@Brettspiel
Das ist schwer zu erklären. Man braucht eigentlich gute Vorbilder, wo man das mal live gesehen hat, wie man gut unterstützen kann.
Ich habe das ja auch erlebt. Es gibt immer so die zwei Strömungen bei Laien und bei Profis:
Die eine Gruppe geht voll auf diese Gefühlssachen ab und dann werden Gefühle zum Leitfaden für alles genommen. Und die andere Gruppe will alles nur über Logik und Aktivierung schaffen.
Und was es halt braucht, ist der Mittelweg. Man braucht viel Fingerspitzengefühl und Taktgefühl, oft auch Humor, um situativ gut zu reagieren. Manche trauen sich auch nicht, was zu sagen... Es könnte ja falsch sein... Manche Leute haben panische Angst, dass sie vielleicht die ganze Sache noch schlimmer machen könnten. Aber es braucht eben auch Mut, dass man sich vor traut, in Eigenregie was versucht.
Und klar, diese Empfehlungen gibt es. Die sind auch gut gemeint. Aber man muss das im Kontext sehen. Man kann auch einen depressiven Menschen irgendwann nicht mehr immer nur mit der Welt verschonen. Wir haben da draußen eine Leistungsgesellschaft und die will was von uns. Und so wie ein Fuchs auf weiter Flur morgens aufstehen muss und seine Beute jagen muss, damit er sich ernähren kann, so müssen Menschen ihren Lebensunterhalt erarbeiten. Und das ist Fakt und das bedeutet, dass die Depression auch mal überwunden werden muss. Und auch Therapeuten und Ärzte und das Umfeld werden - wenn sie vernünftig sind - auch dann mit der Zeit wieder Druck machen. Man kann die Leute nicht einfach nur in Watte packen und nur immer Kuscheln. Das funktioniert eben nicht.
Ich mache mal ein Beispiel:
Meine Mutter war schwer depressiv. Wenn sie morgens nicht hochkam, kam meine Schwester und hat ihr die Bettdecke weggezogen (war im Spaß) und hat gemeint: Guck' mal, wie schön es draußen ist. Zeit zum Aufstehen!. Und meiner Mutter hat das gestunken. Dann wollte sie erst recht nicht aufstehen. Das war zu viel Druck. Meine andere Schwester hat nur gemeint: Dann soll sie eben liegen bleiben. Kann man nix machen. und hat sich auch nich mehr drum gekümmert.
Und ich bin zu ihr morgens und hab' sie gefragt, ob sie schon aufstehen mag. Dann hat sie immer gesagt, dass sie noch liegen bleiben will. Und ich hab' dann gesagt:Dann bleibst Du noch ein bisschen liegen. Und ich mache Dir jetzt erst mal einen guten Kaffee. Was magst Du denn zum Frühstück? Ich mach's Dir. Du kannst schön im Bett frühstücken.. Und dann habe ich sie in Ruhe gelassen und mich in der Küche nützlich gemacht. Ich habe dann Kaffee gekocht und wusste, wenn es überall nach Kaffee duftet, dann kommt sie von allein unter der Decke vor und dann haben wir zusammen gefrühstückt, ich habe mich mit ihr unterhalten, nebendran saßen die Tiere und haben auch gefrühstückt. So habe ich sie jeden Morgen langsam angeschoben, ohne dass es als spürbarer Druck vorhanden war. Aber das kostet Zeit und Geduld und Kraft. Und weil das so ist, wollen viele Menschen um uns herum, dass ein depressiver Mensch einfach wieder so funktioniert wie früher. Aber so einfach geht das nicht.
Es gibt kein Schema F, sondern es ist eine individuelle Sache. Und ob Dein Kind 5, 15 oder 25 ist, es bleibt Dein Kind. Und eigentlich können es die Eltern immer noch am besten, dem Kind den Weg durch die Welt zeigen.
Ich muss das als multipler Mensch ja auch machen. Mit komplexen Traumafolgestörungen hat man lauter Kindanteile in sich, depressive Anteile in sich und man muss lernen, wie man die führt und aus der Depression auch raus führt.
