panic@thedisco
nach einer langen und schwierigen Phase in meinem Leben habe ich beschlossen, mich hier anzumelden. Es geht langsam wieder bergauf, auch wenn ich nicht weiß, ob das alles in absehbarer Zeit wieder von vorne losgeht.
Ich habe mich mit Themen wie Hypochondrie, Somatisierungsstörungen und auch vielem anderen Kram fast schon exzessiv auseinandergesetzt (die klassische Google-Sucht... ) und hätte mir gewünscht, mal von anderen Betroffenen die ganze Geschichte zu erfahren, oder auch meine als Hilfe für andere weiterzugeben. Vielleicht finden sich noch mehr unter euch, die ihre Erfahrungen schildern möchten.
Ich bin 24, weiblich und habe bis vor ein paar Monaten ein ziemlich normales Leben geführt. Hätte mir jemand vor einiger Zeit gesagt, dass ich mal wegen einer extremen Panikattacke im Krankenhaus lande, hätte ich diese Person ausgelacht. Aber leider kam es so. Nämlich als ich kurz vor der Abgabe meiner Bachelorarbeit stand und ich mich dermaßen unter Druck setzte, dass ich dachte bald durchzudrehen. Kurz vorher hatte ich erfahren, dass ein Familienmitglied an Brustkrebs erkrankt ist. In diesem Moment hatte bei mir ein Schmerz in der Brust eingesetzt der einfach nicht mehr aufhören wollte und ich hatte seitdem panische Angst, das gleiche Schicksal zu erleiden.
Eines Abends vorm PC wurde das komische Gefühl in der Brust zu einem starken Stechen, mein Herz raste und mir war schwindelig. Der Abend endete in der Notaufnahme, wo man mich zwar gründlich untersucht hat, aber ernstgenommen fühlte ich mich nicht wirklich... die Ärztin wollte mir weis machen, dass ein Ruhepuls von 160 noch im Normbereich wäre. Als ich da so lag war ich davon überzeugt, gleich sterben zu müssen, dass mein Herz einfach aufhört zu schlagen und niemand mehr was für mich tun kann. Ich wurde allerdings ohne Befund entlassen, meine Blutwerte waren nahezu perfekt. Die Ärztin meinte, es könnte von der Wirbelsäule kommen...
Naja, jedenfalls war ich erleichtert, dass es anscheinend doch nichts schlimmes ist.
Ich habe es auf den Stress mit meiner Thesis geschoben und habe dem Vorfall dann auch keine weitere Bedeutung zugesprochen. Das ganze fing jedoch wieder von vorne an, als in kürzester Zeit meine Oma und mein Opa gestorben sind. Mir wurde von jetzt auf gleich schwindelig und es hörte einfach nicht mehr auf. Als die ganzen Dinge wie Beerdigung usw. anstanden hätte ich am liebsten gesagt, dass ich nicht mitgehen kann, weil ich Angst habe umzukippen.
Nachdem mir dann wochenlang ununterbrochen schwindelig war, bin ich zu meiner Hausärztin gegangen, die mich zu sämtlichen Spezialisten geschickt hat, jeweils ohne Befund (bis auf SD-Unterfunktion, was ich aber schon wusste).
Von da an begann die mit Abstand schlimmste Phase meines Lebens. Leider hatte ich ja nichts um mich abzulenken, da ich ja mein Studium gerade abgeschlossen hatte und erst Monate später weiterstudieren würde. Also jede Menge Zeit, um sich mit Krankheiten und Tod zu befassen.
Ich habe irgendwann wirklich nichts anderes mehr gemacht, als vor meinem PC zu sitzen und die täglich wechselnden Symptome zu googlen, die ich hatte. Da war wirklich von komischem Kribbeln im Rücken über heftige Nierenschmerzen und Schwellungsgefühl im Bereich der Leber bis Verdauungsprobleme alles dabei. Teilweise bin ich deswegen auch zu meiner Ärztin gerannt, die nie etwas feststellen konnte. Irgendwann war es mir dann zu peinlich und ich habe es bei der Diagnose durch Dr. Google belassen, bei der natürlich immer Krebs rauskam. Ich hatte 24 Stunden am Tag panische Ängste, die mal schlimmer und mal vergleichsweise mild waren. An schlimmen Tagen konnte ich weder essen noch schlafen und fühlte mich dadurch nur noch kränker.
