Hallo!
Wollte hier mal meine bisherigen Erfahrungen als psychisch kranker in der Arbeitswelt teilen.
Man wird ja immer wieder mit Stigmatisierungen und sonstigen Schwierigkeiten konfrontriert. Zum Jahreswechsel habe ich meine Geschichte seit meinem letzten Klinikaufenthalt aufgeschrieben.
Meine Erfahrungen als psychisch Kranker in der heutigen Arbeitswelt
Ende 2016 hatte ich eine Psychose. Zu der Zeit war ich seit knapp sieben Jahren bei einer sozialen Einrichtung in der Verwaltung beschäftigt.
Nach einem längeren Klinikaufenthalt beantragte ich bei der Agentur für Arbeit eine berufliche Reha. Mein Ziel war es, wieder fit für den Beruf zu werden. Der Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass ich keine drei Stunden arbeitsfähig sei.
Während des Klinikaufenthaltes bekam ich eine rechtliche Betreuung. Der Betreuer, ein Rechtsanwalt, drängte mich wiederholt, mein bestehendes Arbeitsverhältnis zu beenden und Erwerbsunfähigkeitsrente zu beantragen. Ich hätte ja bewiesen, dass ich nicht arbeitsfähig sei.
Gegen Ende 2017 beantragte ich dann eine medizinische Reha (RPK) bei der Rentenversicherung. Diese konnte ich dann im Mai 2018 beginnen. Im Rahmen der Reha absolvierte ich ein Praktikum in Oldenburg. Die Tätigkeiten waren ähnlich wie in meiner letzten Beschäftigung.
Nach drei Monaten Reha fand ein Gespräch mit dem Reha Berater der Rentenversicherung statt. Er stellte fest, dass ich für eine medizinische Reha zu stabil sei und ich daher so schnell wie möglich und vor allem nahtlos in eine berufliche Reha wechseln solle.
Er Empfahl mir das PAS Projekt in meinem Heimatort. Also beendete ich auf sein Anraten die Reha in Oldenburg und stellte mich bei dem PAS Projekt vor. Die Sozialpädagogin dort versicherte mir, dass mein Fall ziemlich klar sei und ich schon einmal mit der Suche nach einem Praktikumsplatz beginnen solle.
Ich müsse nur noch der Form halber einen Antrag bei der Rentenversicherung stellen. Dieser Antrag wurde dann mit der Begründung abgelehnt, ich sei in meinem alten Beruf voll Erwerbsfähig. Nach einem Wiederspruch über den Sozialverband wurde auch dieser abgelehnt.
Ein halbes Jahr nach der Ablehnung beantragte ich dann bei der Agentur für Arbeit erneut eine berufliche Reha. Diese wurde bewilligt und ich konnte im August 2019 in Bremen die MOVE Maßnahme beginnen.
Nach drei langen Monaten Theorie begann ich dann ein Praktikum bei der Werkstatt Bremen. Dort war ich in der Personalabteilung eingesetzt. Meine Aufgaben waren überwiegend Aushilfstätigkeiten wie Ablage und Ähnliches. Im Praktikumsvertrag war vereinbart, dass ich nach mindestens zwei Monaten Praktikum ein qualifiziertes Zeugnis erhalten solle. Darauf warte ich bis heute.
Als sich immer mehr herauskristallisierte, dass mir das Praktikum nichts bringt, begann ich mich anderweitig umzusehen. Gegen Ende des Praktikums teilte mir die für mich zuständige Mitarbeiterin noch mit, Sie sehe mich eher im Erwerbsunfähigkeitsbezug und nicht in der Arbeitswelt.
Als Anschlusspraktikum hatte ich mich bei der AWO Bremen beworben. Das dortige Vorstellungsgespräch war für mich eine regelrechte Demütigung. Die Personalchefin hat mich direkt nach meiner Diagnose gefragt. Nach mehrmaligem nachbohren eröffnete ich ihr dann, dass ich eine Psychose gehabt habe. Es kamen Aussagen von ihr wie zum Beispiel, dass dies keine Werkstatt für Behinderte sei und sie nicht jeden durchschleifen könnten. Ich sei aber ja anscheinend nicht einer von denen also könnten sie mir wahrscheinlich einen Praktikumsplatz anbieten.
Nach dem Gespräch ist mir regelrecht schlecht geworden, wie eine Chefin der Personalabteilung eines Betriebes der Sozialwirtschaft über psychisch kranke Menschen redet. Im Affekt schickte ich ihr eine E.Mail wo ich meinen Unmut Luft machte. Daraufhin rief sie meine Reha Begleiterin an und letztendlich musste ich mich noch bei ihr entschuldigen.
Als zweites Eisen im Feuer hatte ich noch die Lebenshilfe Bremen. Dort lief das Vorstellungsgespräch viel besser ab. Ich wurde respektvoll behandelt. Außerdem erhielt ich die Chance, mich in einem Praktikum zu bewähren. Über dieses Praktikum bin ich an meinen jetzigen Job mit 20 Wochenstunden gekommen. Bin etwas unterfordert und würde gerne mehr Stunden arbeiten aber für den Wiedereinstig ist dies gar nicht schlecht.
Mein Fazit ist, dass man es als psychisch kranker sehr schwer hat auf dem Arbeitsmarkt. Es wundert mich selbst, trotz dieser vielen Rückschläge nicht einfach aufgegeben zu haben. Besonders die Erfahrung in dem Vorstellungsgespräch gibt mir doch zu denken. Ohne Beharrlichkeit und ein etwas dickes Fell hätte mich die Suche nach einem Arbeitsplatz wieder richtig weit zurückgeworfen.
