Mein Vater ist 89 Jahre alt und meine Mutter hat mich gerade angerufen, dass er überall am Körper dunkle Flecken bekommt, die sie nicht für Altersflecken hält. Sie denkt, dass diese Flecken ein Hinweis auf einen bevorstehenden Tod sind.
Weiß jemand, ob dies so wirklich ist dass man in den letzten Tagen vor dem Tod solche Flecken entwickelt?
Mein Vater und ich hatten nie eine gute Beziehung zueinander. Aber irgendwie triggert es mich natürlich trotzdem - zu all dem was ich sonst mit mir herumtrage.
Ich kann mit dem Thema Tod einfach nicht umgehen. Nicht bei meinen wenigen Angehörigen, die ich habe noch bei mir selbst.
Es gibt für mich nichts bedrohlicheres, als dieses allumfassende Nichts am Ende eines Lebens, von dem man nie weiß, wie nahe man ihm ist.
Wie geht Ihr damit um? Man hört immer wieder Der Tod gehört zum Leben - aber mir fällt es so wahnsinnig schwer, mich damit abzufinden.
Wieviel Sinn macht jede einzelne Bewegung im Alltag, wenn der Tod das alles mit einem Handstreich wieder zunichte macht?
Meine Mutter hat meine Schwester und mich angerufen und gefragt, ob sie uns anrufen soll wenn mein Vater versterben sollte. Ich empfand die Frage als merkwürdig. Ich denke, da schwang ein wenig auch ein Vorwurf mit, weil sie sich sehr allein gelassen fühlt emotional.
Meine Schwester und ich versuchen den beiden zu helfen wo wir können. Aber ich glaube emotional fühlt sich jeder für sich alleine gelassen.
Ich kann aber auch nicht heucheln und jetzt so tun, als ob mein Vater und ich immer beste Freunde gewesen wären. In den letzten Jahren hat er uns allen mit seinen Aggressionen und Vorwürfen das Leben zur Hölle gemacht. Ich versuche das immer aufs Alter zu schieben, aber letztlich ist Teil der Wahrheit eben auch, dass das sein Charakter ist.
Ich weiß, man sollte seinen Frieden mit versterbenden Angehörigen machen. Aber da ist nicht viel zwischen uns, außer ein paar verstaubte gute Erinnerungen an sehr sehr junge Kindertage und der Empathie, die ich für jeden Menschen an seinem Lebensende empfinde.
Und wenn man selbst so am Boden ist seit so vielen Jahren und sich niemand aus der Familie je darum gekümmert hat, wie es mir geht fällt es einfach irgendwie so verdammt schwer, sich mit einer großen Umarmung zu verabschieden.
Meine Eltern und ich waren immer ziemlich unemotional unterwegs im Umgang miteinader. Ich war das unerwünschte Überraschungskind 15 Jahre nach Geburt meiner Schwester. Ich lief einfach immer so mit als 5.Rad am Wagen. Umarmungen gab es ab einem gewissen Alter nur noch zu Weihnachten und zum Geburtstag.
Es war immer wichtiger, was die Nachbarn über einen sagen und wie gut man funktioniert, als wie es einem geht.
Praktikabilität und Alltagstauglichkeit vor Emotionalität war immer das Motto.
Das klingt bestimmt alles sehr furchtbar, wenn man es liest. Aber ich meine das eigentlich wirklich ohne Groll.
Wir haben irgendwann festgestellt, dass wir emotional so sehr verschieden sind, dass wir wohl eine Art professionellen
Umgang miteinander hatten. Eher wie Kollegen, als wie eine Familie.
Wie geht man damit um, wenn einerseits ein sehr empathischer Mensch ist, sich andererseits aber seit vielen Jahren
emotional immer mehr von seinen Eltern entfernt hat, nicht auf die gute Erwachsenwerden-Art, sondern eher auf die
traurige Art?
25.06.2019 21:03 • • 27.06.2019 x 1 #1