Hi,
ich leide seit Februar 2021 unter starken Panikattacken mit dissoziativen Tendenzen, sowie einer Angststörung in Bezug auf Krankheiten.
Auslöser war wohl, dass ich 2019 innerhalb eines halben Jahres zwei Omas und einen Opa verlor, 2020 dann sehr unerwartet meine Schwiegermutter und einen Monat später - ebenfalls sehr unerwartet - meinen Dad. Beide während diesem leidigen Corona-Veitstanz, so daß sie in ihren letzten Momenten mutterseelenallein in einem Krankenhauszimmer lagen. Ein Bild, das mir bis heute Albträume beschert.
Ich trank in dieser Zeit sehr viel, ca. eine halbe Flasche Whisk. und einige Biere am Abend. Nach dem Tod meines Vaters erkannte ich, dass das kein Zustand war und ich beschloss vom Alk. Abstand zu nehmen. Ich trieb viel Sport, rauchte nicht mehr und trank nicht mehr. Bis Ende Februar 2021. Da meine Mutter umzog gingen wir die Sachen meines verstorbenen Vater durch. Und Bääääm - eiskalter Schweiß, Druck auf der Brust, Atemnot, extremer Schwindel, Pochen im Kopf, ein Blutdruck von 180/120 und Bewusstseinstrübungen.
Natürlich dachte ich sofort an einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Ich bat meine Frau, mich direkt in die Klinik zu fahren. Doch auf dem Weg legten sich die Symptome leicht und wir fuhren nach Hause, wo ich mich sofort ins Bett legte und einschlief. Dann ging der Tanz los. Jeden Tag Schwindel, Herzrasen, Druck im Kopf, dissoziative Episoden usw.
Meine Odyssee trieb mich vom Hausarzt zum HNO, zum Augenarzt, zum Herzspezialisten und schließlich ins MRT. Es wurde nichts gefunden, außer einer handfesten Diabetes, die ich mir wohl angesoffen hatte.
Psychosomatisch, idiopathisch...also bekam ich Opipramol, was mir nach einiger Zeit auch etwas half, doch der Schwindel, die Panikattacken blieben, wenn auch seltener und weniger ausgeprägt.
So lamentierte ich mich die letzten zwei Jahre durch, fing nach 5 Monaten wieder an Alk. zu trinken und zu rauchen - naja, es wurde ja ohne auch nicht besser und wenn ich angesoffen war, hatte ich wenigstens niemals Angst oder Sorgen.
Bis vor zwei Wochen mein bester Kumpel plötzlich aus dem Krankenhaus anrief und mir mitteilte, dass er nachts mit einem Herzinfarkt eingeliefert worden war. Er bekam 4 Stands gesetzt. Er ist 60, Raucher und trinkt auch gerne mal einen. Außerdem ist er manisch-depressiv. Aber er hat es gut überstanden, kam nach einer Woche wieder raus, ist nun in Reha.
Da bekam das Panikmonster auf meiner Schulter natürlich wieder einen ordentlichen Berg Futter aufgetischt. Seit dieser Nachricht geht es wieder hoch her, genauso wie ganz am Anfang. Hoher Blutdruck, dauerhafter Schwindel, Enge in der Brust, Druck im Kopf etc.
Am Freitag war ich beim Arzt, da das Blutdruckmessgerät wieder bei 180/120 stand. Er gab mir andere Blutdrucktabletten und Notfalltropfen.
Es reicht nur noch für das nötigste. Arbeiten so gut es geht (ich bin selbstständig), mich um die Familie kümmern und mit dem Hund Gassi gehen. Ansonsten verbringe ich den Tag in der Horizontalen mit der Blutdruckmanschette am Arm - genau wie in diesem Moment, da ich diese Zeilen schreibe. Alle 5 Minuten wird der Blutdruck gemessen und analysiert. Abweichende Werte werden mit einer Angstattacke und damit hohem Blutdruck belohnt. Eine selbst erfüllende Prophezeiung, ein Teufelskreis.
Früher war ich einem großen Outlaw-Motorradclub, bretterte mit der Harley durch die Prärie, züchtete Giftschlangen und ging auf die Jagd - heute fange ich an zu zittern, wenn ich beim örtlichen Discounter auf den Parkplatz fahre.
Ich habe mal zu meinem Sohn gesagt, es gibt nichts schlimmeres als Zahnschmerzen.. Da hatte ich mich geirrt. Psychische Leiden sind wesentlich marternder.
Danke fürs durchlesen und euch alles, alles Gute. Denkt dran, ihr seid nicht alleine. Wir sind viele. Leider.
Beste Grüße,
Dendroaspis
29.10.2023 22:26 •
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