Und nochmal zur Erklärung meiner Worte:
Es ist mir wirklich ein Bedürfnis, Dir zu helfen, denn ich habe leider schon viel zu oft bei viel zu vielen Mitpatienten miterlebt, wo ein solches Verhalten hinführt, wenn man es nicht angeht: Es kann dazu führen, dass Du im schlechtesten Fall ein Leben in Angst verbringen wirst, immer neue Krankheitsängste entwickeln wirst, immer abhängig davon bleiben wirst, Dir von anderen Menschen Rückversicherung und Trost zu holen, die aber nie lang genug anhalten werden, wenn das eigentliche Problem nicht behoben wird. Es ist ein Teufelskreis, der durchbrochen werden muss.
Du hast Schlimmes erlebt, keine Frage, das ist furchtbar und das tut mir aus vollem Herzen sehr leid für Dich, mein ehrliches Beileid für all das, was Du durchleben musstest!
Jetzt gibt es ein Problem in der Gegenwart: Du hast Symptome entwickelt, sehr wahrscheinlich als Reaktion auf all diese Erlebnisse in Deiner Vergangenheit, und diese Symptome verursachen Dir heute Leid.
Jetzt sollte man ein bisschen sortieren und auseinanderhalten: Hier und Jetzt und Dort und Damals, Ursache und Wirkung/Symptom.
Jetzt schreibst Du selber, dass Du so sehr unter Deinen Krankheitsängsen leidest, dass Du so nicht weiterleben möchtest, sondern etwas ändern möchtest:
Zitat von Nate96: Ich will es ja ändern, ich will so ja nicht leben.
Das Gute ist: Das kannst Du auch. Es ist möglich, die Angstspirale zu durchbrechen. Wenn man offen und ehrlich an seine Probleme herangeht und sich ihnen stellt. Das eigene Verhalten mit offenen Augen reflektiert und nicht davor wegläuft, wenn man konfrontiert wird, sondern hinsieht.
Verstehen, wie Die eigenen dysfunktionalen Verhaltensmuster funktionieren und aktiv daran arbeiten, diese zu durchbrechen. Die Ursachen der Probleme angehen und bearbeiten, nicht (oder weniger) die Symptome.
Akzeptieren, dass das, was manchmal kurzfristig hilfreich erscheint, langfristig schädlich sein kann.
Wie jetzt z.B. in Deinem Fall: Immer wieder mit Krankheitsängsten Leute um Unterstützung bitten und sich Trost und Unterstützung holen, was kurzfristig dazu führt, dass Du Linderung erfährt, es Dir besser geht und Du Dich für einen Moment besser fühlst. Aber langfristig führt das dazu, dass Dein Gehirn nur lernt, dass nur andere Leute einem die Ängste nehmen und Trost spenden können. Langfristig entwickeln sich so dysfunktionale Denk-und Verhaltensmuster, die dazu führen, dass dieses Verhalten immer und immer wieder wiederholt wird. Fast wie bei einer Abhängigkeit zu andern Dingen/Substanzen: Kurzzeitig geht es einem besser, aber nur so lange, bis man den nächsten Schuss braucht. So entsteht oft lebenslanges Leid und Abhängigkeit.
Wenn man aber stattdessen kurzfristig den Schmerz aushält, nicht zu bekommen, was man eigentlich möchte, kurzfristig mit der Frustration und der Enttäuschung einen Umgang findet, das geliebte Suchtmittel/die Aufmerksamkeit/den Trost nicht von anderen Menschen zu bekommen, wenn man mit einem irrationalen Krankheitssymptom kommt, kann das langfristig dazu führen, dass man lernt, dieses ungesunden Teufelskreis zu durchbrechen. Das Gehirn kann umlernen, kann lernen, dass nicht Krankheit notwendig ist, um sich umsorgt und verstanden zu fühlen. Es lernt andernfalls sogar im schlechtesten Fall noch, dass Krankheit sich lohnt. Warum sollte es dann damit aufhören?
Das ist einer der Gründe, warum Therapeuten so sehr darauf achten, jegliches Rückversicherungsverhalten bei Patienten zu unterbinden. Und Patienten wegschicken und eben nicht versorgen, wenn diese dysfunktionales Verhalten zeigen.
Denn es verhindert oftmals, dass man sein eigenes Leben so umgestaltet, dass dieses Verhalten irgendwann nicht mehr notwendig sein wird. Was in den meisten Fällen bedeutet: Therapie machen (oftmals Trauma-Therapie) und sein eigenes Leben aktiv in die Hand nehmen und umgestalten.
So lässt sich der Kreislauf durchbrechen.
Ich wünsche Dir alles Gute!
LG Silver