Das sind Lernprozesse auf beiden Seiten, Eltern und Kind müssen lernen mit der neuen Gefühlslage so umzugehen, dass es wieder heil wird. Unterstützung zu bieten, ohne jemanden abzuschreiben und ohne ihn zu überfordern ist der richtige Weg. Und das gut zu machen, ist gar nicht leicht.
Ich finde es immer dann besonders schlecht gemacht, wenn die Leute ihre eigenen Gefühlslage auf den anderen umlegen. Das eigene Gefühlsleben muss man komplett abstellen, wenn man sich um einen anderen kümmern will. Wenn ich jetzt z.B. mit Deiner Tochter reden würde, würde ich für diese halbe Stunde meine eigenen Bedürfnisse oder Ängste komplett abstellen und mich nur auf sie konzentrieren. Das können aber ganz viele Menschen nicht und deswegen sind sie so untaugliche Helfer. Wenn ich jemand anders gut helfen will, dann muss ich mich komplett in ihn reinversetzen und das Eigene abschalten. Was ich mit ins Gespräch nehmen kann, sind mein Wissen und meine Erfahrungswerte, aber nicht meine eigenen Bedürfnisse und nicht meine Sorgen oder Angst. Man muss durchlässig sein für die Not des Anderen, aber man darf nicht mitertrinken.
Ich weiß nicht, ob ich das nachvollziehbar erklären konnte? Es geht eben drum, dass man den anderen in der Erkrankung wahrnimmt, aber ihm auch zutraut, dass er sich da wieder rausfindet. Und das muss man vermitteln und auch Strategien, wie man das konkret macht.
Fremdhelfer sind immer die schlechtere Alternative. Besser ist es, wenn Familie und Freunde einen auffangen und aufrichten. Nur da, wo das versagt, da braucht es dann Therapeuten und Ärzte. Die Profis kommen, wenn es das persönliche Umfeld vergeigt hat.
Das ist schwer zu erklären. Man braucht eigentlich gute Vorbilder, wo man das mal live gesehen hat, wie man gut unterstützen kann.
Ich habe das ja auch erlebt. Es gibt immer so die zwei Strömungen bei Laien und bei Profis:
Die eine Gruppe geht voll auf diese Gefühlssachen ab und dann werden Gefühle zum Leitfaden für alles genommen. Und die andere Gruppe will alles nur über Logik und Aktivierung schaffen.
Und was es halt braucht, ist der Mittelweg. Man braucht viel Fingerspitzengefühl und Taktgefühl, oft auch Humor, um situativ gut zu reagieren. Manche trauen sich auch nicht, was zu sagen... Es könnte ja falsch sein... Manche Leute haben panische Angst, dass sie vielleicht die ganze Sache noch schlimmer machen könnten. Aber es braucht eben auch Mut, dass man sich vor traut, in Eigenregie was versucht.
Und klar, diese Empfehlungen gibt es. Die sind auch gut gemeint. Aber man muss das im Kontext sehen. Man kann auch einen depressiven Menschen irgendwann nicht mehr immer nur mit der Welt verschonen. Wir haben da draußen eine Leistungsgesellschaft und die will was von uns. Und so wie ein Fuchs auf weiter Flur morgens aufstehen muss und seine Beute jagen muss, damit er sich ernähren kann, so müssen Menschen ihren Lebensunterhalt erarbeiten. Und das ist Fakt und das bedeutet, dass die Depression auch mal überwunden werden muss. Und auch Therapeuten und Ärzte und das Umfeld werden - wenn sie vernünftig sind - auch dann mit der Zeit wieder Druck machen. Man kann die Leute nicht einfach nur in Watte packen und nur immer Kuscheln. Das funktioniert eben nicht.
