Hallo Bust,
Ich finde es schön, dass du dir Gedanken um deine Frau machst und ihre Erkrankung verstehen willst. Wenn sie in der Klinik ist, dann findest du dort viele Ansprechpartner. Ärzte, Schwestern, mitunter auch andere Patienten, die dir sagen können, wie du sie am Besten unterstützen kannst. Und sie selber kannst du natürlich auch fragen, was sie sich wünscht
Mir war es während meiner Zeit mit Panikattacken wichtig, dass man mich und meine Angst ernst nimmt. Es ist keine normale Angst die man spürt, wie wenn man aufgeregt ist oder nervös. Es ist wirklich eine unglaubliche uralte instinktive Todesangst, die da einfach so aus dem Nichts im Körper hoch steigt. Das ist fast keine Angst mehr, meistens ist es wirklich Grauen. Das unterschätzen Viele, die eine Panikattacke noch nicht selbst durchleben mussten. In dem Moment, in dem die Panik kommt, war ich jedes mal sicher, dass ich es nicht überleben würde. So geht es deiner Frau vielleicht auch. Als Außenstehender stellt man sich das meist ganz harmlos vor: Ach das bisschen Angst da. Aber als Betroffener leidet man wirklich Höllenqualen und Todesängste.
Wenn ich eine Panikattacke hatte und mein Partner war bei mir, hat er mich einfach in den Arm genommen und versucht zu beruhigen. Das fand ich sehr schön. Zum Einen nahm er mich ernst. Aber er hat mich auch manchmal auf den Boden der Tatsachen zurück gebracht, indem er mir klar gemacht hat, dass meine Ängste irrational und überzogen waren. Er hatte meiner Meinung nach genau die richtige Mischung aus Realitätssinn und Verständnis für mich. Er hat mich wieder runter gebracht, wenn ich Gefahr lief mich in eine Attacke hinein zu steigern, und er hat mich ernst genommen, wenn mich die Angst übermannt hat. Aber red mit deiner Frau und frag sie, was sie will. Ich meine, ihr kennt euch ja jetzt schon eine lange Zeit. Du wirst bestimmt wissen, was du ihr Gutes tun kannst
Die Frage des Auslösers und des Wieso und Warum ist bei Panikattacken übrigens nicht unbedingt wichtig für den Heilungsprozess. Im Laufe der Therapie lernt man, mit der Angst umzugehen, entwickelt Strategien, die man anwenden kann, wenn die Angst kommt. Eine unterstützende Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit braucht's da nicht unbedingt dazu. Bei mir kamen die Panikattacken etwa, nachdem mein Vater ganz unerwartet vorletzte Weihnachten gestorben ist. Ich sollte noch dazu bald mein Abi schreiben und die Trauer zusammen mit dem Leistungsdruck haben vermutlich dafür gesorgt, dass ich die Attacken bekam. Meiner Meinung nach will die Seele durch die Attacken um Hilfe rufen und sagen: Hey, pass auf dich auf, es ist zu viel!
Ich hab zum Glück sehr schnell mit einer ambulanten Verhaltenstherapie beginnen können, und war im Sommer, also ein halbes Jahr später, schon die schlimmsten Attacken los. Ab und zu, wenn ich mich unwohl fühle, kommt die Angst zwar noch, aber es ist extrem selten und es wird nie eine Attacke daraus, weil ich gelernt habe, damit umzugehen.
Der Tod meines Vaters kam in der Therapie zwar auch zur Sprache, aber es war wichtiger, Strategien zu lernen als in der eigenen Vergangenheit zu wühlen.
Also versteif dich nicht zu sehr auf die Fehlersuche oder die Vergangenheit.
Du solltest einfach für sie da sein und sie unterstützen, so gut du es eben kannst, aber du brauchst sie auch nicht wie eine Invalide behandeln. Es gab hier schon öfter Fälle mit verzweifelten Ehemännern, die ihren Frauen nach der Erkrankung sämtliche Arbeit und alle Aufgaben abgenommen haben. Das Ende vom Lied war dann z.B., dass die Frau das Haus nur noch verlassen konnte, wenn der Ehemann mit dem Auto hinter her gefahren ist. Das ist natürlich nicht förderlich für den Heilungsprozess.
Du solltest versuchen ihr eine Stütze zu sein, aber mach dich nicht selbst zu einer Krücke
Liebe Grüße,
Bianca
04.07.2010 06:48 •
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