Das größte Problem ist vermutlich der bohrende Zweifel, ob da nicht doch irgend etwas ist, das die Ärzte übersehen haben könnten und ob man nicht doch vielleicht eine schlimme Erkrankung hat. Dieses Problem erschwert das Umdenken erheblich.
Bei mir ist es tagesabhängig und sehr wechselhaft. Manchmal, an guten Tagen, denke ich keine Sekunde an diese Dinge, sondern bin einfach ganz draußen. An anderen Tagen wache ich schon früh auf, spüre, dass irgend etwas nicht stimmt oder nicht stimmen könnte und werde den ganzen Tag von diesem Mist verfolgt.
Umdenken ist meiner Meinung nach noch zu kurz gegriffen. Ich komme immer mehr zu der Auffassung, dass man seinen ganzen Lebensstil überdenken muss, um von der Problematik wirklich loszukommen. Möglicherweise hat sich die Krankheitsangst schon so sehr in das alltägliche Leben eingebaut, dass sie Teil des Charakters geworden ist.
Ich weiß nicht recht, wie man dem wirklich begegnen kann - abgesehen von Verhaltenstherapie Co. Aber Lust auf eine psychologische Behandlung habe ich derzeit auch nicht. Dafür halte ich das Thema (noch?) für zu unwichtig.
Was ich aber festgestellt habe: Der Austausch mit anderen Betroffenen führt oft zu einer Beruhigung, wenn es mal ganz arg ist. Nichts ist schwieriger, als nachts alleine mit seiner Angst dazusitzen und sich das Googlen zu verbieten. Das hat schon was von einer Zwangsproblematik. Insofern ist es schön, dass es dieses Forum gibt.
Vielleicht lässt sich ein Umdenken am besten erreichen, indem man versucht, die Dinge objektiver zu sehen und für sich zu bewerten. Ja, es gibt schlimme Krankheiten, ja, man kann plötzlich daran erkranken und daran sterben. Aber es gibt auch statistische Wahrscheinlichkeiten. Und es gibt auch andere Dinge, an denen man sterben kann. Wir werden alle irgendwann sterben. - Aber warum sollten wir unser halbes Leben damit verbringen, zu rätseln, wann und wodurch es soweit kommen wird? Ist das Leben nicht viel zu kostbar dafür?
Auch wenn in unserem Umfeld viele tragische Schicksale gewesen sind (auch bei mir ist das so), ist das noch kein Zeichen dafür, dass uns ebenfalls ein solches Schicksal ereilen wird. Selbst bei Erbkrankheiten gibt es Wahrscheinlichkeiten. Und wäre es nicht auch tragisch, sich mit dem Warten auf das Schreckliche um die Freude zu bringen, die das Leben vielleicht für einen bereithält?
Ich denke, gerade wir Angsthasen haben da vielleicht eine besondere Stärke: Weil wir die Finsternis unserer Angst so gut kennen, sind wir vielleicht (mit Sicherheit?) in der Lage, auch das Licht der Freude und der Erfüllung viel intensiver zu erleben als andere. Hier könnten ein Umdenken und eine Persönlichkeitsarbeit tatsächlich ansetzen: Wenn wir uns die Angst immer so massiv bewusst machen können, dass sie uns fast aus der Bahn wirft, warum dann nicht versuchen, ihr Fehlen zu einem positiven Gefühl zu machen, zu genießen?
Und dann müssen wir natürlich versuchen zu akzeptieren, dass es ein Auf und Ab gibt. Das ist wie mit dem Wetter. Manche Tage sind halt regnerisch und grau. Aber warum sollten wir sie nicht als Anlass nehmen, um uns auf die sonnigen Tage zu freuen?