Lieber Infantrist,
Das, was du beschreibst, beobachte ich in meinem Studiengang auch ganz oft. Ich studiere an einer Uni mit hohem Frauenanteil, und mir fällt oft auf, dass die Jungs zwar von Mädels umgeben sind (auf einen Jungen kommen hier über 10 Mädels - zumindest in meinen Kursen!) aber sie sitzen meist unter sich bzw. wenn sie sich Mädels annähern, dann nur auf rein freundschaftlicher Basis. Die Mädels sind aber teilweise auch etwas biestig finde ich, beziehen die Jungs oft nicht ein oder ignorieren sie gar völlig etc.
Ich hab also als unbetroffener Beobachter das Gefühl dass du mit dem Problem absolut nicht alleine bist. (Vielleicht tröstet dich das ja ein wenig.)
Verabschieden solltest du dich von diesen Wenn..dann-Ängsten oder dem Vergleichen. Wie eine Beziehung endet, ob gut oder schlecht und ob sie schön wird oder nicht, das kann am Ende keiner sagen. Es gibt kein Patentrezept für eine gelungene Beziehung, es gibt auch keine Sicherheit dafür, dass es klappt oder dass man glücklich damit wird. Das ist ja das verteufelte an den Beziehungskisten: Dass man ins eiskalte und trübe Wasser springen muss und nur hoffen kann, dass es gut geht. Sicher kann man selbst Einfluss nehmen, kann gute oder nicht so gute Bedingungen schaffen für die Beziehung. Aber ob's klappt oder nicht, das weiß keiner von Anfang an. Darüber nachzudenken, oder überhaupt den Ausgang einer Beziehung zu überdenken obwohl man noch nicht mal eine hat, das ist im wahrsten Sinne des Wortes verschwendete Liebesmüh.
Versuch, mehr in Etappen zu denken. Musste ich auch erst lernen, aber seitdem geht's mir viel besser, meine Art Beziehungen zu führen ist viel lockerer. Wenn du in die fünfte Klasse kommst denkst du ja auch nicht sofort ans Abitur, das ist viel zu weit weg. Genau so beim Ansprechen von Frauen. Da denkt man nicht sofort an eine Beziehung, sondern erst mal nur ganz klein. Wie man in der Schule jede einzelne Klasse für sich bestehen muss um weiter zu kommen kann man auch das Kennenlernen und eine Beziehung in Etappen sehen. Als erstes Etappenziel zum Beispiel: Ansprechen und ein interessantes oder nettes Gespräch führen. Zweites Etappenziel: Handynummer ergattern. Drittes Etappenziel: Kontakt aufnehmen und vertiefen. Viertes Etappenziel: Ihr zeigen, dass du Interesse an mehr hast. Und immer so weiter.
Wenn du an eine Frau ran gehst mit dem Gedanken an Beziehung oder Trennung im Hinterkopf, dann legst du dir selber eine massive Belastung auf die Schultern. Die kannst du gar nicht tragen, das ist ja fast schon von Vornherein zum Scheitern verurteilt.
Wenn du an ein Mädel heran trittst mit dem kleinen Ziel eines netten Gesprächs -und nicht mehr!- dann bist du viel lockerer, das ist viel einfacher zu verwirklichen, das zwingt dich nicht in die Knie bevor du überhaupt damit anfangen kannst.
Oft scheitert man im Leben deswegen, weil man seine Ziele zu hoch steckt oder sich Alles zu einem Berg zusammen schaufelt, den man dann gar nicht mehr bewältigen kann. Das ist nicht nur bei Beziehungen so, sondern auch bei vielen anderen Dingen.
Denk kleiner. Bürde dir selber nicht so viel Last auf. Mach kleine Schritte.
