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Hallo ihr.



Ich (w,19) habe vor ca. einem halben Jahr im Studium einen jungen Mann kennengelernt. Er hat mir schnell signalisiert, dass er an mir interessiert wäre. Wir haben uns drei, vier mal getroffen, dann war eine Weile Ruhe. Lange haben wir es dann doch nicht ausgehalten ohne einander. Wir haben viel geschrieben, uns in der Woche mindestens ein Mal gesehen. Irgendwann bin ich spontan zu ihm gekommen und dann war es passiert: das erste Kuscheln, der erste Kuss. Ich war völlig überfordert, weil ich noch keinerlei Erfahrungen hatte. Aber ich habe mich schnell daran gewöhnt, ihn für meine Verhältnisse oft zu sehen und ihn auch gern geküsst. Leider hatte ich Probleme, mit ihm über meine Gefühle und Ängste zu sprechen. Das liegt nicht an ihm. Das ist bei mir generell so. Ich möchte immer, dass alle mich mögen und habe daher Probleme, offen zu sagen, was ich denke. Dann habe ich angefangen mich immer wieder zu fragen: Mag ich ihn wirklich so? Passt er zu mir? usw. und immer mehr Dinge gefunden (u. wahrscheinlich gesucht), die nicht zu passen schienen. Die Zweifel haben sich so sehr gesteigert, dass ich immer hin und her geschwankt bin zwischen: mir geht es gut, ich bin verliebt und was mache ich hier überhaupt, ich will hier raus. Als ich das erste Mal bei ihm übernachtet hatte, ist mir alles zu viel geworden - die Nähe, ihn zu sehen, die Angst, dass alles fester wird. Ich habe ihm gesagt, ich wisse nicht, ob ich in ihn verliebt sei. Das war ein sehr schwieriges Gespräch, weil ich ihn natürlich immens verletzt habe. Wir haben uns erst einmal verabschiedet und nochmal in den Arm genommen. Da war sie nach einem Monat dann auch schon wieder so gut wie vorbei - die erste Beziehung, die etwas hätte werden können.



Die letzten paar Tage habe ich ihn schrecklich vermisst. Seinen Geruch, seine Berührungen, die Gespräche mit ihm, alles. Ich habe es kaum ausgehalten. Auch den Gedanken, ihm so wehgetan zu haben. Wo er so geduldig war, immer wissen wollte, ob alles in Ordnung ist. Ich hatte das Gefühl, ich muss ihm alles nochmal erklären - einfach, weil ich ihm seine Fragen nicht beantwortet hatte. Also habe ich alles aufgeschrieben, wollte ihm einen Brief geben. Das kam mir dann aber feige vor und unfair. Ich habe meinen letzten Mut zusammengekratzt - und ich hatte wirklich solche Angst - und ein Treffen vereinbart. Das war gestern. Und dann habe ich ihm endlich alles erklärt. Dass ich Angst hatte. Welche Zweifel ich hatte. Welche Gefühle. Er hat mir von seinen Gedanken erzählt, war ganz ruhig, nicht böse. Ich habe ihm erklärt, dass ich an mir arbeiten muss. Dass ich nächste Woche eine Therapie beginne. Es war das beste Gespräch, das wir die ganze Zeit über geführt haben. Ich hatte das Gefühl, ich kann mit ihm darüber reden, wer ich bin und wie ich mich fühle und das ist in den letzten Jahren nie passiert, mit niemandem.



Wir haben gemeinsam entschieden, uns erst einmal gar nicht mehr zu sehen. Für ihn, weil ihm das zu sehr weh tun würde. Und weil das das letzte ist, was ich will: ihm weh tun. Nach dem Gespräch habe ich mich absolut befreit gefühlt. Wir wussten zwar beide, dass wir eher so miteinander hätten reden müssen, aber ich glaube auch, mir wäre das nicht möglich gewesen. Gestern nach dem Gespräch habe ich mich also erstmal sehr gut gefühlt. Es war sehr befreiend, ihm das alles gesagt zu haben. Zu erfahren, dass er mich nicht verurteilt und trotz allem noch liebt. Dass ich mir seine Liebe nicht verdienen muss. Ich kannte das so nicht.



Aber jetzt vermisse ich ihn schrecklich. Seine Berührungen und sein Lächeln. Einfach, weil ich endlich jemanden gefunden habe, der mich zu verstehen scheint, wenn ich mit ihm spreche. Der sich wirklich interessiert. Und ich habe es schon kaputt gemacht, bevor es richtig angefangen hatte. Ich mache mir Vorwürfe deswegen.

Rational gesehen ist es wohl das Beste, mich erstmal darauf zu konzentrieren, diese Selbstzweifel loszuwerden, bevorBe ich eine Beziehung eingehe. Und er hat mir angeboten, dass der Kontaktabbruch nicht für immer ist. Aber ich vermisse ihn trotzdem schrecklich und wünsche mir so sehr, ihn doch wieder in meinem Leben zu haben. Ich fühle mich gerade so furchtbar einsam. Weil wir einander wohl beide irgendwie lieben und die Beziehung trotzdem beendet haben / beenden mussten.

