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Hallo liebe Community,

kurz zu mir und meinem Problem: 25 und Generalisierte Angststörung seit ca. 1,5 Jahren.

Ich habe mich vor 2 Wochen mehr oder minder von meiner langjährigen Freundin getrennt bzw. erstmal keinen Kontakt und ich wohne nun bei meinem Bruder, da wir eine Gemeinsame Wohnung hatten.
Zur Zeit bin ich in Therapie bzgl. meiner Herzneurose. Das läuft eigentlich super, ich habe den Gedanken, gleich tot umzufallen aufgrund eines Herzversagens so gut wie abgehakt und ich denke vielleicht nur noch alle 1-2 Monate mal daran, wenn mal wieder spontan mein Arm sticht oder ich keine Luft bekomme. Tendenz sinkend.

Nun merke ich jedoch, dass man es einfach doch noch nicht ganz geschafft hat, allem gewappnet zu sein. Durch den ganzen Stress der Trennung und Zukunftsangst bin ich im Moment wohl absolut empfindlich gegenüber Hypochondrischen Gedanken und habe mich in Gedanken nun selbst mit Hodenkrebs diagnostiziert.

Rational gedacht ist es eigentlich eher unwahrscheinlich. Ich habe keine krasse Erhebungen oder so und war erst vor knapp über einem Jahr zum Ultraschall beim Urologen und eigentlich ist alles cool. Grund für die Angst war aber irgendwie eine kleiner Knoten (wahrscheinlich einfach nur der Nebenhoden / Zyste, Vene, was auch immer) irgendwo zwischen Hoden und Samenleiter. Manchmal fühle ich ihn und manchmal nicht. Genug dazu, in jedem Fall:

Mir war die letzten Tage einfach nur Kotzübel vor lauter Angst. Meine Herzneurose war ja immer so abstrakt, man spürt ja nichts, und jetzt hatte ich da irgendwie einen Knubbel und meine Tage sind seitdem einfach gelaufen. Am Donnerstag habe ich einen Termin und ich habe so krasse Angst davor. Angst, dass ab dem Moment mein Leben aufhört weil ich eine schlimme Diagnose bekomme oder Angst davor, dass mich niemand mehr als Partner akzeptieren kann, da man ja mal Krebs hatte. Höchstwahrscheinlich ist alles in Ordnung und trotzdem zerrt es jeden freien Gedanken auf und ich fühle mich so, als hätte ich es. Ich kann mich da so sehr reinsteigern, dass ich es selbst glaube.

Obgleich ich schon einiges über Ängste in meiner Therapie gelernt habe (nächster Termin ist am Dienstag, also 2 Tage vor dem Urologen - Werde es auch ansprechen), kann ich einfach mit sowas absolut nicht umgehen. Schafft es jemand von euch sich von diesen störenden Gedanken loszureißen ? Hat da jemand vielleicht Techniken die ihm geholfen haben?

Ich würde so gerne an mir selbst arbeiten, dass mich solche Gedankenspiele nicht so krass herunterziehen. Es muss doch irgendwie möglich sein, sich diesen schlimmen Gedanken zu entziehen. Ich habe das Gefühl es müsste nur irgendjemand Fremdes mitten auf der Straße zu mir sagen: HEY, DU HAST JA schlimme Krankheit ! und ich wette ich würde mindestens 3-4 Tage damit verbringen mir ernsthaft Gedanken darüber zu machen. Das kann doch echt nicht sein

Naja, Grüße an euch alle Vielleicht hat da jemand ein paar Erfahrungen?

14.11.2015 21:27 • 19.11.2015 #1


4 Antworten ↓


Hallo MrParadox,
Zitat:
bin ich im Moment wohl absolut empfindlich gegenüber Hypochondrischen Gedanken


der Grund für Deine Krankheitsängste wird mit großer Wahrscheinlichkeit
an Deinem geringen Selbstbewusstsein liegen. Du kannst nicht an Deiner
Krankheitsangst arbeiten, weil sie nicht die Ursache Deiner Probleme ist.

Was ist denn mit Deiner allgemeinen Angststörung?

Zitat:
Obgleich ich schon einiges über Ängste in meiner Therapie gelernt habe


Das würde ich gerne von Dir erfahren. Was hast Du denn über
Angst gelernt?
Könntest Du mir erklären, was normale Angst ist?
Zitat:
Ich würde so gerne an mir selbst arbeiten


Dann mach das doch. Sagtest Du nicht, Du hast einiges über Angst gelernt?
Wo kommst Du nicht weiter?

