Vorgestellt habe ich mich ja schon. Wie man da herauslesen konnte, wird bei mir eine Krankheitsangst sozusagen immer irgendwann von einer anderen abgelöst. Ist schon komisch oder? Vor zwei Wochen habe ich mir noch Sorgen gemacht, ich hätte mich mit HIV infiziert, weil ich vor ein paar Monaten mal Blut an meinem Arm entdeckt hatte, von dem ich nicht wusste, wo es hergekommen ist. Eigentlich hatte ich mir damals sozusagen selbst Entwarnung gegeben aber als mir der Vorfall dann vor ein paar Wochen (warum auch immer) wieder eingefallen ist, hatte ich plötzlich Angst, dass ich das Blut damals abgeleckt hätte (Ich muss dazu sagen, dass ich vor diesem Moment gerade mal eine kurze Phase von Sorglosigkeit erleben durfte; da hat sich mein Gehirn wohl gedacht, es muss schnell irgendwas ausgraben, um diese Phase wieder zu beenden. ).
Jedenfalls hatte ich dann irgendwann den Entschluss gefasst, doch einfach einen HIV-Test machen zu lassen. Schließlich war die 12-Wochen-Wartefrist schon lange vorrüber und dann würde ich, zumindest was diesen Vorfall betrifft, meine Ruhe haben. Mein Freund, der von meinen Phobien auch weiß, hielt dies zwar für unnötig, erklärte sich aber bereit, mich zum Gesundheitsamt zu begleiten. Was mir bei meinen Ängsten, mich auf irgendeine skurrile Weise mit HIV infiziert haben zu können übrigens immer gut geholfen hat, war, den vermeintlichen Risikokontakt meinem Freund zu schildern. Denn wenn er gelassen reagiert (was er bisher auch immer getan hat) bestätigt mir das, dass tatsächlich gar keine Gefahr vorgelegen hat, andernfalls würde er sich ja selbst einem Risiko aussetzen, schließlich verhüten wir nur mit der Pille.
Aber nun zu meinem aktuellen Schreckensszenario: Dem, dass ich im Dunkeln eine Fledermaus berührt habe, die mich gebissen hat und ich nun in ein paar Wochen elendig an der Tollwut zugrunde gehen werde.
Klingt noch lächerlicher als die HIV-Geschichte, nicht wahr? Aber meine Angst ist real und sie belastet mich doch sehr.
Gut, mittlerweile habe ich mich wieder einigermaßen berappelt und denke jeden Tag ein bisschen weniger an Tollwut (Irgendwie muss der Alltag ja auch weitergehen; schließlich hört die Welt nicht auf sich zu drehen, nur weil man grad mal wieder wegen irgendwas Panik schiebt.) aber dieses schwere, bedrückende Gefühl in meinem Unterbewusstsein ist nach wie vor sehr präsent.
Jedenfalls hat sich vorletzten Freitag folgendes zugetragen: Ich war bei meinem Freund. Dieser wohnt im Haus ganz oben im Dachzimmer. Auf zwei Seiten seines Zimmers ist in der Wand jeweils ein kleines Türchen, das in einen dachbodenähnlichen Nebenraum führt. Einen dieser beiden Räume nutzt mein Freund im Winter als Kühlschrank für Getränke, da sie nicht isoliert sind und es darin dementsprechend kalt ist.
Als wir Lust auf ein B. hatten, öffnete ich das Türchen zum besagten Raum. Der Bierkasten stand direkt dahinter, dennoch konnte ich aufgrund der Dunkelheit nicht viel sehen. Plötzlich (Ich weiß gar nicht mehr, wann genau.) spürte ich an der Hand, mit der ich in den Raum gegriffen hatte, eine Art Schmerz, den ich irgendwie nicht einordnen konnte. Als ich sie daraufhin auf Verletzungen untersuchte, sah ich nichts, also dachte ich mir, dass ich mir wohl etwas eingebildet haben musste. Als ich die Hand am nächsten Tag jedoch nochmal begutachtete, fand ich an einem Finger einen kleinen roten Punkt; eine etwas tiefere Wunde aber wirklich ganz klitzeklein. Wahrscheinlich hab ich mir die sogar erst nach dem Nebenraumvorfall zugezogen, weil mir so was unmittelbar danach ja nicht aufgefallen ist aber ich könnte sie ja auch erst übersehen haben.
