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Hallo,

ich bin völlig verzweifelt. Mir geht es so schlecht wie noch nie. Ich würde behaupten dass ich mittlerweile eine schwere Depression entwickelt habe. Ich war schon in Therapie, möchte aber jedoch gerne wechseln. Ich will jetzt auch Antidepressiva nehmen die mein Psychiater mir verschrieben hat. Vorher habe ich es mit Johanneskraut versucht, hat aber nix gebracht. Jedenfalls bin ich völlig hilflos, habe mittlerweile starke Suizidgedanken entwickelt, wofür ich mich auch schäme. Die genauen Ursachen kenne ich nicht, jedoch hatte ich damals schon eine depressive Phase nach einer Trennung und irgendwann zum Ende meiner Ausbildung ging es wieder los. Denke mal der viele Stress, viele Selbstzweifel, Prüfungswiederholung usw. haben mich depressiv gemacht, hatte weniger Appetit, war lustlos und konnte keine Freude groß empfinden. Der Zustand wurde aber dann zum Ende letzten Jahres schlimmer und ab Februar 2024 war dann der absolute Tiefpunkt. Es kamen noch Ereignisse dazu mit denen ich nicht fertig werde. Wo ich mich selbst verurteile, wo ich mich schäme, Dinge die ich einfach nicht akzeptieren kann, extrem viele Trigger.
Ich habe niemanden etwas getan, aber ich fühle mich so schlecht. Dazu kamen noch Dinge die schon lange zurückliegen, die mich jetzt auf einmal triggern. Auf all das liegt gerade der Fokus obwohl das ja nicht die Ursache ist.
Es gibt sogar eine Stadt die mich extrem triggert, einfach weil dort einige Ereignisse geschehen sind. Es ist völlig bescheuert aber so empfinde ich nun mal. Hab das Gefühl nicht mehr in diese Stadt fahren zu können, weil Erinnerungen wieder hochkommen die mich triggern. Ich wünschte so sehr, ich könnte meine Vergangenheit zum Teil auslöschen oder ungeschehen machen. Ich weiß natürlich dass das nicht geht, aber ich werde damit einfach nicht fertig auch wenn ich nie etwas schlimmes oder so getan habe. Noch dazu gibt es einen Menschen den ich kennengelernt habe aus dieser Stadt, den ich einfach nicht vergessen kann. Die Zeit die ich mit ihm hatte, hat mich zumindest ein wenig aus dem Loch herausgeholt. Wir hatten viele Gemeinsamkeiten, denselben Lieblingsmusiker, die selben Ansichten geteilt usw, sowas hatte ich noch nie. Jetzt kann ich meinen Lieblingsmusiker nicht wirklich hören, weil es mich triggert. Jedenfalls ist er jetzt fort, keinen Kontakt mehr, einfach wie verschwunden aus meinem Leben. Ich ertrage das einfach nicht, dass ich ihn nicht mehr sehen werde. Es fühlt sich an als könnte ich nichts mehr erwarten vom Leben, als ob es nichts mehr gebe worauf ich mich freuen kann. Ich lebe noch bei meinen Eltern mit 23, aber ich wäre nicht in der Lage alleine zu wohnen, geschweige denn arbeiten zu gehen. Das alles macht mir so viel Angst. Ich habe viele Träume und Ziele aber es fühlt sich an als wären diese unglaublich weit entfernt oder als könnte ich diese nicht mehr erreichen. Ich habe keine Kraft mehr irgendwas anzugehen, aber ich will auch nicht aufgeben. Denn ich weiß um meine Talente und Stärken und will was erreichen. All das für was ich schwärmte, konnte ich mit diesem Mann teilen, jetzt wo er weg ist kann ich es gefühlt nicht mehr tun. Weil ich es nicht mehr mit ihm teilen kann oder mich triggert. Meine Vergangenheit stört mich einfach und sie nimmt so einen großen Raum ein. Ich kann das Leben nicht mehr genießen, es ist einfach nur zu einer Qual geworden. Ich ziehe mich zurück weil ich mich schäme und mich von anderen nicht unter Druck setzen lassen möchte. Es gibt nur noch schlechte Tage bei mir. Habe dazu auch schon Panikattacken entwickelt. Ich schäme mich irgendwie für meine Vergangenheit vor meinen Mitmenschen obwohl es eigentlich Quatsch ist. Ich sehe kein Licht mehr am Ende des Tunnels. Ich lebe zum Teil in einer Illusion weil ich die Realität nicht mehr wahrhaben will. Ich ekel mich vor mir selber und stehe völlig neben mir. Ich spüre, dass ich Dinge gemacht habe die gar nicht zu mir passen, Situationen die ich am liebsten ungeschehen machen würde. Wenn ich hier die genaueren Problematiken beschreiben würde, würde es vielleicht niemand nachvollziehen können, aber auch so kann ich es nicht. Weil ich denke meine Gedanken sind dumm.
Entschuldigt dieses Wirrwarr aber ich bin ziemlich durcheinander. Vielleicht habt ihr Tipps wie ich mit all dem umgehen kann oder fertig werde. Das wäre super lieb.

