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Hallo zusammen!

Als Gast habe ich schon einige Male im Forum gestöbert und heute hab ich - unter Anderem da ich gerade krank bin und dadurch etwas mehr Zeit habe - mich endlich dazu aufgerafft mich zu registrieren und kurz vorzustellen.
Nunja - so kurz wird die Vorstellung vermutlich gar nicht

Ich bin weiblich, 30 Jahre alt, verheiratet und Mutter einer fünfjährigen Tochter. Ich habe keine genaue ärztliche Diagnose aber würde selbst behaupten ich leide unter einer Angst- und Panikstörung, wobei für mich - wie wohl für die meisten - die Angst vor der Angst das schlimmste ist. Ich war vor einigen Jahren in einer Verhaltenstherapie (die ich nicht gut fand), aber damals wegen einer Hypochondrischen Störung. Ich hatte große Angst davor einen Schlaganfall zu erleiden, tot umzufallen. Ich verspürte oft ein Kribbeln auf der Haut und hatte Kopfschmerzen, was ich immer als Vorboten interpretierte. Irgendwann verschwanden die Symptome aber (unabhängig von der Therapie) wieder und es ging mir ne zeitlang ziemlich gut.

Seit ca. einem Jahr habe ich nun vermehrt Panikattacken. Ganz schlimm wars im Februar diesen Jahres, ich hatte so große Angst vor der Angst, dass ich früh schon mit schlimmer Angst aufgewacht bin und sobald ich das Haus verlassen habe ging es ziemlich zuverlässig auch schon los. Passieren konnte es überall, im Supermarkt an der Kasse, im Auto, an der Tankstelle - nur selten zuhause. Deshalb fing ich immer mehr an mich in meinem Schneckenhäuschen (der Wohnung) zu verkriechen. Während einer Panikattacke geht es mir hundeelend. Ich habe einen trockenen Mund, kann nicht ruhig und tief durchatmen, fühle mich völlig derealisiert als würde ich neben mir stehen, alles fühlt sich dumpf an und sieht komisch aus, kann nicht mehr klar denken, und irgendwann - vermutlich durch die falsche Atmung fangen meine Hände an zu kribbeln, bis hoch zum Ellenbogen und dann habe ich das Gefühl ohmächtig zu werden, die Kontrolle zu verlieren und unglaubliche Angst.

Ich vermute meine Angststörung schlummert schon seit der Kindheit in mir, mal mehr mal weniger schlimm. Die Angst steckt in mir drin und verschwindet nicht richtig sondern sucht sich neue Wege und fühlt sich dann völlig anders an. (z.B. vor Jahren die Hypochondrie und nun die Panikstörung).

Die letzten Monate habe ich damit zugebracht eine Therapeutin zu finden, diesmal allerdings jemanden der tiefenpsychologisch Arbeitet und keine Verhaltenstherapie macht - da ich das Gefühl habe, dass ich die Zusammenhänge verstehen muss um die Sache irgendwie in den Griff zu bekommen.

Ich weiß, dass ich als Kind (ich schätze so mit 6-7 Jahren) zum ersten Mal zum Psychologen musste weil ich damals Angst vor einer Herzerkrankung hatte. Ich hatte immer wieder stechende Schmerzen in der Herzgegend und war aber sonst -wenn auch deutlich übergewichtig- gesund. Die Tatsache zum Psychologen geschickt zu werden war für mich furchtbar, denn in meinen Augen war ich doch nicht verrückt. Auf mein Flehen hin hat meine Mutter die Therapie schon nach der 2. Sitzung wieder abgebrochen - aber immerhin waren auch meine Beschwerden wieder weg. Meine Eltern waren damals der Meinung meine Oma hätte mir mit ihren ständigen Krankheitsgeschichten irgendwas eingeredet. Ich denke heute allerdings viel mehr, dass ich als Kind schon einiges von der Herzerkrankung meiner Mutter mitbekommen habe, nicht umsonst hatte ich ständig Angst sie würde Sterben und konnte deshalb auch abends oft nicht einschlafen.

Meine Mutter hatte - was ich erst vor wenigen Jahren erfahren durfte - wohl im Alter zwischen 35 und 40 (da war ich zw. 2 und 7 Jahren alt) einen Hinterwandinfarkt aus dem sich später eine Herzschwäche entwickelt hat. Sie hat sich damals gegen den Willen der Ärzte aus dem Krankenhaus entlassen und litt jahrelang unter Rhythmusstörungen, Diabetes (die sie nie richtig einstellen lies) und später COPD und ner Herzinsuffizienz, starb im Alter von 58 Jahren dann mit schwerer Herzinsuffizienz (war schon ein Pflegefall) vermutlich an einem Kammerflimmern.

Die Geschichte mit meiner Mutter hat mich sehr mitgenommen. Jahrelang musste ich mit ansehen wie sie immer kränker wurde und gleichzeitig alle Ratschläge der Ärzte missachtete. Das war für mich eine furchtbare Zeit, besonders die letzten Jahre.