24.03.2022 08:08 • 25.03.2022 #1


3 Antworten ↓


Oh je, das kenne ich zu gut.
Gerade den Drang, sich erklären zu wollen wenn man im Kopf irgendwas falsch gemacht hat. So ganz verstanden habe ich nur den Kontaktabbruch nicht. Das macht ihr, weil es ihm weh tut, das nix aus euch wird und er dich dann unter den Umständen nicht sehen kann?
In dem Fall hätte ich tatsächlich MIT ihm versucht, die Probleme in den Griff zu bekommen. Aber eben ganz langsam. Erstmal keine Übernachtungen, nur normale Treffen. Einfach ganz, ganz langsam angehen. Fakt ist: Ihr mögt euch und es ist letztendlich nichts schlimmes vorgefallen, warum man das nicht langsam ausbauen könnte. Natürlich kann es dann sein, dass es nicht funktioniert, aber ich bin immer für versuchen.

A


Beziehung kaputt gemacht durch Bindungsängste

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Ich würde das auch locker angehen, die Freundschaft pflegen, wenn du es nicht als Beziehung empfindest.
Du hast ja doch noch Gefühle für ihn...
Hast du vor etwas Angst, was er fordern könnte, wofür du noch nicht bereit bist ? Nur so als Idee.
Du sollst ihn ja auch nicht gleich heiraten

Hallo ihr zwei, danke für die Antworten Ich versuche mal, es näher zu erklären:

Wenn ich sage, dass ich ihn liebe, dann meine ich damit nicht unbedingt, dass ich richtig verliebt bin. Ich glaube schon, dass wir sehr gut zusammenpassen würden und ich ihn etwas mehr mag, als andere. Ich denke aber, die Liebe in einer Beziehung muss wachsen. Momentan hätte ich ihn gern erstmal als eine Art Freund, um den Druck rauszunehmen. Tatsächlich hatte ich starke Angst, er möchte etwas, wozu ich nicht bereit bin. Das ist rational auch für mich schwer nachvollziehbar.
Ich müsste also ganz langsam anfangen und vier Schritte zurückmachen. Er hingegen ist sehr verliebt und meinte, jetzt nochmal so etwas wie eine Freundschaft zu versuchen, hält er erstmal nicht durch. Das Gespräch, indem ich ihm gesagt habe, dass ich möglicherweise nicht verliebt in ihn bin, das klingt hier vielleicht erstmal als ob nichts Schlimmes vorgefallen ist, aber das tat ihm schon sehr weh. Weil er diesen Eindruck nicht hatte, glaube ich und ich mich lange nicht getraut habe, ihm die Wahrheit zu sagen, einfach, da ich ihm nicht weh tun wollte. Jetzt komm ich mir etwas doof vor deswegen.
Übrigens, die erste Pause die zwischen unseren Treffen lag ist so zustande gekommen, dass ich Angst bekommen hatte und zu ihm sagte, ich sei nicht bereit für eine Beziehung. dann hatten wir es als Freunde versucht und sind uns aber doch immer näher gekommen, bis ich völlig verwirrt und er verliebt war. Das war auch ein Punkt, warum wir lieber Abstand nehmen wollten. Wir hatten es ja schon einmal versucht als Freunde und zumindest für ihn hat das erstmal nicht geklappt.

Und weil ich ihm momentan nicht mehr versprechen kann, er aber so verliebt ist, wollen wir uns erst einmal nicht sehen. Das ist uns nicht leicht gefallen. Wir haben uns die Option offen gelassen, nochmal neu anzufangen, wenn sich alles etwas geordnet hat. Erstmal sind es noch knapp 1 1/2 Wochen, dann sehen wir uns unweigerlich in der Uni ab und an.

Dass ich ihn nicht heiraten muss und ich auch nein sagen kann, weiß ich rational gesehen. Trotzdem stellt sich bei mir bei enger werdenden Dingen ein Fluchtmechanismus ein. Ich möchte verstehen, warum das passiert und wie ich damit besser umgehen kann, bevor ich eine Beziehung zu ihm aufbaue. Damit ich mich ihm auch erklären kann und ihn nicht wieder ohne nähere Erklärung dastehen lasse.

Das alles läuft natürlich auf die Gefahr hin, dass es dann, nach dem Abstand, für einen neuen Versuch zu spät sein könnte. Das wäre schade, weil ich ihn - wie auch immer - gern in meinem Leben haben würde. Aber ich möchte von ihm keine erstmal nur Freundschaft verlangen, wenn ihm das momentan zu weh tut. Dafür ist er mir zu wichtig.

Ich hoffe, das macht irgendwie Sinn.





Dr. Reinhard Pichler
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