Hallo Bailey,
Vorweg will ich dir erst mal sagen, dass es viele in deinem Alter gibt, die ähnliche Ängste und Gedanken habe wie du (ich selbst z.B.). Das ist also erst mal nichts Schlimmes und nicht etwas das nicht ,,normal‘‘ ist, damit bist du nicht allein. Außerdem bist du schon wesentlich weiter als andere, die in ähnlichen Situationen wie du stecken, du gehst in Diskos, Bars etc. und versuchst andere kennenzulernen und das alleine, dafür gebührt dir schon ne Menge Respekt. Hut ab. Das solltest du dir vielleicht mal selbst klar machen.
Zitat von Bailey:Schon immer habe ich mich mit Gleichaltrigen verglichen, was immer mehr dazuführte, dass ich mich immer schlechter fühlte. Ich erkannte, dass ich nicht normal war. Ich bin nicht die typische 19 Jährige, die jedes Wochenende einen draufmachen kann, einen riesen Freundeskreis hat und immer etwas zu tun hat. Meine Erfahrungen in Sachen Liebe sind recht gering und doch möchte ich sogern mehr erfahren.
Jep, das vergleichen kenne ich auch nur zugut, dass führt aber meistens nur dazu das du dich selbst als ,,schlechter als die anderen‘‘ einschätzt, was überhaupt nicht der Fall ist und was oftmals in einem Teufelskreis aus schlechten Gedanken endet. Denn letztlich weiß man nie, ob die Person mit der man sich gerade vergleicht, nicht genau die selben Ängste etc. hat, beziehungsweise was sie wirklich denkt, von einem hält.
Du sprichst hier von ,,normal‘‘ was ist das schon? Ist wirklich alles erstrebenswert, nur weil es offenbar als ,,normal‘‘ angesehen wird? Sollte man nicht sein Leben so leben, dass man selbst zufrieden ist und zu der eigenen Person stehen kann, unabhängig davon was andere dazu sagen? Der Weg dahin ist natürlich alles andere als leicht. Aber man darf niemals vergessen, dass man einzigartig ist und über positive Seiten verfügt, die die anderen halt nur noch nicht kennen .
Zitat von Bailey:Ist es nicht so, dass man neue Freunde über alte Freunde findet? Und nicht in einer Bar oder Disco? Ist es nicht normal, seine Freunde auf Feiern kennenzulernen? Geburtstagsparties, Silvester und sowas? Und genau das fehlt mir.
Kann ich gut verstehen, dass dir das fehlt, aber dort hört die Welt ja noch nicht auf .
Das sind alles nur Möglichkeiten die du aufzählst, aber nicht das eine und wahre Patenrezept für jede Person, denn auch in der Schule, Arbeit, Kino, Theater, Lesungen, auf der Straße, Kochkursen, Sportvereinen (wo du ja bereits anknüpfen willst), politischen Organisationen oder sonst wo. Halt an Orten wo Menschen sind, die deine Interessen teilen, denn so ergeben sich Gemeinsamkeiten und Anknüpfpunkte. Aber ich denke das weißt du bereits alles .
Zitat von Bailey:Bspw. wenn samstags ein guter Film im TV kommt, hätte ich den früher immer angeschaut. In letzter Zeit ist es aber so, als dürfte ich das nicht. Als ob ich diesen Tag bzw. diesen Abend verschwendet habe. Ich frage mich dann immer: Andere 19 Jährige würden an deiner Stelle nicht den Film anschauen, sondern feiern gehen mit ihren Freunden und dann überkommt mich das furchtbar schlechte Gewissen und ich denke mir meine Mutter hat Recht, ich nutze sowas nur als Ausrede um nicht fortgehen zu müssen.