Ich danke euch

03.05.2024 11:52 • 05.05.2024 #1


9 Antworten ↓


Liebe Elli,

ich kann Dir nachfühlen.
Und deshalb mag ich Dir sagen, dass Du Dich nicht schämen musst.

Für mich klingt das sehr nach einer Traumafolgestörung. Und sowas geht nicht einfach weg. Sowas ist sehr belastend, vor allem wenn es unbearbeitet ist.

Du hast gefragt, ob jemand einen Tipp hat. Zufällig habe ich einen
Du kannst Dich an eine (Frauen-)Beratungsstelle wenden. Dort kannst Du Vertrauen fassen und dann offen reden. Wenn Du soweit bist.
Eine Therapie hat oft lange Wartezeiten und ich sehe Deine Not und denke deshalb, Du brauchst jetzt schnell eine Unterstützung.
Beratungsstellen sind kostenlos und anonym.

Ich habe ganz viele Traumatisierungen erlitten und bin auch in einer Fachberatungsstelle. Wenn Du magst, kannst Du mir per PN Deinen Wohnort sagen und ich suche Dir (Fach/Frauen-)Beratungsstellen raus.
Oder Du googlest selber.
Du bekommst schnell einen Termin und ich denke, dass Dir da eine ganz große Last von den Schultern fallen wird.
Ich würde es Dir auf jeden Fall wünschen

A


Vergangenheit belastet mich, totale Verzweiflung

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@Zinny Erstmal vielen lieben Dank für deine Nachricht!
Ich weiß nicht so wirklich ob das eine Traumafolgestörung ist. Ich könnte mir nicht erklären woher das kommen soll. Ich denke mein Problem ist eher die Akzeptanz von der Vergangenheit, die mir wie aktuell erscheint und mir jegliche Kraft raubt. Trotzdem danke, ich werde mich mal erkundigen.

Ich hoffe dir geht es mittlerweile auch besser und die Fachberatungsstelle hilft dir!

Naja, triggern bedeutet für mich, dass es eine heftige Reaktion auslöst. Wenn Du nicht mehr eine Stadt besuchen kannst, weil Dich das fix und fertig macht....wenn Du Dich permanent für alles schämst...nicht drüber reden kannst...Das deutet auf eine Posttraumatische Belastungsstörung hin. Und die geht nicht von alleine wieder weg. Du brauchst dafür einen sicheren, geschützten Ort, an dem Du beginnen kannst, das aufzuarbeiten. Denn Du hast versucht, es einfach so hinzukriegen und das hat ja nicht funktioniert, oder?

Mir hilft die Fachberatungsstelle sehr. Deshalb wünsche ich Dir, dass Du auch sowas findest, damit Du schnell jemanden hast, der mit Dir wieder ein bisschen Lebensgefühl aufbauen kann.

@Zinny Ja das macht schon irgendwie Sinn...Darauf wäre ich wohl nie gekommen dass das eine PTBS sein könnte...Ich hab mich schon immer gewundert, warum gewisse Sachen mich so derartig belasten, wo andere da gar keine Probleme mit hätten.

Leider finde ich nicht wirklich was im Internet, zumindest weiß ich nicht ob das die richtigen Anlaufstellen sind.

@Elli510
Wenn Du möchtest, melde Dich gerne per PN. Oder schreib es hier. Wie Du magst.

Es gibt einmal Psychosoziale Beratungsstellen/Lebensberatungsstellen, die oft von Caritas oder Diakonie sind. Oder von einem Trägerwerk oder so.
Dann gibt es auch Frauenberatungsstellen, die nur für Frauen sind und oft einen Schwerpunkt auf Gewalt-Themen haben.
Und dann gibt es noch ganz spezielle Fachberatungsstellen für z.B. Opfer sexualisierter Gewalt.

