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Hallo!

Ich habe eigentlich mehrere Probleme auf einmal, versuche aber, mich kurz zu halten.

Ich bin mittlerweile sechzehn Jahre alt und leide an Klaustrophobie. Wann genau ich daran erkrankt bin, weiß ich nicht, da sie erst nach einiger Zeit stark genug geworden ist, um zu erkennen, dass ich sie hab. Die erste Panikattacke, an die ich mich erinnern kann, hatte ich mit elf Jahren in einem Fahrstuhl.

Anfangs hatte ich gehofft, dass die Klaustrophobie von alleine verschwindet und habe gefährliche Situationen immer gemieden, doch dadurch ist alles nur schlimmer geworden, und nun bemerke ich, dass es so nicht mehr weiter gehen kann. Früher verspürte ich Panik in Fahrstühlen, Tunneln, engen fensterlosen Räumen, Kellern, U-Bahnen und in dichten Wäldern, doch mittlerweile reicht manchmal schon das Schließen einer Tür oder eines Fensters.

Meine Eltern wissen nichts davon und ich habe auch nicht vor, es ihnen mitzuteilen.
Auch bin ich strikt gegen Medikamente aller Art.

Vor knapp einem Jahr sollte ich mit meiner Klasse einen Schulausflug nach England machen und uns wurde mitgeteilt, dass wir mindestens einmal den Eurotunnel passieren würden. Ich dachte Tag und Nacht darüber nach, wie ich es überleben sollte, da durch zu fahren. Schon Wochen vorher bekam ich Panik und diese übertrug sich auch auf meinen Schlaf. Albträume quälten mich, meistens waren es die Gleichen, zumindest waren sie sich sehr ähnlich: der Zug bleibt stehen, ich bin im Eurotunnel gefangen, die Luft wird dünner...
Dann hatte ich also nicht nur Angst vor dem Eurotunnel selbst, sondern auch Angst vor den Albträumen über den Eurotunnel. Ich verbrachte zahllose schlaflose Nächte und nach einem Monat erkannte ich, dass ich an Insomnie, einer Schlafstörung, litt.
Nach der Englandfahrt (ich hatte die Fahrt durch den Tunnel tatsächlich überlebt, allerdings nur mit einer starken Panikattacke) hatte ich damit gerechnet, dass die Albträume aufhören, aber dem war nicht so und selbst nach einem Jahr habe ich pro Woche mindestens drei bis vier Nächte, an denen ich nicht einschlafen kann, bzw. dies erst nach stundenlangem Rumgewälze und Nachdenkens tue.

Ich weiß, dass sowohl die Klaustrophobie als auch die Schlafstörung Teufelskreise sind, aber beides miteinander kombiniert ist die Hölle.

Ich habe mir bereits ein Buch zu dem Thema gekauft, es mit beruhigenden Atemübungen versucht und hab mich einige Male freiwillig meiner Angst gestellt. Alles hat nichts geholfen, vor allem Letzteres hatte nur negative Auswirkungen.
Ich habe bereits über eine Konfrontationstherapie nachgedacht, allerdings bin ich stark abgeneigt, so etwas zu tun, da es einfach unsinnig ist. Jedes Mal, wenn ich mich freiwillig meiner Angst gestellt hab, habe ich die Situation nur noch verschlimmert. Ich werde nicht noch mal einfach so in einen blöden Fahrstuhl steigen!

Was soll ich nur tun? Ich kann mich nicht dazu überwinden, einen Therapeuten direkt aufzusuchen, weil ich nicht krank bin! Ich bin schließlich kein Freak oder so und ich habe Angst, dass der Therapeut genau das von mir denkt, wenn ich ihn aufsuche

Grüße, Sam

P.S. Ich habe von Serotonin gehört und angeblich soll ein Serotoninmangel Angststörungen hervorrufen oder besser gesagt, können Angstgefühle durch eine Steigerung des Serotoninspiegels vermindert werden. Stimmt das?

18.05.2009 00:08 • 21.05.2009 #1


1 Antwort ↓

Hallo Sammy,

jetzt lass mal den ganzen Quatsch mit Serotoninmangel hin oder her - das ist eine Begleiterscheinung von Ängsten, aber nicht die Ursache.

Was bei Dir abläuft ist klar und klassisch für die Entstehung einer Angststörung. Und es ist völlig egal, ob Du das Störung, Krankheit, Angst, Panik, gelernte Gefühle oder anders nennst ! Das sind Worte, damit sich Menschen darüber unterhalten und austauschen können. Und Krankheit müssen wir es nennen, damit die Krankenkasse eine Therapie bezahlt. Und mit Verrücktsein hat das auch nichts zu tun.

Die Entwicklung von Angst, wie Du sie hast, läuft nach folgendem Muster ab: Angsterlebnis -- Angst, das dies wieder auftritt -- immer mehr Aufmerksamkeit darauf -- man wartet schon auf die Angst -- immer mehr Angst -- man vermeidet Situationen, die Angst auslösen könnten -- dadurch verfestigt sich die Angst -- die Situationen weiten sich aus -- man kann die Angst immer mehr innerlich schon auslösen, allein durch die Vorstellung -- man vermeidet immer mehr, glaubt es nicht aushalten zu können -- man probiert, es durchzustehen, hält aber nicht lange genug durch, flieht aus der Situation -- noch mehr Angst vor der Angst und Vermeidung -- Teufelkreislauf ....
Die Schlafstörungen beruhen auf der Angst und verstärken alles noch.

Die gute Nachricht: das kannst Du überwinden, wenn Du lernst, Vermeidung abzubauen und zu bewältigen. Da Du schon viele schlechte Erfahrungen mit unsystematischer und schlecht vorbereiteter ! Angstkonfrontation (wozu Du ja nichts kannst, weil Du kein Fachmann für Angstbehandlung bist) gemacht hast, solltest Du Dir unbedingt professionelle Hilfe holen.
Von Deinem Alter her ist für Dich ein/e Psychotherapeut/in für Kinder und Jugendliche zuständig. Suche Dir aber auf jeden Fall einen Verhaltenstherapeuten ! Dabei kann Dir Deine Krankenkasse helfen.

Zur Vorbereitung schau Dir bitte das Buch von Dr. Doris Wolf, Ängste verstehen und überwinden aus dem PAL Verlag an.

Deine Angst ist gut zu behandeln, wenn Du die notwendigen Schritte gehst - also lauf los - deinetwegen !

Herzlichen Gruß

Bernd Remelus




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