Ich befinde mich zurzeit in einer scheinbar ausweglosen Lage und weiß nicht, wie ich weiter machen soll. Vor circa zwei bis drei Jahren fing ich an, mich häufiger grundlos erschöpft und unmotiviert zu fühlen. Ich begann, mich als einen Versager zu sehen, der zu nichts zu gebrauchen ist. Neben der starken allgemeinen Lustlosigkeit kam dazu, dass ich mich immer mehr abschottete, vorher normale Dinge wie Freizeit Aktivitäten und sich mit Freunden zu treffen wurden immer schwerer. Meine Eltern haben sich ständig gestritten, ich erinnere mich kaum noch an Zeiten in denen wir eine glückliche Familie waren. Die Streitereien gingen so weit, dass meine Eltern sich so anbrüllten dass ich Angst hatte, sie könnten sich gegenseitig etwas antun. Die Situation wurde immer belastender für mich, vor allem wenn ich mit bekam dass wir Kinder ein Grund für außeinandersetzungen waren.
Ich verbrachte kaum noch Zeit zuhause, war eigentlich jeden Tag unterwegs und bin oft stundenlang durch den Wald gelaufen, nur um nicht zuhause sein zu müssen. Irgendwann beschloss ich, dass sich etwas ändern musste, da ich merkte, wie ich bereits daran zerbrach. Ich stellte meine Eltern vor die Wahl: Entweder einer der beiden zieht aus oder ich gehe. Bis diese Drohung ihre Wirkung erzielte, musste ich sie mehrmals aussprechen, aber innerhalb von anderthalb Monaten hatte mein Vater seine eigene Wohnung. Ich dachte, in gewisser Weise würde es mir nach einer bestimmten Zeit besser gehen, aber ab diesem Punkt begann die Verzweiflung, die ich vorher gespürt hatte, sich in Antriebslosigkeit und Trauer zu verwandeln. Ab hier begann für mich die Zeit, in der der Alltag schwieriger wurde, und an manchen Tagen fühlte ich mich einfach zu schwach um zur Schule zu gehen. Ich begann, viele alltägliche Sachen wie Zähneputzen oder Aufräumen oder Hausaufgaben zu vernachlässigen. Dieses Vernächlässigen begann bereits vor der endgültigen Trennung meiner Eltern denke ich, allerdings kam danach dieses Gefühl der Hoffnungslosigkeit, das mich noch weiter hinab zog. Durch mein häufigeres Fehlen und meine kaum noch vorhandene Motivation Hausaufgaben zu machen geschweige denn zu lernen, war ich schließlich kurz davor, sitzen zu bleiben. In dieser unklaren Zeit, in der ich nicht wusste, wie das schulische leben weiter gehen würde, wurde die Verzweiflung immer größer.
Ich fühlte mich wie ein totaler Versager und kurz davor, aufzugeben. Als ich erfuhr, dass ich knapp versetzt wurde, wurde mir klar, dass ich das nur einem Lehrer zu verdanken hatte. Er hätte allen Grund gehabt, mir eine schlechtere Note zu geben und damit meine Wiederholung des Schuljahres zu bewirken. Ich nehme an, er tat dies nicht, um mir noch eine Chance zu geben. Ich war glücklich und während der Sommerferien fest entschlossen, meine Chance zu nutzen und im nächsten Jahr zu zeigen, was ich konnte. Nach einigen Wochen oder Monaten stellte sich aber auch diesmal wieder die Hoffnungslosigkeit ein und die quälende schwere im Alltag, welche wiederum eine Verschlechterung der Noten mit sich brachte. Eine Veränderung gab es allerdings, ich befand mich nun in einer Phase in der es Tage gab, an denen ich mich nicht nur nicht im Stande sah, die Schule zu besuchen, sondern es nicht einmal mehr schaffte, vor 11 Uhr das Bett zu verlassen. Meine Freunde versuchten oft, mir zu erklären, wie wichtig es sei, dass ich in die Schule gehe. Ich weiß, dass sie sich nur Sorgen machten und mir nur helfen wollten, doch bei mir löste das das Gefühl aus, ich sei einfach faul und sei selbst verantwortlich für mein schlechtes Befinden, was mir im Endeffekt nicht half, sondern mich nur dazu brachte, mich noch mehr von der Gesellschaft und meinen Freunden abzukoppeln. Das war auch der Zeitpunkt, an dem ich begann, mir Ausreden einfallen zu lassen, um mich nicht mit ihnen zu treffen. Es ist keineswegs so dass mir diese Menschen nichts bedeuten; ich wollte einfach die Konfrontation mit meiner vermeintlichen Faulheit vermeiden. Dazu kam, dass ich Angst hatte, während der Zeit mit meinen Freunden in ein stimmungstief abzurutschen, denn niemand sollte merken wie schlecht es mir wirklich ging.