Ich mache mal ein Beispiel:
Meine Mutter war schwer depressiv. Wenn sie morgens nicht hochkam, kam meine Schwester und hat ihr die Bettdecke weggezogen (war im Spaß) und hat gemeint: Guck' mal, wie schön es draußen ist. Zeit zum Aufstehen!. Und meiner Mutter hat das gestunken. Dann wollte sie erst recht nicht aufstehen. Das war zu viel Druck. Meine andere Schwester hat nur gemeint: Dann soll sie eben liegen bleiben. Kann man nix machen. und hat sich auch nich mehr drum gekümmert.
Und ich bin zu ihr morgens und hab' sie gefragt, ob sie schon aufstehen mag. Dann hat sie immer gesagt, dass sie noch liegen bleiben will. Und ich hab' dann gesagt:Dann bleibst Du noch ein bisschen liegen. Und ich mache Dir jetzt erst mal einen guten Kaffee. Was magst Du denn zum Frühstück? Ich mach's Dir. Du kannst schön im Bett frühstücken.. Und dann habe ich sie in Ruhe gelassen und mich in der Küche nützlich gemacht. Ich habe dann Kaffee gekocht und wusste, wenn es überall nach Kaffee duftet, dann kommt sie von allein unter der Decke vor und dann haben wir zusammen gefrühstückt, ich habe mich mit ihr unterhalten, nebendran saßen die Tiere und haben auch gefrühstückt. So habe ich sie jeden Morgen langsam angeschoben, ohne dass es als spürbarer Druck vorhanden war. Aber das kostet Zeit und Geduld und Kraft. Und weil das so ist, wollen viele Menschen um uns herum, dass ein depressiver Mensch einfach wieder so funktioniert wie früher. Aber so einfach geht das nicht.
Es gibt kein Schema F, sondern es ist eine individuelle Sache. Und ob Dein Kind 5, 15 oder 25 ist, es bleibt Dein Kind. Und eigentlich können es die Eltern immer noch am besten, dem Kind den Weg durch die Welt zeigen.
Ich muss das als multipler Mensch ja auch machen. Mit komplexen Traumafolgestörungen hat man lauter Kindanteile in sich, depressive Anteile in sich und man muss lernen, wie man die führt und aus der Depression auch raus führt.
Das sind Lernprozesse auf beiden Seiten, Eltern und Kind müssen lernen mit der neuen Gefühlslage so umzugehen, dass es wieder heil wird. Unterstützung zu bieten, ohne jemanden abzuschreiben und ohne ihn zu überfordern ist der richtige Weg. Und das gut zu machen, ist gar nicht leicht.
Ich finde es immer dann besonders schlecht gemacht, wenn die Leute ihre eigenen Gefühlslage auf den anderen umlegen. Das eigene Gefühlsleben muss man komplett abstellen, wenn man sich um einen anderen kümmern will. Wenn ich jetzt z.B. mit Deiner Tochter reden würde, würde ich für diese halbe Stunde meine eigenen Bedürfnisse oder Ängste komplett abstellen und mich nur auf sie konzentrieren. Das können aber ganz viele Menschen nicht und deswegen sind sie so untaugliche Helfer. Wenn ich jemand anders gut helfen will, dann muss ich mich komplett in ihn reinversetzen und das Eigene abschalten. Was ich mit ins Gespräch nehmen kann, sind mein Wissen und meine Erfahrungswerte, aber nicht meine eigenen Bedürfnisse und nicht meine Sorgen oder Angst. Man muss durchlässig sein für die Not des Anderen, aber man darf nicht mitertrinken.
Ich weiß nicht, ob ich das nachvollziehbar erklären konnte? Es geht eben drum, dass man den anderen in der Erkrankung wahrnimmt, aber ihm auch zutraut, dass er sich da wieder rausfindet. Und das muss man vermitteln und auch Strategien, wie man das konkret macht.
Fremdhelfer sind immer die schlechtere Alternative. Besser ist es, wenn Familie und Freunde einen auffangen und aufrichten. Nur da, wo das versagt, da braucht es dann Therapeuten und Ärzte. Die Profis kommen, wenn es das persönliche Umfeld vergeigt hat.
07.03.2023 13:28 • #61