht genauso fühlen wie ich mich gerade und das ein oder andere besser verstehen als so mancher Außenstehender.

Manchmal hilft es mir die ganzen Dinge die mich bedrücken einfach mal aufzuschreiben und somit auch im Kopf etwas zu ordnen. Sich sozusagen einfach mal auszukotzen. Dass sie hier nicht klanglos und ungesehen verschwinden, sondern gelesen und wahrgenommen werden, finde ich gut.

Ich bin 23 und vor knapp 3 Jahren von zu Hause ausgezogen. Zuletzt wurde es einfach ein bisschen eng mit meinen Eltern und ich hatte einfach den Drang (wie vermutlich jeder andere in meinem Alter auch) auf eigenen Füßen zu stehen. Da die Schule beendet war und die Ausbildung nahe rückte klang das nach einer guten Gelegenheit für ein Abenteuer... Ich war nie der offenste und dominateste Typ Mensch. In der Unterstufe wurde ich gemobbt und in der Oberstufe gab es fast nur Genies und es viel mir schwer mit denen mitzuhalten. Obwohl ich denke ich wirklich nicht blöd bin.
Nach dem Abitur bin ich dann gleich etwas weiter weg gezogen, in eine größere Studentenstadt. Ich war hungrig auf Neues. Eine neue Umgebung, eine eigene Wohnung, neue Leute, Arbeit usw....
Mit den Leuten in meinem Ausbildungsjahrgang versteh ich mich ganz gut...Sie sind okay. Man grüßt sich, man tauscht sich über die Arbeit aus und kann teilweise auch ganz okay zusammen lernen. Aber mehr auch nicht. Der Schichtdienst in meinem Job erledigt sein Übriges. Konstante Arbeitszeiten? Fehlanzeige! Das wusste ich zwar vorher, aber das es so hart werden würde hätte ich nicht gedacht. Wenn man nach einem langen Arbeitstag nach Hause kommt und total K.O ist und dann aber noch lernen und Sachen aufarbeiten muss, dann bleibt kaum Zeit für Hobbys und schöne Dinge, geschweigedenn Zeit zum raus gehen und andere Leute kennen lernen. Die wenigen Leute die ich hier bisher kennen gelernt habe sind alles Studenten und haben als scheinbar einziges Thema auch nur ihre Bachlorarbeiten und Seminare. Einem Koch-, Tanzkurs oder Sportverein beizutreten ist aufgrund der Schichtarbeit auch nur schwer zu managen, also ließ ich es bleiben.
Also sitze ich hier Tag für Tag alleine in meiner liebevoll eingerichteten Wohnung in der mich nie jemand besuchen kommt außer hin und wieder meine Eltern. Dank der wunderbaren Welt der Medien kann ich super mitverfolgen was in meiner Heimat so passiert. Was meine Freunde so unternehmen und Spaß daran haben. Ohne mich. Wenn ich frei hab und es irgendwie möglich ist fahr ich nach Hause. Da werden keine Kosten und Mühen gescheut und kein Schneesturm kann mich davon abhalten. Zu Hause ist es immer schön und man kann vieles um sich herum einfach vergessen. Aber wenn ich dann wieder zurück komme in die leere Wohnung ist alles nur noch schlimmer als vorher und mein Heimweh zerfrisst mich regelrecht.
Wenn man dann die Freunde aber mal fragt ob sie mich nicht mal besuchen kommen wollen, dann kennen die Hindernisse keine Grenzen. Lohnt sich zeitlich nicht, Ende des Monats kein Geld übrig, schlechtes Wetter, Oma hat Geburtstag etc...So kommt es, dass meine zwei besten Freunde mich in 3 Jahren nur einmal besucht haben. Und das war an meinem Geburtstag und auch nur weil ich sie dazu genötigt habe.
Ich versuche mich abzulenken. Mache viel Musik, aber alleine macht das auch nur wenig Spaß. Ich mache gerne und eigentlich auch ganz gute Fotos, aber keiner scheint sich so recht dafür zu interessieren. Ich bin gerne in der Natur, aber ich habe kein Auto, nur ein Rad und damit ist der Ausbrechradius sehr gering. Ich liebe Jazz Musik. Aber ich kenne hier keinen anderen der das ebenfalls tut. Und so sitze ich manchmal alleine in meiner Lieblingsbar und höre mir talentierte Musiker an. Dann habe ich das Gefühl dass alle mich anstarren weil ich einen ganzen Tisch für mich alleine blockiere und andere stehen müssen. Und wenn dann auf dem Rückweg noch der unfreundliche Busfahrer dazu kommt, ist der Tag gelaufen und ich könnte nur noch heulen.
Meine Eltern und Freunde versuchen mir Mut zu machen mit Phrasen wie: Ach das wird schon, ist doch nicht mehr lange, nur noch ein halbes Jahr und dann kommst du zurück nach Hause. Und bis dahin sind wir ja nicht aus der Welt. Kopf nicht hängen lassen. Du bist doch ein taffes Mädel, du schaffst das schon....
Aber keiner mag so richtig verstehen wie ich mich fühle. Manchmal denke ich ich hab total versagt und bin selber Schuld. Wie konnte ich auch so blöd sein so weit weg zu ziehen. Ich hätte wissen müssen das dass nur was für harte Kerle ist. Und immerhin hat meine Mutter ja auch immer gesagt: Kind, Lehrjahre sind keine Herrenjahre...oder ähnliches.
Und dann kommt da noch der riesige Druck der Examensprüfung auf mich zu. Ich darf durch 7 Prüfungen genau einmal durchfallen. Verkacke ich ein zweites mal waren 3 Jahre umsonst. Klasse Aussichten. Und ich hab totale Angst, dass ich in meiner Heimat keine Stelle finde und wieder irgendwohin weiter weg muss das schnürt mir in so mancher Nacht oft die Kehle zu.
Und teilweise fängt das ganze schon an somatisch zu werden. Ich schlafe schlecht ein und wenn ich dann endlich schlafe träume ich oft schlecht und wache morgens wie gerädert auf. Ich bin unmotiviert und es fällt mir immer schwerer mich auf meinen Lernstoff zu konzentrieren. Die Wäsche und der Abwasch bleiben oftmals Tagelang liegen und putzen müsste ich eigentlich auch mal wieder, aber mir fehlt die Kraft dazu. Im Grunde wird alles nur immer weiter aufgeschoben bis es dann vergessen wird. Ich habe kaum mehr Appetit und esse wenig und zum Teil auch unausgewogen. Ich weiß dass das schlecht ist, aber Kochen ist oft nur eine riesige Qual. Letztens war ich gut drauf und habe gebacken. Viel zu viel. Ich wollte meinen Kuchen an die Nachbarn verschenken die ich auch kaum kenne. Ich dachte vielleicht kann daraus die ein oder andere lockere Bekanntschaft entstehen. Aber keiner wollte meinen Kuchen haben. Ich meine Hallo? Da gibt es was umsonst und keiner wills haben! Und mein Kuchen sah jetzt nicht schlecht aus. Und geschmeckt hat er auch. Mehr als die Hälfte musste ich dann wegschmeißen, weil ich so viel gar nicht schaffen konnte zu essen. Traurig aber wahr.
Wenn ich an Weihnachten denke wird mir ganz anders. Denn ich muss Heiligabend arbeiten. Spätschicht. Und am nächsten Tag Frühschicht. Keine Chance mal eben zwischendurch Heim zu fahren. In diesem Sinne: Frohes Fest!
Irgendwann zwischendurch hatte ich sogar einen Freund. Ich hab ihn daheim kennen gelernt. Also eine Fernbeziehung. Anfangs war es eine schöne Zeit. Aber dann begann der Druck zu wachsen. Jedes mal wenn irgendwo eine Lücke und ein Zipfelchen Zeit war, wurde das ausgenutzt. Irgendwann war es absolut zu viel und die Beziehung ging in die Brüche. Denn zu viel Nähe kann ich dann irgendwie auch wieder nicht haben. Ich bin ganz froh wenn ich mal meine Ruhe hab und mit mir selbst alleine bin. Aber im Moment würde ich einfach alles dafür geben jemanden um mich zu haben mit dem man mal reden kann, der einen versteht, oder mit dem man mal zusammen kochen oder spazieren gehen kann. Jemanden der auf einen wartet wenn man nach Hause kommt.
Ich habs sogar schon auf einer kennenlern / dating seite probiert. Aber das war alles ein bisschen komisch und nicht so ganz das wahre.
Ich hab auch schon an ein Haustier gedacht. Eine Katze zu Beispiel. Aber dafür ist meine Wohnung zu klein und ich habe zu wenig Zeit und das arme Tier würde am Ende darunter leiden.