Viele Grüße

Hotin

A


Angstgedanke - Eure Strategie um Herr der Lage zu sein?

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Ich kann dir nur das Buch Jetzt von Tolle ans Herz legen.
Nach dieses Maxime versuche ich zu leben, gelingt mal mehr, mal weniger.

Und Hotin ist ein sehr kluger Mensch-
stellt immer genau die richtigen Fragen,
die ich mir selbst jetzt auch gleich mal stellen werde
Danke!

Alles Gute für Dich!

...noch etwas fällt mir grade dazu ein-
ein möglicher Zusammenhang? (ist aber reine Spekulation meinerseits)
Du schreibst ja, du hast dich grade von deiner Freundin getrennt.
Hast du deshalb Schuldgefühle?
Könnte es sein, dass du dir den vermeintlichen Hodenkrebs quasi als Strafe diagnostiziert hast, oder als eine Art Sühne? Würde ja auch inhaltlich passen...Hoden haben ja mit Sexualität und Beziehung zu tun...? Und irgendwie spüre ich aus deinen Zeilen auch heraus, dass es mit deiner evtl. bedrohten Männlichkeit zu tun haben könnte? (Verstehst du, was ich meine?)

Kann sein, dass ich vollkommen daneben liege...aber trotzdem wollte ich dir meine Gedanken und Gefühle dazu mitteilen, vielleicht fängst du ja etwas damit an.

Zitat von Hotin:
Hallo MrParadox,
Zitat:
bin ich im Moment wohl absolut empfindlich gegenüber Hypochondrischen Gedanken


der Grund für Deine Krankheitsängste wird mit großer Wahrscheinlichkeit
an Deinem geringen Selbstbewusstsein liegen. Du kannst nicht an Deiner
Krankheitsangst arbeiten, weil sie nicht die Ursache Deiner Probleme ist.

Was ist denn mit Deiner allgemeinen Angststörung?

Zitat:
Obgleich ich schon einiges über Ängste in meiner Therapie gelernt habe


Das würde ich gerne von Dir erfahren. Was hast Du denn über
Angst gelernt?
Könntest Du mir erklären, was normale Angst ist?
Zitat:
Ich würde so gerne an mir selbst arbeiten


Dann mach das doch. Sagtest Du nicht, Du hast einiges über Angst gelernt?
Wo kommst Du nicht weiter?

Viele Grüße

Hotin



Hallo Hotin, Hallo Samsung,

danke erst einmal für eure Worte!

Ich war eben beim Urologen - Ich musste das erstmal klären bevor ich hier antworten kann.

Ich habe natürlich gar nichts. Mein Urologe ist spitze, hat sich viel Zeit genommen und mir jede Seite am Ultraschall 5 Minuten gezeigt und erklärt, wieso da alles in Ordnung ist.
Dieser Knubbel den ich fühlte und meines Ermessens etwa Erbsen groß und relativ hart war, war tatsächlich der Nebenhoden. Ich bin mir über die Anatomie im Grunde darüber schon im klaren - Aber harter Bollen und 5-6 Meter langes, feines Kneul hat da bei mir nicht zusammengepasst. Also an alle die da irgendwie auch ein festeren Knubbel ertasten können: Entwarnung.

Ich möchte fix auf deine Fragen eingehen:

Bzgl. Selbstbewusstsein:
Im Alltag kann ich das überhaupt nicht bestätigen. Ich bin weder besonders introvertiert noch habe ich Hemmungen vor oder mit Leuten zu sprechen, meine Meinungen zu äußern und zu stützen oder mich auf Diskussionen einzulassen. Wenn es jedoch um meine Gesundheit geht, habe ich eine stark verzerrte Selbsteinschätzung. Ich bin Nichtraucher und mache 4-6 die Woche Sport (Kampfsport und schwimmen), bin eher athletisch und kann mich eigentlich über meine körperliche Verfassung nicht beschweren.

Das Problem ist : Ich bin und war einfach schon immer ängstlich. Als Kind hatte ich Angst, dass meine Mutter (bei einem Autounfall) sterben würde, auf dem Gymi wurde ich in der 5-7. Klasse eher gehänselt und entführt wurde ich auch mal. (Vom Dorf-Alki, der mich 30 Minuten in seinem Wohnzimmer eingeschlossen hatte. Danach durfte ich gehen.).