Der Weg ist das Ziel. Flirten und Ansprechen kann man genau so gut lernen wie Fahrradfahren. Wer Smalltalk gut beherrscht, der tut sich meist auch beim Flirten nicht schwer. Denn da redet man ja nicht über Persönliches oder Intimes. Beim ersten Kennenlernen beschnuppert man sich nur. Zeigt also Interesse, indem man nachfragt, gibt aber auch Eckdaten über sich selber Preis, streut ein paar nette Kommentare und Witze ein. Das kommt bei Mädels eigentlich immer gut an. Beim Flirten redet man viel, ohne wirklich was zu sagen. Erst diese Woche wurde ich im Zug von einem Jungen angesprochen und hab mich mit dem 20 Minuten lang unterhalten. Ich wusste danach nur, dass er arbeitet (nichtmal was eigentlich) und dass er 26 ist. Er wusste von mir, dass ich studiere und 22 bin. Den Rest haben wir mit Belanglosigkeiten und Banalitäten gefüllt. Und obwohl man sich schon 2 Stunden später nicht mehr daran erinnern kann, worüber man eigentlich genau geredet hat, bestimmen genau diese Banalitäten und Lückenfüller, ob man ein Gespräch positiv in Erinnerung hat oder eben nicht.
Mädels hören freilich auch unwahrscheinlich gerne, dass sie gut aussehen. Aber Hey, du siehst total toll aus kann platt wirken. Schöner: Hey, entschuldige dass ich so forsch bin und dich anspreche, aber du hast eine unglaublich tolle/positive/optimistische Ausstrahlung! oder deine Augen haben mich total fasziniert. Ach, da geht uns Frauen meistens das Herz auf Danach sofort nach Ausgehen zu fragen wirkt aber zu aufdringlich. Besser ist es, sich Zeit für ein bisschen Smalltalk zu nehmen und dann sowas zu sagen wie Ich würde dich ja gerne wieder treffen. Ich geb dir meine Handynummer, dann kannst du dich melden, wenn du mal Zeit hast. Damit überlässt du der Dame, ob sie sich melden möchte, das wirkt oft sehr gentleman-like. Und du bekundest dein Interesse, ohne durch genauere Angaben penetrant zu wirken.
Und wenn der Flirt doch nicht so endet wie du es gern gehabt hättest: Macht nix, betrachte es als Übung für spätere Aktionen. Oder hak es ab unter Zur falschen Zeit am falschen Ort. Meistens sieht man das Objekt der Begierde später sowieso nicht mehr wieder, so dass man auch keine große Angst haben muss sich zu blamieren.
Gut flirten kann man meiner Meinung nach an Orten, an denen sich Gesprächsstoff quasi von selbst anbietet. Mein Jagdgebiet war z.B. lange Zeit der Buchladen im Bahnhof. Die Jungs bei der englischen Literatur hatten schon mal ein Hobby mit mir gemein: Nämlich englische Literatur. Da fand sich eigentlich immer ein einfacher Einstieg und immer Gesprächsstoff für Smalltalk. Und wenn man sich näher kennen lernen wollte konnte man im Bahnhofscafe was trinken gehen, und wenn ich gemerkt hab, dass er doch nicht wirklich auf meiner Wellenlänge war hab ich mit der Ausrede Oh ich muss zum Zug immer ne super Fluchtmöglichkeit gehabt. Züge sind auch gute Orte zum Ansprechen. (Vielleicht pendelst du ja, dann bietet es sich absolut an, bei der Sitzplatzwahl in Zukunft die Augen offen zu halten.) Übrigens bin ich vor ein paar Jahren noch in der Gewissheit durch die Welt gekrochen, dass ich absolut unattraktiv, uninteressant und stinklangweilig wär. Einen Jungen anzusprechen wär mir vor 5 Jahren nicht im Traum eingefallen. Aber ich sag ja: Flirten kann man lernen. Und Übung macht den Meister
Was meinst du denn eigentlich damit, dass du nicht von deiner Ex weg kommst?
Liebe Grüße,
Bianca
06.06.2010 14:51 •
#2