Da ich mich aufgrund eines anderen Vorfalls ein paar Tage zuvor schon mit dem Thema Tollwut befasst hatte und ich weiß, dass Fledermäuse in Deutschland die einzigen Tiere sind, die als Überträger von Tollwut noch in Frage kommen, hatte ich nun Angst, dass in dem Raum vielleicht eine gelegen hatte, ich ihr mit meiner Hand zu nahe gekommen war und sie mich daraufhin gebissen hat. Dass das schon ziemlich weit hergeholt ist, ist mir natürlich klar. Schließlich hatte ich weder einer Fledermaus gesehen, noch etwas Pelziges gespürt. Außerdem müsste so ein Fledermausgebiss ja eigentlich zwei punktierte Wunden und nicht nur eine hinterlassen. Ein Biss hätte sicherlich geblutet und ich hätte ihn in dem Moment wohl auch als solchen wahrgenommen. Und die meisten Fledermäuse halten zurzeit noch Winterschlaf.
Darüber hinaus müsste eine Fledermaus ja auch erstmal die Möglichkeit haben, überhaupt ins Haus gelangen zu können. Das würde sicherlich mein Freund wissen, dachte ich mir und schilderte ihm den Vorfall. Er meinte, der Raum wäre dicht. Lediglich unterm Fenster wäre eine ganz schmale Ritze, durch die aber höchstens Insekten passen würden, keine Fledermaus. Natürlich musste ich mir besagte Ritze daraufhin selbst nochmal anschauen. Sie ist tatsächlich sehr schmal. Allerdings sind Zwergfledermäuse beispielsweise auch nur so groß wie eine Streichholzschachtel. Gut, mein kleiner Finger passt nicht durch, also müsste es eigentlich sogar für ne Zwergfledermaus unmöglich sein, ich bin mir aber trotzdem irgendwie unsicher. Was, wenn die Tierchen schmaler sind als sie aussehen, ihr Fell sie aber dicker erscheinen lässt? Das ist ja bei manchen Tieren so. Allerdings werden von der Tollwut in Europa aber auch meistens Breitflügelfledermäuse befallen (Zwergfledermäuse nur selten) und so eine hätte da sicher nicht durchgepasst.
Alles in allem ist das Risiko, dass da irgendwas passiert sein könnte, also wirklich winzig klein. Wenn man aber bedenkt, dass Tollwut sobald die ersten Symptome auftreten, 100% tödlich ist und das auch alles andere als ein schöner Tod ist, mach ich mir trotzdem Sorgen. Bis dahin hat man noch die Möglichkeit, eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) machen zu lassen. Die ist aber sehr teuer und ganz ehrlich, kein Arzt würde die bei mir durchführen, wenn ich ihm die Situation so schildere, wie sie abgelaufen ist. Eigentlich halte ich es ja auch selbst für unnötig aber ich kann meine blöden Gedanken einfach nicht abstellen.
Was mir ebenfalls zu schaffen macht, ist die Inkubationszeit von Tollwut. Die beträgt in der Regel ein bis drei Monate, kann selten aber auch ein oder mehrere Jahre dauern. Soll ich jetzt etwa x Jahre mit der Angst, sterben zu müssen rumlaufen? Drei Monate würde ich ja aushalten, wenn ich danach dann mit der Sache abschließen könnte aber mehrere Jahre? Vor allem ist das ja auch ein sehr dehnbarer Begriff. Das könnten drei, es könnten aber auch 10 Jahre sein.
Und jetzt weiß ich eben einfach nicht, was ich machen soll. Einfach abwarten und hoffen, dass nichts passiert oder vielleicht doch ne PEP in Erwägung ziehen? Die Angst, die falsche Entscheidung zu treffen, ist riesig. Auf bevorstehende Ereignisse oder die Zukunft generell kann ich mich gerade auch nicht mehr so richtig freuen, weil ich mir immer denke: Vielleicht lebst du dann ja schon gar nicht mehr. Ich weiß einfach nicht, wie ich damit umgehen soll. Vielleicht hat jemand von euch ja schon mal was Ähnliches erlebt und kann mir irgendeinen Rat geben? Dafür wäre ich wirklich unglaublich dankbar.
Liebe Grüße
Kleiner Fuchs
13.03.2016 21:01 • • 08.08.2016 #1