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Hallo zusammen,

ich lese schon eine Weile bei euch mit und habe mich nun angemeldet, um meine Erfahrungen teilen zu können und um Rat zu fragen.

Ich habe rezidive schwere Depressionen - diagnostiziert Mitte 2019, leiden tue ich allerdings schon sehr viel länger darunter. In Behandlung kam ich durch einen Schicksalsschlag, der das Fass zum überlaufen gebracht und einen kompletten Zusammenbruch (psychisch und körperlich) bewirkt hat.

Anfang 2020 war ich stationär in Reha und anschließend für knappe 2 Jahre in Gesprächstherapie.

Ich habe in 2,5 Jahren für zwei längere Zeiträume Sertralin in den Dosen 50-150mg genommen. Beim zweiten Mal habe ich keine Wirkung mehr gehabt, dafür dauerhafte Nebenwirkungen.

Nun bin ich eine ganze Zeit lang ohne Medikamente ausgekommen - vermeintlich! Seit mehreren Monaten ging es mir zunehmend schlechter, sodass ich letztlich wieder zur Psychiaterin gegangen bin. Ich nehme nun Venlafaxin und habe von 37,5mg (2 Wochen, 1-0-0) auf 75mg (seit 3 Wochen, 1-0-0) aufdosiert. Bis auf wenige absolut aushaltbare Nebenwirkungen zu Anfang, komme ich sehr gut damit zurecht. Die Dosierung soll bis mind. 150mg angehoben werden.

Nun aber zu meinem eigentlichen Anliegen: ich lese und höre immer viel von emotionaler Leere und Abgestumpftheit unter Venlafaxin (auch anderen AD).
Ich bin durch meine Depression aber sowieso dauerhaft im Zustand, dass ich mich innerlich tot fühle. Meine Hoffnung war, dass neben der Antriebssteigerung auch meine Gefühle wieder etwas aktiviert werden.

Kennt jemand diese Situation? Und hat vielleicht noch den ein oder anderen Rat für mich?
Oder hat jemand Erfahrungen mit Venlafaxin in diesem Kontext?

Vielen lieben Dank vorab und einen schönen Abend!
Laura

21.09.2023 20:26 • 05.08.2024 x 3 #1


7 Antworten ↓


Hey Laura,

willkommen im Forum, schön, dass Du Dich angemeldet hast.
Ich habe keine Erfahrungen mit Venlafaxin, aber ich möchte Dich ermutigen, dass diese Phase bald enden wird.
Medikamente lösen derartige Empfindungen eher nicht aus, es ist nur vermeintlich leichter, es an die Medis abzugeben.
Ich denke, dass du vermutlich über einen langen, anstrengenden Zeitraum den Zugang zu Deinen Gefühlen verloren hast bzw. zu einem Lebensstil, der Dir das Gefühl der Lebendigkeit gibt.
Das braucht viel Zeit und Ausprobieren, um dies wiederzuentdecken - bei mir auch. Und es hat sich wie ein vorsichtiger Sonnenaufgang nach einer sehr langen Nacht angefühlt. Sie kommt

A


Depression Innere Leere - auch vor AD

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Hallo Niko,

lieben Dank für deine Nachricht und die aufmunternden Worte.
Eine schöne Vorstellung von der aufgehenden Sonne, die langsam das Dunkel durchbricht

Sehr richtig, wie du die Situation einschätzt. Den Zugang zu meinem Selbst und meinen Gefühlen habe ich schleichend über viele Jahre verloren. Nach der Reha hatte ich ein paar sehr gute Wochen, in denen ich mich wieder frei und lebendig gefühlt habe. Ich stand sozusagen im gleißenden Sonnenlicht! Habe dann auch einige große Schritte gewagt und mein Leben auf den Kopf gestellt. Aber leider hat mich der Alltag wieder eingeholt und ich habe nicht ausreichend an den eigentlichen, tiefgreifenden Problemen arbeiten können. Auch durch eine Therapeutin, die nicht gut gepasst hat und die übrigen Herausforderungen der letzten 3 Jahre.

Aber der Anfang ist gemacht, das Venlafaxin steigert bereits meinen Antrieb und ich bin nicht mehr dauerhaft erschöpft. Bald werde ich sicherlich neue Wege finden und mich auch um eine geeignetere Therapie kümmern können.

Zitat von HerzausEis:
ich lese und höre immer viel von emotionaler Leere und Abgestumpftheit unter Venlafaxin (auch anderen AD).

Dann müßte ich schon sehr lange ein Zombie sein! Emotionale Abgestumpftheit würde ich mir sogar wünschen, da die bei mir in der Regel immer zu stark und intensiv waren und sind, egal was ich nehme. Aber ich lebe noch und das ist inzwischen ganz in Ordnung, habe für mich meinen Weg und meine Balance gefunden. Ohne ADs hätte ich niemals die innere Ruhe dafür bekommen, die man dafür braucht.

@Windy das ist gut zu hören und macht mir Mut! Für mich ist diese jahrelange innere Leere das Allerschlimmste! Ich war ein sehr emotionaler und empathischer Mensch, nun fühle mich wie tot. Aber da kann man sehen, wie unterschiedlich belastend beides sein kann.

@HerzausEis

Es gibt keine innere Leere, das was du wahrnimmst ist innere Stille, die dein Körper von alleine einnimmt, da er lange Zeit überlastet wurde und so wieder ein Gleichgewicht herstellen möchte. Die innere Stille ist die Grundlage für Offenheit und ohne sie, kann sich nichts entfalten. Kommt bei dir schon auch wieder, brauchst nur viel Geduld.

@HerzausEis wie geht es dir jetzt?

@154455 danke der Nachfrage!

Mir geht es aktuell ein wenig besser. Das Jahr war geprägt von Hochs und Tiefs. Nach dem letzten sehr hohen Hoch (im Rahmen meiner sehr eingeschränkten Empfindungen) kam ein abgrundtiefes Tief, das mich selbst so erschreckt hat, dass ich die Therapeutensuche nochmal in Angriff genommen habe. Habe bis jetzt zwei von drei Sprechstunden gehabt und bin gespannt wie es danach weitergeht.
Habe in den zwei Stunden mehr geweint als im ganzen letzten Jahr und hoffe, dass ich durch die Hilfe Bewegung in meine Starre bekomme.

Ansonsten hat sich an meiner inneren Stille nicht viel getan, ich bin bei Venlafaxin 150mg, vertrags sehr gut und habe zumindest an den meisten Tagen Antrieb genug, um meinen Alltag zu schaffen.

Aber die Grundproblematik kann eben nur durch Therapie angegangen werden und ich hoffe sehr, dass es weitergeht. Der neue Therapeut passt nämlich sehr gut.





Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl
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