Außerdem fing der Alltag an, zu einer großen Belastung zu werden, und wenn ich es schon geschafft hatte, in die Schule zu gehen, wollte ich mich selbst nicht überstrapazieren, da ich wusste, dass ein Abend allein zuhause für mich viel einfacher war, als einen Abend mit Freunden zu verbringen. Ich schäme mich dafür, sie anzulügen, aber manchmal war dies der einzige Weg, mich einigermaßen aufrecht zu erhalten. Gegen Ende des Schuljahres fehlte mir irgendwann jegliche Kraft, ich konnte mich nur noch vereinzelt in die Schule quälen. Ich hätte auch dieses Schuljahr gerade so geschafft, doch ich entschloss mich dazu, zu wiederholen. Ich war der Meinung, ein Abi, in dem man gerade so durchkommt, ist nicht wirklich hilfreich und nichts wert. Ich wollte einen kompletten Neuanfang, ich beschloss, zu wiederholen und nach den Sommerferien mein bestes zu geben. Die ersten Tage waren gut, ich fühlte mich relativ wohl, auch wenn alles neu war. Nach circa einer guten Woche merkte ich allerdings, wie anstrengend das alles neue doch für mich war. Auch wenn die neuen Leute und die neue Umgebung nicht schlecht war, so fühlte ich mich doch unwohl, weil ich plötzlich das Gefühl bekam, nicht stark genug zu sein. Bereits nach einer Woche fühlte ich mich kaum im Stande, den Druck, der vermeintlich von der Schule ausgeht, auszuhalten. Ich wollte mir nur einen Tag Pause gönnen, ich glaubte, wenn ich einen Tag zuhause blieb und versuchte, mich zu entspannen, würde ich neue Kraft haben, um in die Schule zu gehen und den Alltag zu meistern. Bis ich bemerkte, dass dies nicht so war, fehlte ich bereits drei Wochen in der schule. Ich bin nun seit mittlerweile 5 Wochen zuhause und bekomme jetzt zusätzlich noch probleme, weil ich noch keine Entschuldigung vorgelegt habe. Da ich nun volljährig bin, brauche ich bereits ab drei Tagen eine ärztliche Entschuldigung.
Ich war allerdings nur dreimal in der ganzen Zeit beim Arzt und habe Entschuldigungen für ein oder zwei Tage. Als Grund für mein Fehlen habe ich mein Asthma angegeben, was mir tatsächlich ein wenig Probleme in den letzten Wochen bereitet hat, die allerdings nicht ausreichen, um ein Fehlen von 5 Wochen zu begründen. In den letzten Tagen bekam ich einen Anruf, dass ich einen Eintrag in meine schulakte bekommen würde und ein Gespräch mit meinen Eltern von Nöten sei. Nach dem Telefonat fühlte ich mich komplett aussichtslos und die letzte Hoffnung verschwand. In den folgenden Stunden war ich total verzweifelt, wusste nicht was ich machen soll. Ich versuchte, an die frische Luft zu gehen und mich abzulenken, aber der Gedanke, der Wunsch, dass es einfach aufhört, ging nicht weg. Ich habe für circa eine halbe Stunde darüber nachgedacht, mein Leben nicht zu beenden. Nicht wegen des Telefonats; das war nur die Sache, die mich an die Ausweglosigkeit erinnerte. Ich weiß, dass ich eigentlich nicht sterben will. Ich will leben, ich will ein glückliches Leben haben. Abgesehen davon zerfetzt mich innerlich der Schmerz, den ich fühle, wenn ich daran denke, was ich manchen Menschen damit antue wenn ich gehe. Vor allem bei meinem Vater, um den ich mir sowieso Sorgen mache, weiß ich nicht, was das auslösen könnte. Ich würde so gern leben, aber andererseits will ich unbedingt, dass es aufhört, so zu sein, wie es im Moment ist. Ich will nichts besonderes sein, sondern einfach nur normal. Ich wünsche mir nichts mehr, als ein normales Leben zu haben, aber ich habe das Gefühl, keine Kontrolle mehr über mich selbst und meine Gedanken zu haben, ich habe das Gefühl, mir entgleitet Schritt für Schritt die Kontrolle und egal was ich mache, ich verschlimmere meine Situation und ziehe mich immer tiefer rein. Ich habe solche Angst, in die Schule zu gehen, ich weiß nicht wie ich weitermachen soll.
Ich habe die Idee, bei meinem Lungenfacharzt anzurufen und mir eine Art Bescheinigung ausstellen zu lassen, dass es aufgrund meiner Asthma Erkrankung zu schulischen Ausfällen kommen kann. Ich weiß, dass solche Bescheinigungen ausgestellt werden, da ich vor einigen Jahren bereits eine bekommen hatte, allerdings bezweifle ich, dass diese als Entschuldigung für mehrere Wochen gewertet wird. Im Moment sehe ich keine andere Möglichkeit und hoffe, nun eine solche Bescheinigung zu bekommen. Ich weiß, dass es nicht richtig ist, die Erkrankung vorzuschieben, aber ich habe mir erst vor einigen Wochen eingestehen können, dass es mir nicht gut geht und ich es nicht alleine schaffe und Hilfe brauche. Ich habe dann einen Termin bei einer psychosozialen Beratungsstelle ausgemacht, dieser ist allerdings erst nächste Woche und ich muss vorher wieder die Kraft finden, in die schule zu gehen. Ich hätte direkt zu meinem Hausarzt gehen sollen und über meine Probleme reden sollen, ich weiß dass mir da geholfen worden wäre.
Das Problem ist außerdem, dass mir im Nachhinein ja kein Attest ausgestellt werden kann und ich wirklich Angst vor den Reaktionen meiner Lehrer habe, da keiner weiß was wirklich mit mir los ist, das ich nicht einfach nur faul bin, sondern dass ich Probleme habe, dass es mir wirklich nicht gut geht und ich Hilfe brauche. Mir noch von allen Lehrern Vorwürfe machen zu lassen, ich weiß nicht ob ich das schaffe. Ich bin jetzt schon mit meiner Kraft am Ende, auch wenn mir der Termin nächste Woche einen kleinen Schimmer Hoffnung gibt, dass alles gut wird. Meine Frage nun am Ende dieses endlos langen Textes ist, ob ihr ähnliche Erfahrungen teilen könnt oder Tipps habt, wie ich die Zeit bis zu dem Termin wenigstens überbrücken kann, so dass es reicht um in die Schule zu gehen?
27.09.2017 08:22 • • 27.09.2017 x 1 #1