Ein neues Kapitel und der Höhepunkt der ganzen Sache kam dann, als ich so extreme Monatsblutungen hatte, dass ich echt dachte, ich falle tot um. Zudem hatte ich meine Tage schon viel zu lange (nur irgendwie ist mir das vor lauter Panik gar nicht mehr bewusst gewesen) und deshalb ging ich zum FA. Dieser meinte, dass meine Gebärmutterschleimhaut viel zu hoch aufgebaut ist und sich darunter ein Polyp befinden könnte. Man müsse aber abklären ob es was bösartiges ist, d. h. Ausschabung. Tollerweise lagen zwischen diesem Befund und der OP fast 5 Wochen.... 5 Wochen, in denen meine Panik ins unermessliche stieg. Meine Überzeugung, eine bösartige Erkrankung zu haben, ebenfalls.
Ich saß also wieder den lieben langen Tag da und habe alle möglichen Sachen gegoogelt, die mich leider nur wenig beruhigen konnten... im Gegenteil... Je näher der OP-Termin kam, desto mehr bin ich durchgedreht. Von heute auf morgen hatte ich eine extreme Verstopfung und verstärkten Harndrang. Als ich dann noch im Internet las, dass man bei Unterleibskrebs im fortgeschrittenen Stadium Verstopfung und Blasenprobleme kriegen kann, weil sich der Tumor auf Nachbarorgane ausbreitet, war ich wie erstarrt. Im Nachhinein frage ich mich wirklich, wie ich das überhaupt überstanden habe. Meine Angst war so groß, dass ich am liebsten aus dem Fenster gesprungen wäre.
Komischerweise hat der ganze Quatsch aufgehört, als ich auf dem OP-Tisch lag, noch bevor ich anschließend das positive Ergebnis erfahren habe. Seitdem ist diese Phase anscheinend vorbei, aber was wenn das wieder kommt?
Sorry btw für den langen Text, aber ich frage mich seitdem, was mit mir los ist... Während dieser Zeit habe ich mir oft die Frage gestellt ob ich nicht früher schon mal ähnliche Probleme hatte. Und mir ist eingefallen, dass ich schon als Kind bzw. Teenie komische Angstzustände hatte, allerdings konnte ich diese relativ leicht verdrängen. Die verrückteste Angst die ich je hatte war z. B. schwanger zu sein, als ich ca. 14 war und eine Klassenkameradin schwanger wurde, obwohl ich noch nicht ansatzweise mit dem männlichen Geschlecht in Berührung gekommen war...
Daraus habe ich dann geschlossen, dass ich anscheinend Vorfälle aus meinem Umfeld auf mich übertrage oder so ähnlich...
Als ich dann so 16 war, hatte ich so ne richtige Depriphase, habe ich mich total wertlos und dumm gefühlt, mein Abi total versemmelt weil ich einfach null Antrieb hatte und es mir schon immer extrem schwer fiel, mich so richtig für was anzustrengen, einfach aus Angst zu versagen. Als ich dann zwischen Abi und Studium ebenfalls so eine Überbrückungsphase hatte, bin ich in ein richtiges Loch aus Zukunftsängsten und Depressionen gefallen.
Jetzt habe ich Angst, dass sich das ganze ständig wiederholen wird, sobald Stresssituationen auf mich zukommen und dass ich irgendwann da nicht mehr alleine rauskomme.
Diese Panikphase, die ich gerade anscheinend so gut wie hinter mir habe, hat mir jedoch gezeigt, dass ich einfach nicht will, dass es so weitergeht. Ich will mehr Selbstvertrauen und stärker aus mir raus kommen, ohne ständig Angst vor der Meinung anderer, vor der Zukunft, vor Krankheiten zu haben.
Vor allem ärgere ich mich jetzt so über mich selbst. Ich habe so viel vor und nie die Zeit dazu, und dann bin ich fertig mit dem Studium und hätte mal viel Zeit... und dann drehe ich wegen solchen Angstzuständen total durch und hänge nur noch vor dem Computer Unglaublich, wie viel Zeit man mit schlechten Gedanken verschwendet, aber was will man machen, wenn die einen einfach so überfallen?
Vielleicht hat jemand ähnliches erlebt? Ich würde mich freuen eure Geschichte zu hören.
05.04.2014 14:19 • • 13.04.2014 #1