Ich bin jedoch der Meinung, dass es so viele Menschen gibt, die schlimmeres durchmachen und dabei keine Angststörung entwickeln. Das liegt einfach an meiner übersensiblen Mutter die damals schon tierische Angst vor Gewittern hatte und mir dieses Verhalten einfach eingeprägt hat.

Also: Meine Selbsteinschätzung ist einfach nicht mehr rational. Habe ich mal etwas aus der Norm bekomme ich Angst, etwas schlimmeres zu haben. Besonders die Angst vor der Diagnose sitzt mir im Nacken - Diese Zeit, in der man abwarten muss und bangt, nichts schlimmes zu haben.

bzgl. Normaler Angst:

Das ist mir für mich diejenige Angst, die situativ berechtigt ist. Es gibt kein Angstfreies leben, wir brauchen Sie ja zum (über)leben . Die Angst die mich beschäftigt ist eher die völlig übertriebene, Gedankenanreisende, hineinsteigernde unbegründete Angst vor etwas, dass ich mir selbst einrede.

Herzinfarkt? Hodenkrebs? Da hat was an meinem Arm gestochen - Ich falle gleich um. Habe ich sogar schon blaue Lippen? - Diese Gedanken hindern mich daran, meiner Arbeit, Freizeit, Freundschaft oder sozialen Events nachzugehen. Ich bin normalerweise ein sehr geselliger Mensch und genieße es unter Freunden zu sein. Die Zeit mit meiner Freundin hat mich damals oft gehindert, dieses auszuleben. Plötzlich darf ich nichts mehr mit Kommilitonen machen, weil A-Sympathie herrscht.


Über Ängste habe ich gelernt:

Das es dem Körper gleich ist, ob wir uns etwas stark vorstellen oder tatsächlich erleben. Bekomme ich Angst davor, einen Herzinfarkt zu erleiden, schlägt natürlich mein Herz schneller, ich bekomme schlechter Luft oder gerate in Panik. Ich habe gelernt, dass die Flucht aus der Situation das falsche ist. Diese suggeriert zwar kurzweilig Erleichterung, führt jedoch zu einem antrainierten Verhalten. Die Situation durchstehen sorgt dafür, dass der Stresslevel viel niedriger als bei der Flucht ist, wenn man es schafft in der Situation zu bleiben.

Ich weiß, wie Ängste / Panik biochemisch ablaufen (studiere auch Biochemie) und kann es mir eigentlich im groben schon selbst erklären. Ich erkenne die Muster und falle dennoch jedes Mal darauf hinein....Juhu.

Bzgl. meinem Selbststudium mit der Angst:

Ich habe das Gefühl schon viele Fortschritte gemacht zu haben. Vor einem halben Jahr konnte ich nicht einmal schwimmen gehen ohne jede Sekunde mit der Selbstüberwachung zu verbringen. Sticht da etwas? Bekomme ich einen Herzinfarkt?

Jedoch scheitert es jetzt noch oft an meinem Gedankenkarussell. Ich würde mir wünschen:

Ich bekomme Angst vor Krankheit x = Ich denke den Gedanken zu ende, überlege, wie ernst ich meine Selbstdiagnose nehmen sollte und Handel ggfs. Danach mache ich mir bis zur Klarheit vielleicht darüber Gedanken, aber nicht so, dass ich teilweise anfange Abends zu weinen und fest überzeugt davon bin, bald qualvoll zu sterben.

Die Sache mit dem Hodenkrebs hat mir einfach nochmal gezeigt, dass ich noch am Anfang stehe und viel tun muss, um zwar kein Angstfreies, aber ein Barrierefreies Leben leben kann, ohne dass meine Mitmenschen unter meinen Vorahnungen leiden müssen. Ich merke, dass ich allgemein nervös bin und mich selbst sowohl innerhalb meiner Karriere als auch meinen Beziehungen (auch zu mir selbst) bremse.

Ich vergeude so viel Zeit damit mir Sorgen zu machen, da hätte ich gleich noch ein Fach studieren können...


Danke euch. Gruß und ich bin offen für weitere Diskussionen und Hilfestellungen von euch





Dr. Matthias Nagel
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