Die Herzneurose begleitet mich schon viele Jahre. Mal mehr, mal weniger schlimm, aber eigentlich nie ganz weg. In Phasen, wo es mir sehr gut geht (frisch verliebt, durch Projekte wie Hauskauf beschäftigt etc.) habe ich nahezu keine Symptome, wenn es mir psychisch allerdings gerade nicht so gut geht, ist die Herzneurose mit voller Wucht da und hat manchmal noch fiese Begleiter, wie Angst vor Thrombosen oder einem Schlaganfall dabei.
Nun habe ich in all den Jahren entweder es mehr oder weniger ertragen oder mit Selbsthilfeliteratur versucht, an mir zu arbeiten.
Letztes Jahr ist allerdings etwas passiert, was zur Folge hatte, dass es mir psychisch so schlecht wie nie ging. Ich habe mein absolutes Wunschkind, das von dem ich dachte, dass es nie dazu kommen würde (es hieß, auf natürlichem Weg können wir keine Kinder bekommen) und auf das ich mich so wahnsinnig gefreut hatte, in der 19. Schwangerschaftswoche verloren. Dieser Schicksalsschlag hat mich natürlich total umgehauen. Dazu kam noch, dass ich aufgrund der Fehlgeburt starke Blutungen hatte, Infusionen bekommen musste und mein Körper die ersten Wochen völlig verrückt gespielt hatte (rasender Puls, bleiernde Müdigkeit aufgrund der Anämie). Das alles hat dazu geführt, dass die Herzneurose mich wie nie zuvor im Griff hatte und das der Auslöser war, mir endlich professionelle Hilfe zu suchen.
Eine Therapeutin war schnell gefunden, das 1. Gespräch verlief sehr angenehm, sie war mir auch sympathisch, ich hatte das Gefühl, wir hatten einen Draht zueinander. Ihre Einschätzung war, dass sich meine Herzneurose letztlich nur Bahn bricht, wenn es mir psychisch schlecht geht und daher dafür gesorgt sein muss, dass es mir psychisch wieder gut geht. Sie schlug eine tiefenpsychologische Therapie vor. Da mir das Gespräch sehr gut getan hat, haben wir weitere Termine vereinbart, die Therapie läuft seit einigen Monaten. Mittlerweile bin ich mir aber nicht sicher, ob diese Therapieform für eine Herzneurose wirklich angezeigt ist. Zwar fühle ich mich psychisch wieder stabiler und habe den Verlust meines Kindes einigermaßen verarbeitet, aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich deswegen keinerlei Herzneurosen mehr habe. Viele Tipps, die sie mir gibt, halte ich sogar für ziemlich kontraproduktiv. Als ich sie in einer Sitzung zB darauf angesprochen habe, dass ich nahezu zwanghaft bei Zeitungsmeldungen zu toten Prominenten prüfen muss, woran derjenige gestorben ist und wie alt er war oder zB sämtliche Artikel, auf die man im Internet stößt zum Thema Herzkrankheiten lesen möchte und dass mir das doch sicher nicht gut tut, meinte sie, von Verboten würde sie wenig halten und ich sollte das doch einfach tun. Dann hat sie gefragt, was ich sonst noch an Absicherungen gerne tun würde und mich zwingen würde, das nicht zu tun. Ich habe ihr erklärt, dass ich in Momenten, wo ich das Gefühl habe, das Herz spinnt wieder (Herzstechen) oder zB ein Knubbel am Bein entdecken würde am liebsten sofort zum Arzt oder in die Notaufnahme würde, ich das aber unterlasse, weil ich vom Kopf her ja weiß, dass da nichts ist, nur mein Körper glaubt es nicht. Da meinte sie, wenn mich das beruhigen würde, sollte ich doch in die Notaufnahme gehen. Wenn ich verschiedene Untersuchungen machen lassen will, dann soll ich das doch tun. Dieser Rat kommt mir total falsch vor. Sie sagt auch oft, dass sie mich gar nicht so überängstlich findet, denn schließlich habe ich familiäre Vorbelastungen (mein Onkel ist mit 37 am Herzinfarkt gestorben, sicher mit ein Grund für meine Herzneurose) und wenn ich vorsichtig bin und alles kontrollieren lasse und verschiedene Nahrungsergänzungsmittel zur Verbesserung der Herztätigkeit einnehme, dann wäre das vollkommen in Ordnung. Ich habe aber das Gefühl, dass ich so nie von meiner Herzneurose weg komme.
Was für Therapien habt ihr schon gemacht und wie sind eure Erfahrungen damit? Ich finde meine Therapeutin wirklich sympathisch und rede gerne mit ihr, nur sollte das ja nicht der Grund sein, warum ich bei ihr weiter mach. Kann man eine Therapie einfach abbrechen und wenn man das macht, hat man dann bei der Krankenkasse noch Chancen auf einen anderen Therapieplatz? Man hört ja immer, wie schwer es ist, an einen Therapeuten zu kommen und dass die Therapie bewilligt wird, das ging bei mir so problemlos, deswegen möchte ich es mir auch nicht komplett versauen und keine Therapie mehr bekommen. Ich freue mich über eure Erfahrungsberichte und sorry für den langen Text.
24.06.2019 12:38 • • 30.06.2019 #1