Hey Frittensauce,
also zunächst mal zu Deiner ersten Nachricht kurz:
Ich finde die Strategien aus psychologischer Sicht auch eher bedenklich, denn sie zeigen ja nur dass Du Angst hast. Bei Angst können wir evolutionstheoretisch kämpfen, flüchten oder uns todstellen. Die meisten Menschen in der heutigen Zeit verwenden eine dieser Strategien. Kämpfen natürlich nicht wirklich, sondern sind dann sehr unhöflich. Die beiden letzten sind sehr häufig vertreten und die verwendest auch Du mit Deiner Strategie. Da ich mich genau auf dieses Thema spezialisiert habe, bin ich da kein Fan davon, denn ich weiß selbst wie es ist, wenn man sich diesen Ängsten stellt und sie erfolgreich bewältigt. Es gibt kein besseres Gefühl und Du wirst Dich durch nichts stärker weiterentwickeln als durch Bewältigung Deiner Ängste.
Wie gesagt - die Kinder die ich betreut haben, hatten aufgrund von Fluchterfahrungen ihrer Eltern Sekundärtraumatisierungen, d.h. sie haben dieselben Symptome wie bei einer Traumatisierung durch ein Kriegsverbrechen, Vergewaltigung, etc. nur dass diese Symptome weniger stark ausgeprägt sind - kannst aber bei Interesse einfach mal googlen.
Wir hatten Familien von Ländern aus der ganzen Welt, aber hauptsächlich Afgahnistan, Parkistan, Syrien, Türkei.
Zur zweiten Nachricht:
Was Du schreibst ist für mich absolut nachvollziehbar. Gerade auch was eine eigene Diagnose angeht (multiple Persönlichkeit) würde ich das vielleicht einem professionellen Diagnostiker überlassen. Natürlich hat kein Mensch eine psychische Erkrankung nur weil er verschiedene Stimmen im Kopf hat - im Gegenteil. Bei Dir kommt erschwernd dazu, dass Du eine duale Identität als Libanese und Deutscher hast. Hier sind zwei häufig total konträre Wertesysteme am Werk und deshalb eine komplett andere Sozialisierung. Natürlich wägen sich diese Stimmen gegeneinander ab.
Ich finds super, dass Du Dich Deinem Vater anvertraut hast und ich hoffe er hat Dir das angebot gemacht Dich zu einer Therapie zu begleiten. Ich lese einfach aus Deinen Beiträgen raus, dass es für Dich wichtig wäre professionelle Unterstützung zu erhalten. Das ist auch nicht weiter tragisch - Du hast bestimmt keine Störung. Dennoch glaube ich aufgrund Deines Verhaltens sagen zu können, dass Unterstützung angezeigt und wichtig für Dich ist. Du hast einiges hinter Dir und einiges durchgemacht und ich kann hier leider keine Ferndiagnose geben - dafür weiß ich einfach zu wenig und kenne Dich auch zu wenig. Zum sollte Vertrauen im persönlichen Kontakt mit jemand für Dich passenden erarbeitet werden. Du hast ja bereits selbst erwähnt, dass Du hier bist, weil Du anonym sein möchtest.
Alles Liebe,
Martin
15.12.2021 11:15 •
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