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Hallo liebe Experten!

Seit über zehn Jahren (bin jetzt 33 Jahre alt) wird mein Leben mittlerweile von Angst- und Panikzuständen in den unterschiedlichsten Formen bestimmt und beherrscht. Zuerst hatte ich eine permanente Angst vor Erbrechen (bin in diesem Forum erstmals auf den Fachausdruck gestoßen). Der Auslöser war bei mir kein konkretes mit Ekel verbundenes Ereignis. Ich bin vielmehr in einer sehr engen, fast symbiotischen Verbindung zu meiner Mutter (alleinerziehend, ein Bruder) aufgewachsen und habe keinerlei Raum für eine selbstständige Entwicklung gehabt. Ständig herrschte ein subtiler Druck, dass ich es meiner Mutter recht machen und ihrem Bild von mir entsprechen musste. Und bei jedem Impuls der Eigenständigkeit hatte ich gleichzeitig Schuldgefühle meiner Mutter gegenüber. Ich bin auch als Kind schon immer sehr ängstlich gewesen und habe mich an meine Mutter geklammert. In der Schulzeit war ich eine Außenseiterin, hatte nur wenige Freunde und habe die meiste Zeit mit meiner Mutter verbracht. Als ich dann meinen ersten Freund hatte (mit Anfang 20), wurde unser Verhältnis immer spannungsgeladener, und ich habe angefangen meine Mutter, die ich immer nur idealisiert hatte auch mal kritischer zu sehen. Dennoch habe ich mich glaube ich bis heute noch nicht richtig abgelöst, will ihr unterschwellig immer noch gefallen, sehne mich auch oft nach unserem engen Verhältnis zurück, bin aber gleichzeitig in ihrer Gegenwart angespannt, gereizt und wütend. Mit Ende 20 habe ich meinen jetzigen Freund kennengelernt, einen sehr dominanten, cholerischen Mann, mit dem ich sehr viel mitgemacht habe. Und seit ca. 2 Jahren sind meine Angstzustände unerträglich. Die Angst vor dem Erbrechen ist weg, dafür befürchte ich ständig bei einer Panikattacke zu ersticken, bilde mir mittlerweile ein an schweren Allergien zu leiden und kann aus Angst vor einem anaphylaktischen Schock kaum noch etwas essen. Von meinem Freund bin ich total anhängig, und ansonsten fühle ich mich wie ein kleines, anlehnungsbedürftiges und orientierungsloses Kind. Mein Leben ist eine Katastrophe. Obwohl ich alle Chancen hatte und immer sehr gute Leistungen erbracht habe, habe ich mein Studium abgebrochen, beziehe Arbeitslosengeld, habe ausser meinem Freund kaum noch Kontakte, und weiß nicht, wie ich einen Stand im Leben finden soll. Ich wünsche mir mein Leben selbstständig angehen zu können, beruflich meine Ziele verwirklichen zu können und endlich mal frei, unabhängig und selbstbewußt zu sein. Aber meine Ängste, die mittlerweile 24 Stunden am Tag präsent sind, lähmen mich. Und mit den Ratschlägen, einfach mal dagegen anzugehen, die Angst zuzulassen und sich abzulenken, bin ich total überfordert. Jetzt steht mein fünfter! Klinikaufenthalt an (Psychiatrie) und ich habe furchtbare Angst vor den Medikamenten und dass der Aufenthalt wieder nichts bringt. Ich fühle mich als totale Versagerin nur noch in Kliniken herumzuhängen und NICHTS selber hinzubekommen. Haben Sie einen Rat für mich, wie ich weitermachen kann? Ich weiß einfach nicht, wo ich ansetzen soll.

Herzlichen Dank!

27.09.2009 19:38 • 30.09.2009 #1


1 Antwort ↓

Hallo bettinaisabelle,

wenn ich versuche, mit Dir zu fühlen, dann dominiert sofort das Gefühl, Mitleid mit Dir wegen Deines bisherigen Leidensweges zu haben und Dich so ein bisschen an die Hand nehmen zu wollen, dich also auch sofort in die Kindrolle zu drängen. Das ist sicher die spontane Reaktion von vielen Menschen Dir gegenüber, wenn Sie mehr von Dir wüssten.