Ich denke insbesondere die Geschichte mit meiner Mutter sowie meine eigenen Krankengeschichte sind für mich die Ursache für die Probleme mit denen ich heute zu kämpfen habe.

Bis ins Jahr 2003 war neben meiner ständigen Angst um meine Mutter(die immer mal wieder wegen Rhythmusstörungen ins Krankenhaus musste) meine Welt noch einigermaßen in Ordnung. Bis dahin hatte ich nur eine Hormonstörung, die mich aufgrund des damals noch nicht vorhandenen Kinderwunsches nicht weiter beschäftigt hat.

2003 fing mit einem Autounfall an. Ich fuhr auf der während auf meiner Gegenspur aus heiterem Himmel ein Auto des Gegenverkehrs für eine Überholmanöver auf meine Spur lenkte. Ich versuchte auszuweichen was aber nicht richti gelang, wodurch mein Auto seitlich touchiert wurde, sich mehrfach um die eigene Achse drehte und schlussendlich rückwärts gegen einen Baum prallte - zum Glück nicht mehr bei voller Geschwindigkeit. Meine Beifahrerin und ich sind mit leichten Verletzungen davongekommen (Prellungen, Verstauchungen, Glassplitter im Auge, etc.). Insgesamt gabs 7 verletzte, 1 davon Schwerverletzt. Die ersten Wochen nach dem Unfall fühlte ich mich wie Superman - ich hatte keine Angst vorm Straßenverkehr, da ich gelernt hatte, dass man so einen Unfall überleben kann. Einige Wochen später entwickelte sich daraus aber große Angst und ich wollte nie mehr selbst ein Auto fahren. Da mir klar war, dass ich mich damit konfrontieren muss hab ich mir dennoch wieder eins gekauft und bin tapfer - wenn auch immer mit ungutem Gefühl und nur kurze Strecken und ungern alleine weitergefahren.

Im selben Jahr erfuhr ich, dass mein Onkel der mir sehr Nahe stand an Krebs erkrankt war, der dann auch innerhalb von 1,5 Jahren daran starb. Das war quasi meine erste Begegnung mit dem Tod.

Ebenfalls im selben Jahr wurde ich wegen eines Gesichtsfeldausfalls und Verdacht auf Schlaganfall ins Krankenhaus eingeliefert. Die Symtpome gingen schnell weg aber die Ärzte warfen mir allerhand Verdachtsdiagnosen an den Kopf: Multiple Sklerose, Transischämische Attacke, Hirntumor. Entlassen wurde ich mit: wir konnten nichts finden, daher wird es sich wohl um Migräne handeln. Ich hatte große Angst, da ich mir so unsicher war ob die Ärzte durch ihr Ausschlussverfahren recht haben konnten.

2004 lernte ich meinen Mann kennen und dann war erstmal alles gut.

2005 waren wir auf einem Trip in Berlin und ich hatte plötzlich strake Rückenschmerzen und bin dabei zusammengebrochen. Wurde mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht und untersucht. Die Ärzte haben nichts gefunden aber ich sollte das EKG mitnehmen und meinem Hausarzt mal vorlegen - gesagt wurde dazu nichts und der Hausazrt konnte später nichts erkennen. Die junge Ärztin meinte zu mir: Wir denken es handelt sich um ein orthopädisches Problem. Die Symptome treten zwar auch bei teinem androhenden Aortenriss auf, aber sie sind jung, rauchen nicht, etc. da können wir das eigentlich ausschließen und werden keine weiteren Untersuchungen vornehmen. GEhen sie zum Orthopäden. Der Orthopäde konnte nicht wirklich was feststellen, verschrieb mir Muskelrelaxantienz, Tramal gegen die Schmerzen und schickte mich zur Phsysiotherapie.
Die Schmerzanfälle traten immer wieder auf, ich war zig male in der Notnaufnahme, bis ich eines Tages auf der Durchreise in Nürnberg aus dem ICE ausgestiegen bin weil ich die Schmerzen nicht chon mehr aushalten konnte - wieder Notaufnahme und dort wurde dann festgestellt dass ich Gallensteine hatte, mittlerweile allerdings auch schon ne Bauchspeicheldrüsenentzündung. Die Ärzte teilten mir mit, dass ich mich in einem Lebensbedrohlichen Zustand befinden würde und ich wurde erstmal unter Nahrungskarenz und Aufstehverbot mit Antibiotika versorgt bis ich in einem Zustand war in dem man mich operieren konnte.