Lass dir von der Einsamkeit niemals diktieren, was du zu tun, bzw. was du zu lassen hast, denn das ist meiner Meinung nach der falsche Weg. Du bist der Steuermann/frau deines ,,Bootes‘‘, auf dem Meer deines Lebens, und nicht die Einsamkeit also deine Gefühle, Ängste, Erwartungen, Hoffnungen, Erfahrungen sind zwar ein Teil deiner Crew und sie sind unentbehrlich, aber leider geben sie manchmal nicht so tolle Ratschläge. Wenn man jedoch versucht sich konstruktiv und differenziert mit ihnen auseinander zu setzen, dann können sie zu einem guten Gelingen beitragen. Und es gibt ebenfalls auch Jugendlich die sich lieber den Film anschauen, als in die Disko zu gehen oder statt Disko ins Theater, Kino etc. Vielleicht hilft dir das in solchen Situationen, wenn dir das bewusster ist :
Zitat von Bailey:Heute habe ich meinen Eltern meine Sorgen gebeichtet; eigentlich wollte ich dabei nicht heulen wie ein Kleinkind, aber ich war so verzweifelt. Meine Mutter sagte mir, dass ich nur noch vor dem PC sitze, schon seit der Realschule und einfach nicht schwatzhaft genug bin. Dass man mir einen roten Teppich ausrollen müsse und die Menschen mir in den Ar*** kriechen müssen. Ich war sehr erschrocken und fassungslos, noch immer begreife ich nicht so recht, dass sie sowas gesagt hat. Mit dem PC wird sie wohl Recht haben.
Wieder ein sehr wichtiger Schritt den du getan hast und alleine das du ihn gemacht hast, zeigt doch wieder das du aktiv versuchst was zu verändern. Denn den Eltern sein Leid zu beichten ist leider verdammt schwer (war es zumindest auch für mich), weil man sie nicht enttäuschen will bzw. sie nicht belasten will. Die Reaktion deiner Eltern ist leider nicht so ,,toll‘‘ ausgefallen und das kann einen echt runterziehen. Aber auch hier solltest du dir klar machen, was du geschafft hast und wie ,,stark‘‘ du eigentlich bist.
Vielleicht solltest du aber auch noch versuchen, deinen Sorgen einer neutraleren Person zu ,,beichten‘‘, die diese aufgrund seiner eigenen Geschichte wahrscheinlich ganz anders aufnehmen wird und dir vielleicht für dich ,,bessere‘‘ Ratschläge geben kann. Wer das sein soll, dass kannst nur du selbst entscheiden, auch ,,professionelle Hilfe‘‘ kann man ganz ungezwungen in Anspruch nehmen, ohne sich schämen zu müssen oder dergleichen.
Zitat von Bailey:Ich wollte nie wahrhaben, dass ich so jemand sein kann, der in der Welt fast völlig alleine ist.
So eine Lebensphase (ich betone hier bewusst Phase – also ein temporärer Lebensabschnitt), kann einen ebenso erfahrener und reifer werden lassen. Denn wer ,,Einsamkeit‘‘ einmal selbst erlebet und durchlebt hat wird meiner Meinung nach später offener mit dem Thema umgehen können und ein Stück selbst-reflexierender leben können. Solch eine Phase hat nicht nur schlechte Seite und dem sollte man sich ,,immer‘‘ bewusst sein, denn sonst versperrt man sich selbst den Blick auf Chancen, die einem eine einseitig Negative Sicht niemals ermöglichen würde.
Zu guter letzt:
Vielleicht solltest du in Momenten in denen du dich einsam fühlst versuchen, deine Gedanken aufzuschreiben um diese einerseits bewusster zu verarbeiten und dich andererseits dadurch abzulenken. Außerdem würde dir das die Möglichkeit geben, diese Gedanken in einem ,,für dich besserem Gemütszustand‘‘ zu reflektieren und nachzuvollziehen. Denn oftmals weiß man meiner Meinung nach überhaupt nicht, was man ,,da alles denkt‘‘. Ebenso kannst du auf Basis dieser Gedanken versuchen, deine Gedanken dementsprechend Stück für Stück umzustellen, sodass du mit solchen Situationen besser zurecht kommst und sie verändern kannst. Ob dir so etwas hilft, kannst du nur durch ausprobieren herausfinden, denn ein Patenrezept gibt es nicht, weil wir nun mal alle unterschiedlich sind (glücklicherweise ).
Ich hoffe mein Gebrabbel hat dir ein bissel geholfen.
Mfg Sushi