Das bedeutet aber auch , dass Du neben all Deinen Problemen und Deinem Leidensdruck auch einen sekundären Krankheitsgewinn hast (bedauert werden; keine oder wenig Verantwortung für das eigene Leben übernehmen müssen; Frustrationen und Probleme nicht selbst und selbstständig lösen zu müssen), der Dir eine Veränderung zusätzlich erschwert, wenn Du Dich nicht dieser Erkenntnis stellst: Du hast also auch etwas davon - wie bei allen abhängigen Persönlichkeiten - und musst bei einer Veränderung deshalb auch Vieles aufgeben. Es ist nicht immer ein Zuckerschlecken, unabhängiger und selbst verantwortlicher zu sein.

Versteh mich bitte nicht falsch: Das tust Du natürlich nicht bewusst. Das ist schlichtweg ein lange eintrainiertes, automatisch und unbewusst ablaufendes Muster, das auf sehr frühe und immer wiederkehrende Bindungs- und Beziehungserfahrungen in Deiner Lebensgeschichte zurückgeht. Deshalb ist es ja auch so schwer für Dich, an eine Veränderung zu gehen.
Die Ängste sind m.E. deshalb nur oberflächliche Symptome, weil sie Dich (erlaubt) daran hindern, eine Entscheidung zu treffen - weiterhin in Abhängigkeit zu leben ODER Dich auf zu machen, Dein eigenes Leben zu entwerfen und zu leben. Nichts davon bekommst Du aber, ohne auch einen Preis dafür zahlen zu müssen.

Du hast aber eine Wahl: Ich akzeptiere mein Leben so wie es ist - auch mit den Vorteilen, die damit verbunden sind und höre auf, dagegen an zu kämpfen ODER ich mache mich auf einen neuen Weg, ohne zu wissen, wohin der mich führen wird und ich bin bereit, ALLE damit verbundenen Konsequenzen (positive und negative) dafür in Kauf zu nehmen.

Dies ist m.E. eine Grundsatzentscheidung, die Du ZUERST treffen musst, weil Du ansonsten nicht wirklich bereit sein wirst, die schwierigen Aufgaben, die bei einer Veränderung vor Dir lägen, auch wirklich anzugehen.

Wenn Du Dich für das Losgehen entscheiden solltest, dann wird sicher eine stationäre Hilfe als Anfang hilfreich sein. Ich bin mir aber im Zweifel, ob eine psychiatrische Klinik und erst recht Medikamente da der Weisheit letzter Schluss sein können, zu dem Du es schon mehrfach auf diesem Weg versucht hast.

Da es letztendlich darum geht, Deine abhängige Persönlichkeit grundlegender zu verändern und nicht nur an Angstsymptomen herum zu schrauben, hielte ich eine psychotherapeutische Fachklinik für einen Erfolg versprechenderen Weg.

Ich möchte Dir einige Adressen von Kliniken hier nennen, die von Patienten uns gegenüber häufig als hilfreich beschrieben wurden. Trotzdem bleibt es natürlich eine subjektive Auswahl:

Klinik Berus.Orannastr.55.66802 Überherm-Berus

Psychosomatische Klinik Windach-Ammersee,Schützenstr.16,86949 Windach

Psychosomatische Fachklinik,Kurbrunnenstr.12, 67098 Bad Dürkheim

Vogelsbergklinik,Jean Berlit Str.3l, 36355 Grebenhain

Klinik Roseneck.Am Roseneck 6. 83209 Prien

Psychosomatische Fachklinik Bad Pyrmont,Bombergallee 10,31812 Bad
Pyrmont



Ein etwas anderes Konzept verfolgt diese Klinik:

http://www.ahg.de/AHG/Standorte/Hardberg/Klinik/Wie_behandeln_wir/Behandlungskonzepte/Psychosomatik_Jugendpsychosomatik.html

in Zusammenhang mit

http://www.ahg.de/AHG/Indikationen/Psychosomatik/Persoenlichkeitsstoerungen/Abhaengige_Persoenlichkeitstoerung/index.html

Ich hoffe, dass Du bald einen Weg findest, Dich zu entscheiden, was Du willst und dann möglicherweise auch meine Anregungen in Deine Entscheidung einfließen lassen kannst.

Herzlichen Gruß

Bernd Remelius




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