Wollte hier mal meine bisherigen Erfahrungen als psychisch kranker in der Arbeitswelt teilen.
Man wird ja immer wieder mit Stigmatisierungen und sonstigen Schwierigkeiten konfrontriert. Zum Jahreswechsel habe ich meine Geschichte seit meinem letzten Klinikaufenthalt aufgeschrieben.
Meine Erfahrungen als psychisch Kranker in der heutigen Arbeitswelt
Ende 2016 hatte ich eine Psychose. Zu der Zeit war ich seit knapp sieben Jahren bei einer sozialen Einrichtung in der Verwaltung beschäftigt.
Nach einem längeren Klinikaufenthalt beantragte ich bei der Agentur für Arbeit eine berufliche Reha. Mein Ziel war es, wieder fit für den Beruf zu werden. Der Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass ich keine drei Stunden arbeitsfähig sei.
Während des Klinikaufenthaltes bekam ich eine rechtliche Betreuung. Der Betreuer, ein Rechtsanwalt, drängte mich wiederholt, mein bestehendes Arbeitsverhältnis zu beenden und Erwerbsunfähigkeitsrente zu beantragen. Ich hätte ja bewiesen, dass ich nicht arbeitsfähig sei.
Gegen Ende 2017 beantragte ich dann eine medizinische Reha (RPK) bei der Rentenversicherung. Diese konnte ich dann im Mai 2018 beginnen. Im Rahmen der Reha absolvierte ich ein Praktikum in Oldenburg. Die Tätigkeiten waren ähnlich wie in meiner letzten Beschäftigung.
Nach drei Monaten Reha fand ein Gespräch mit dem Reha Berater der Rentenversicherung statt. Er stellte fest, dass ich für eine medizinische Reha zu stabil sei und ich daher so schnell wie möglich und vor allem nahtlos in eine berufliche Reha wechseln solle.
Er Empfahl mir das PAS Projekt in meinem Heimatort. Also beendete ich auf sein Anraten die Reha in Oldenburg und stellte mich bei dem PAS Projekt vor. Die Sozialpädagogin dort versicherte mir, dass mein Fall ziemlich klar sei und ich schon einmal mit der Suche nach einem Praktikumsplatz beginnen solle.
Ich müsse nur noch der Form halber einen Antrag bei der Rentenversicherung stellen. Dieser Antrag wurde dann mit der Begründung abgelehnt, ich sei in meinem alten Beruf voll Erwerbsfähig. Nach einem Wiederspruch über den Sozialverband wurde auch dieser abgelehnt.
Ein halbes Jahr nach der Ablehnung beantragte ich dann bei der Agentur für Arbeit erneut eine berufliche Reha. Diese wurde bewilligt und ich konnte im August 2019 in Bremen die MOVE Maßnahme beginnen.
Nach drei langen Monaten Theorie begann ich dann ein Praktikum bei der Werkstatt Bremen. Dort war ich in der Personalabteilung eingesetzt. Meine Aufgaben waren überwiegend Aushilfstätigkeiten wie Ablage und Ähnliches. Im Praktikumsvertrag war vereinbart, dass ich nach mindestens zwei Monaten Praktikum ein qualifiziertes Zeugnis erhalten solle. Darauf warte ich bis heute.
Als sich immer mehr herauskristallisierte, dass mir das Praktikum nichts bringt, begann ich mich anderweitig umzusehen. Gegen Ende des Praktikums teilte mir die für mich zuständige Mitarbeiterin noch mit, Sie sehe mich eher im Erwerbsunfähigkeitsbezug und nicht in der Arbeitswelt.
Als Anschlusspraktikum hatte ich mich bei der AWO Bremen beworben. Das dortige Vorstellungsgespräch war für mich eine regelrechte Demütigung. Die Personalchefin hat mich direkt nach meiner Diagnose gefragt. Nach mehrmaligem nachbohren eröffnete ich ihr dann, dass ich eine Psychose gehabt habe. Es kamen Aussagen von ihr wie zum Beispiel, dass dies keine Werkstatt für Behinderte sei und sie nicht jeden durchschleifen könnten. Ich sei aber ja anscheinend nicht einer von denen also könnten sie mir wahrscheinlich einen Praktikumsplatz anbieten.
Nach dem Gespräch ist mir regelrecht schlecht geworden, wie eine Chefin der Personalabteilung eines Betriebes der Sozialwirtschaft über psychisch kranke Menschen redet. Im Affekt schickte ich ihr eine E.Mail wo ich meinen Unmut Luft machte. Daraufhin rief sie meine Reha Begleiterin an und letztendlich musste ich mich noch bei ihr entschuldigen.
Als zweites Eisen im Feuer hatte ich noch die Lebenshilfe Bremen. Dort lief das Vorstellungsgespräch viel besser ab. Ich wurde respektvoll behandelt. Außerdem erhielt ich die Chance, mich in einem Praktikum zu bewähren. Über dieses Praktikum bin ich an meinen jetzigen Job mit 20 Wochenstunden gekommen. Bin etwas unterfordert und würde gerne mehr Stunden arbeiten aber für den Wiedereinstig ist dies gar nicht schlecht.
Mein Fazit ist, dass man es als psychisch kranker sehr schwer hat auf dem Arbeitsmarkt. Es wundert mich selbst, trotz dieser vielen Rückschläge nicht einfach aufgegeben zu haben. Besonders die Erfahrung in dem Vorstellungsgespräch gibt mir doch zu denken. Ohne Beharrlichkeit und ein etwas dickes Fell hätte mich die Suche nach einem Arbeitsplatz wieder richtig weit zurückgeworfen.
01.01.2021 21:58 • • 02.01.2021 x 2 #1
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