Alternativ kannst Du beim Sozialpsychiatrischen Dienst anrufen (die sitzen oft auch im Gesundheitsamt) und da nachfragen, wohin Du Dich wenden kannst. Die kennen sich in Deiner Umgebung dann aus.

@Elli510 Du solltest dir zuallererst einmal vor Augen führen, dass all diese Belastungen von Selbsthass über Gewissensbisse bis hin zu
diesem dich vereinnahmenden Gefühl der Hoffnungslosigkeit und destruktive Gedanken (darunter auch suizidale) als Symptom einer klassischen Depression betrachtet werden können, ebenso wie ein trockener Husten bei einer Lungenentzündung auftritt oder das rote Auge bei einer Bindehautentzündung. Diese Symptome birgt jede/r Betroffene und somit sollten sie auch losgelöst von deiner Wenigkeit, sprich von der Person, welche du vor Eintritt der Erkrankung warst, identifiziert werden. Klingt ziemlich pragmatisch, ich weiß, ist aber so. Dazu verlangt diese Erkrankung, auch wenn es dir momentan schier unmöglich erscheint, vor allem eines: Geduld.
Aber die wirst du zweifelsohne aufbringen können, da bin ich mir sicher.

Es handelt sich um keinen immerwährenden Zustand, das kann ich dir mit Sicherheit sagen. Alle Prozesse um uns herum vergrößern die Entropie, es wird also zwangsläufig zu Veränderungen kommen, die gerade durch eine fachmännisch begleitete Herangehensweise (Therapien, Medikamente, Sport,…) positiver ausfallen werden als du dir aktuell auszumalen vermagst.

Ich bin selbst betroffen und erreichte meinen Tiefpunkt Anfang des Jahres, bis ich mich im Februar/März in professionelle Hände begab. Depressionen äußern sich natürlich nicht bei jedem gleich: Ich selbst bin ein ziemlich agitierter Typ, der sich auch in den schlimmsten Phasen abzulenken versuchte, sei es mit exzessivem Lernen oder auch Sport. Das Ganze tat ich in dem Wissen, dass gerade diese quälende Hoffnungslosigkeit als objektiver Indikator für das Vorhandensein einer schweren Depression gedeutet werden kann. Natürlich hegte ich auch existentialistische Gedanken, zweifelte die Sinnhaftigkeit im Tun von Dingen an, begann sogar, die Realität infrage zu stellen. Doch bin ich alles in allem sehr rational veranlagt, was mir hier durchaus zugute kam, konnte mir also praktisch vorstellen, dass ein dysreguliertes Transmittersystem (platt gesagt) einem sich stets verändernden
Mechanismus unterliegen muss, sich angeeignete Gedankenmuster theoretisch wie eine alte Datei überschreiben lassen können, dieser Zustand also irgendwann ein Ende haben wird.
Derzeit nehme ich Escitalopram ein, mache seit kurzem eine Verhaltenstherapie. Die Stimmungseinbrüche und auch vorhandene Ängste wurden weniger, auch wenn ich sporadisch durchaus noch am verzagen bin - aber ich ersticke nicht mehr, bin in der Lage, mich wieder mit meiner Zukunft zu befassen, Leute zu treffen, mein Leben im Ansatz zu leben.

Lass dir Zeit und sei nachsichtig mit dir selber. Wenn du dir den Arm brichst, begibst du dich in eine Schonhaltung und haust nicht noch mit dem Hammer auf die Bruchstelle.

@Jakob02 Vielen Dank für deine ausführliche und fachliche Antwort. Es gibt mir ein wenig Hoffnung, auch wenn man es in der Depression nicht sieht, dass es irgendwann wieder besser wird. Es ist einfach nur die Hölle. Ich denke es passiert einfach schnell, dass man sich mit der Depression komplett identifiziert und plötzlich jede Kleinigkeit ganz schlimm erscheint.

Ich wünsche dir viel Kraft und alles Gute für die nächste Zeit!

Hallo Elli,

Zitat von Elli510:
Jedenfalls bin ich völlig hilflos, habe mittlerweile starke Suizidgedanken entwickelt, wofür ich mich auch schäme.