So, jetzt habe ich mir erst mal alles was so brannte von der Seele geredet. Ich hoffe ich hab euch nicht erschlagen mit meinem Roman. Ich würde mich freuen wenns gelesen und von irgendwem zur Kenntnis genommen wird. Über einen Austausch mit Gleichgesinnten ebenso.

Viele Liebe Grüße
Caninchen

05.11.2013 11:43 • 06.11.2013 #1


2 Antworten ↓


Das ist doch nicht fair
Das einzige was mir hier Spaß macht und mich aus meinem Trott und meinem Alleine-fühlen etwas raus ziehen kann, ist der Musikunterricht alle zwei Wochen.
Durch die Ferien, Arbeits- und Lernstress und die ganzen Bewerbungen konnte ich jetzt über einige Wochen gar nicht hingehen. Ich hab mich so sehr auf morgen gefreut wenn es wieder so weit ist...und BÄÄMMM...innerhalb weniger Stunden heute schwillt mein Hals zu, tut verdammt weh und ich krieg keinen Ton mehr raus. Ebenso auch meine Nase und mein Schädel brummt auch.
Das ist doch einfach nicht fair

Hallo Caninchen, ich bin überrascht, dass du in deinem jungen eben solche Probleme hast. Ich habe bereits ein längeres Arbeitsleben hinter mir und seit ca. 2 Jahren plagen mich in Abständen ähnliche Sorgen, wie Antriebslosigkeit, Lustlosigkeit und sehr oft irgendwelche körperlichen Befindlichkeiten. Jeder Arzt schiebt es auf die Psyche.Aber kein Mensch kann aus seiner Haut. Man kann nur lernen sich selbst zu erkennen. Auf seine Befindlichkeiten zu achten. Manchmal hilft es schon, wenn mal sich einmal alles aus der Seele schreiibt, wenn man niemanden zum zuhören hat. Gut gemeinte Ratschläge, wie das wird schon und eigentlich geht es dir doch gut, andere sind schlimmer dran, die kenne ich auch. Nur helfen tun die nicht. Wenn du Lust hast können wir uns ja ab und an mal schreiben, geteiltes Leid ist ja bekanntlich halbes Leid. Aber mal im Ernst, vielleicht kann ich dir ein bischen von meiner Geschichte erzählen, und es hilft dir vielleicht besser mit deinen Sorgen umzugehen.





Dr. Reinhard Pichler
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