Ein Jahr später teilte mir meine Frauenärztin zwischen Tür und Angel dann mdie nit, dass ich wahrscheinlich keine Kinder bekommen könne. Ich wechselte die Ärztin und wurde dann nach langer, stressiger Hormontherapie mit Spritzen schwanger. Etwa in dieser Zeit wurden auch zum ersten Mal Extrasystolen diagnostiziert - und ich wusste endlich was ich da habe wenn mir kurz der Atem stockt (die Symptome kannte ich seit ca. 2003)

Nach Blutungen in der Frühschwangerschaft teilte mir ein Arzt in der Uniklinik mit, dass sich der Embryo nicht zeitgerecht entwickelt hätte, dass er keinen Herzschlag feststellen könne und dass ich, wenn ich nicht binnen 2 Tagen einen Abgang hätte mit Überweisung zur Ausschabung kommen sollte. Ich war am Boden zerstört. Am nächsten Tag erfuhr ich bei meinem Gynäkologen, dass die Diagnose nicht stimmte - das Kind lebte. Der Schock steckte mir trotzdem noch in den Knochen. Die erste zeit in der SChwangerschaft hieß es dann liegen und bangen (also wieder Angst) und später folgte ne Insulinpflichtige SChwangerschaft und wieder bangen.
Die Geburt war dann ebenfalls ein Disaster, plötzlicher Herztonabfall - wieder bangen ums Kind, Notkaiserschnitt und dummerweise ne PDA die aufgrund der Kopfüberlagerung wegen starker Blutungen in die falsche Richtung lief: Folge: teilweise Atemlähmung bei vollem Bewusstsein, gelähmte Extremitäten, Trennung vom Kind und ab auf die Intensivstation.

2008 bei der Nachuntersuchung stellte der Gynäkologe nen Knoten in der Brust fest - soll ungefährlich sein aber ich sollte zum Ultraschall. Aus Ultraschall wurde Mammografie und aus der Mammografie dann die Verdachtsdiagnose Brustkrebs aufgrund von Mikrokalk in der Brust. Wenige Wochen später dann Krankenhausaufenthalt und OP (teilweise Gewebsentfernung, da die Biopsie wegen Streuung von Krebszellen zu gefährlich gewesen sei) und wenige Tage vor Weihnachten dann die Entwarnung: Doch kein Krebs, vermutlich ne chronisch-entzündliche Gewebserkrankung als Spätfolge des Autounfalls.

Im selben Jahr wurde meine Mutter dann zum Pflegefall. Sie lebte mehrere 100km weit weg und wir sind 3x hingefahren daha die Ärzte meinten es wäre Zeit sich zu verabschieden. In dieser Zeit hatte ich schon immer sehr mit der Angst zu kämpfen und hatte auch vermehrt Extrasystolen und bradykarde Phasen. Jedes Mal wenn das Telefon klingelte dachte ich: jetzt ist sie tot. Jeder Besuch bei ihr war furchtbar. WEnn sie sich nur 2 Minuten hinsetzte platzte ihr die Haut an den Füßen auf und das Wassser lief aus den Beinen. Ich habs kaum ausgehalten dieses Elend mit anzuschauen. Sie starb schließlich im April 2009, als die Ärzte sie zum sterben nach hause geschickt hatten.

Danach hatte ich vermehrt Extrasystolen und große Ängste. Mein Hausazrt schickte mich zum Kardiologen, dort wurde ein LangzeitEKG gemacht. Diagnose: Ungewöhnliche aber gesunde Pulsdynamik (Unter Belastung: 160, in der Nacht Ruhepuls von 40) viele Extrasystolen (ventrikuläre und supraventrikuläre), alles unangenehm aber ungefährlich.

Fürs erste hat mich der Kardiologe beruhigt aber der Beruhigungseffekt lies mit der Zeit nach. 2011 entschieden wir uns für ein zweites Kind, wieder Hormonbehandlung, die allerdings diesmal mit ner riesigen Zyste endete - danach hab ich die Sache erstmal auf Eis gelegt.

2012 dann der nächste Todesfall in der Familie.

Seitdem ist snichts schlimmes mehr passiert aber ich liebe in ständiger Angst. Die Panikattacken treten nicht mehr durch unangenehmes Herzstolpern und zeitlich begrenzt auf (so war das ursprünglich) sondern haben sich verselbständigt. Sie kommen aus heiterem Himmel und sind so schlimm und langanhalteennd dass ich an manchen Tagen das Haus nicht mehr verlassen kann. Ich schaffe es oft kaum die alltäglichen Dinge zu erledigen und bin schon furchtbar angespannt wenn ich das Kind in die Krippe schaffe. Zuhause gehts einigermaßen gut, aber sobald ich das Haus verlassen muss habe ich unheimlich Angst davor eine Panikattacke zu bekommen und die Kontrolle zu verlieren. ... und der Zustand ist wirklich kaum zu ertragen.

Ich weiß, das war jetzt ganz schön ausführlich aber vietlleicht nimmt sich jemand die Zeit mal drüber zu fliegen iund vielleicht gibt es auch jemanden dem es gut tut die Geschichte zu lesen, da er/sie sich dann mit seinem/ihrem Problem nicht mehr so alleine fühlt.

10.06.2013 12:21 • 10.06.2013 #1





Dr. Matthias Nagel
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