Zitat von Elli510:
Ich habe niemanden etwas getan, aber ich fühle mich so schlecht.


natürlich bist Du gar nicht hilflos. Deswegen versuche Dich bitte von Suizidgedanken zu befreien.
Und da Du nichts Schlimmes getan hast, brauchst Du Dich auch nicht zu schämen.
Ich verstehe aber sehr gut, dass Dich einiges sehr belastet.

Zitat von Elli510:
Es kamen noch Ereignisse dazu mit denen ich nicht fertig werde. Wo ich mich selbst verurteile, wo ich mich schäme, Dinge die ich einfach nicht akzeptieren kann, extrem viele Trigger.

Da Du nicht darüber sprichst, was Dich so belastet, ist es schwierig Dich bei Deinen Gedanken zu
unterstützen.

Zitat von Elli510:
Ich wünschte so sehr, ich könnte meine Vergangenheit zum Teil auslöschen oder ungeschehen machen. Ich weiß natürlich dass das nicht geht,

Du hast Recht. Die Vergangenheit gehört zu unserem Leben. Erinnerungen können wir nicht löschen.
Wir können aber versuchen, Erinnerungen, die uns belasten versuchen trotzdem, dass sie uns belasten
zu akzeptieren.
Das fällt manchmal sehr, sehr schwer.

Zitat von Elli510:
Es fühlt sich an als könnte ich nichts mehr erwarten vom Leben, als ob es nichts mehr gebe worauf ich mich freuen kann.

Es fühlt sich nur so an. Ein langes, hoffentlich zufriedenes Leben liegt jetzt bestimmt noch vor Dir.

Zitat von Elli510:
Ich habe viele Träume und Ziele aber es fühlt sich an als wären diese unglaublich weit entfernt oder als könnte ich diese nicht mehr erreichen.


Nicht alle Deine Träume werden erreichbar sein. Viele aber garantiert schon. Wer kann sich schon
wünschen, wie sein Leben verlaufen soll?

Zitat von Elli510:
Ich lebe zum Teil in einer Illusion weil ich die Realität nicht mehr wahrhaben will.


Bedeutet dies, Du hast schon erkannt, dass Träume und Illusionen helfen aber auch manchmal
Schaden anrichten können?

Zitat von Elli510:
Meine Vergangenheit stört mich einfach und sie nimmt so einen großen Raum ein. Ich kann das Leben nicht mehr genießen, es ist einfach nur zu einer Qual geworden.


Bitte versuche nicht so oft auf Deine Vergangenheit zurückzuschauen. Schau mehr nach vorn.
Dann sollte es Dir bald besser gehen. Ein wenig Zeit wird es allerdings benötigen, bis es Dir merklich
besser gehen wird.

@Elli510 Ich glaube, dass es manchmal hilfreich sein kann, die Dinge objektiv und isoliert von den inhärenten Gefühlsregungen zu betrachten. So stellt sich in diesem Kontext nämlich auch die Frage, ob jene Empfindungen nicht einfach neutral assoziiert werden können, ohne dass ihnen eine große Bedeutung beigemessen wird. Das funktioniert fraglos nicht von jetzt auf gleich, erst recht nicht, wenn noch externe Belastungen dazukommen. Dennoch solltest du dich einfach mehrmals am Tag auf den Balkon/die Terrasse begeben, stumpf den Himmel anstarren und deinen Fokus auf die Wolken, vorbeiziehende Vögel,… lenken. Das lenkt ab! Was mir zusätzlich hilft, ist die körperliche Lokalisation meiner Gefühle - das macht den negativen Beigeschmack dieser fast schon nichtig, gerade wenn mich dieses Schweregefühl in der Brust, ein Druck hinter den Augen oder ein Kloßgefühl im Hals überkommt/überkommen.
Zu wissen, dass lediglich mein Vagusnerv potentiell überaktiv ist und dies nun kein Indiz für depressive Gedanken sein sollte, kann für die eigene psychische Verfassung echt förderlich sein. Dein Körper will dir ja nichts „Schlechtes“.

Gerne stehe ich für einen Austausch zur Verfügung. Sollte deinerseits noch Redebedarf sein, dann kannst du mich auch privat kontaktieren.
Zu erwähnen gilt natürlich trotzdem, dass ich kein Therapeut bin und hier nur aus eigenen Erfahrungen und auf Basis von Fachberichten berichte.

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Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl
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