Zitat von Yuna1976: Ich kann mir 2 Tage lang, die Augen verbinden und versuchen so, in meinem Leben zurecht zu kommen.
Das würde mich das Leben eines blinden Menschen, vielleicht minimal, besser verstehen lassen, währe aber vermutlich noch himmelweit vom wirklichen Begreifen seines Lebens entfernt!
Das ist finde ich nochmal was ganz anderes, weil man so eine körperliche Beeinträchtigung schon ganz gut simulieren kann. Genau so kann man sich mal ein paar Tage nur im Rollstuhl bewegen oder sich die Ohren zustopfen.
Das körperliche kann man zumindest in Ansätzen ganz gut nachvollziehen, was das – vor allem auf Dauer und mit dem Wissen, dass das nicht nur vorübergehend ist – mit der Psyche macht ist natürlich nochmal was ganz anderes
Und das ist auch der Unterschied zu psychischen Problemen: blind sein oder nicht gehen können, kann man als gesunder zumindest zeitweise simulieren. Wie aber soll jemand der sowas nicht kennt das Gefühl dauerhaft übersteigerter Angst oder Depression nachvollziehen?
Wenn ein Blinder sagt, da kann ich nicht hergehen dann kann man als Sehender ganz schnell nachvollziehen, warum das wohl so ist. Und selbst da gibt es manchmal Probleme (aber in der anderen Richtung), wenn nämlich Gesunde meinen körperlich behinderte wären zu gar nichts in der Lage.
Wenn dagegen jemand mit Depressionen sagt, ich schaffe es nicht aufzustehen und mich anzuziehen, dann wird es für einen Aussenstehenden schwierig das nachzuvollziehen, weil Arme, Beine und Augen ja soweit funktionieren.
Aber es geht beim Umgang mit Gesunden (oder umgekehrt) auch gar nicht so sehr um das Verstehen oder Nachempfinden, sondern darum dem anderen zu
glauben und seinen Zustand / seine Gefühle zu
akzeptieren.
Man muss sich als Gesunder gar nicht in den Kranken hineinversetzen können, aber ihm glauben dass sein Zustand in dem Maße belastet wie er selbst sagt. Und da entstehen gerne Konflikte, wenn nämlich
der Gesunde dem Kranken die Kompetenz abspricht, seinen Zustand einzuschätzen und so mit seiner Krankheit umzugehen wie er es in dem Moment für richtig hält. Zitat von Yuna1976: Woher weiß ich nun, bzw. inwiefern kann ich mir jemals sicher sein, wirklich verstanden worden zu sein?
Ganz ehrlich werde ich eher misstrauisch, wenn mir jemand sagt er versteht mich.
Wenn mir aber jemand (sinngemäß!) zu verstehen gibt: Ich kann deine Gefühle nicht nachvollziehen, aber glaube dir dass es dir grade so oder so geht und nehme darauf Rücksicht., fühle ich mich gut damit.