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Guten Abend ihr Lieben!
Im September bekam ich ja die erste Panikattacke in meinem Leben.
Im März entschied ich mich dann für eine Gesprächstherapie. Der Psychologe hat eine Agoraphobie mit Angststörung und eine leichte Depression diagnostiziert.
Die Panik kommt meistens nur wenn ich weg von zuhause bin, vor allem im Auto. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich selber fahre oder Beifahrer bin, ob ich in der Stadt fahre oder auf der Autobahn. Ich versuche mich beim Autofahren z.B. mit beruhigenden Klängen oder Waldgeräuschen abzulenken. Hilft mehr oder weniger gut/schlecht. Die größte Herausforderung ist der tägliche Arbeitsweg von 20km. Und jedes Mal denke ich mir, hast Du toll gemacht. Nachher oder morgen wieder? Naja, aber muss ja sein, also los.
Während der Therapie (heute die 4. Sitzung gehabt) wurde natürlich auch mein Leben beleuchtet. Dem Therapeuten fiel auf, dass ich als Kind immer sehr behütet wurde. Auch heute noch wohne ich zuhause (mit 27), aber nicht aus Bequemlichkeit.
Als ich 11 war, sind meine Großeltern gestorben. Als ich 12 war, mein Vater. Das hat mich damals natürlich mitgenommen, was man auch schulisch gesehen hat. Aber ich habe mich immer wieder aufgerappelt, mit 18 mein Fachabi gemacht, eine Ausbildung abgeschlossen und bin übernommen worden. Wir sind eine sehr kleine Familie und der Zusammenhalt ist gut. Heute machen mir die damaligen Todesfälle nichts mehr aus, als wenn ich es verdrängt hätte. Therapeut meint, es wäre eine Schutzfunktion.

Meine Mum ist allerdings seit knapp 8 Jahren nicht gut zurecht, da sie 2 neue Hüften bekam und noch immer vor Rückenschmerzen nicht viel machen kann. Die Ärzte wissen bei ihr nicht wirklich weiter. Viel Geld wurde ausgegeben, weite Strecken in Kauf genommen und alle möglichen Experten kontaktiert.
Daher wohne ich noch zuhause und versuche sie so gut es geht zu unterstützen. Sie lässt sich auch nicht hängen und versucht trotzdem vieles zu machen.
Trotzdem bleibt z.B. der Garten an mir hängen (was ich aber mittlerweile auch gerne mache und eine Art Hobby von mir geworden ist) oder an schlechten Tagen muss ich auch den Einkauf erledigen, was für mich jetzt nicht unbedingt das Problem ist.
Aufgrund dieser Sache kann ich mich nur schwer von zuhause lösen, da sie mir natürlich leid tut, aber oft auch einfach nur noch nervt.
Wir haben ein Haus und genügend Platz um sich aus dem Weg zu gehen wenn es sein muss, daher ist es auch noch gut auszuhalten. Ich mache meine Wäsche selber, zahle Miete (was dann aber zurückgelegt wird) und koche gerne - auch mal für sie mit.
Kurz bevor Corona kam, begann ich mich etwas zu lösen. Ich fuhr mal hier, mal dort hin, aber war nie länger als ein Wochenende alleine von zuhause weg, dann bekam ich Heimweh - zuhause ist es doch am schönsten
Als dann Corona kam und ich die Wahl hatte ins Homeoffice zu gehen, nutzte ich dies, da ich gesundheitlich am Herzen vorbelastet bin und mir ja auch den Weg sparen konnte.
Ja und als es dann letztes Jahr wieder ins Büro ging, begann die Panik. Die ersten 8 Wochen waren noch gut und aus heiterem Himmel, morgens auf dem Weg zur Arbeit bekam ich eine Panikattacke im Auto. Die Symptome konnte ich damals noch nicht einschätzen und dachte nicht an eine Panikattacke. Es wurden aber mit der Zeit alle anderen Faktoren ausgeschlossen.

Während Corona ist mein Onkel gestorben und jetzt im Januar mein Großonkel, der eine Art Ersatzopa für mich war. Beides war jetzt nicht unbedingt förderlich für mich.
Der Therapeut meint aber auch, dass mein Beruf als Speditionskaufmann auch nicht ganz unschuldig ist. Viel Stress, 5 Sachen gleichzeitig, Großraumbüro wie im Callcenter, Überstunden etc. Die Überstunden mache ich schon nicht mehr, und ich versuche mich immer nur auf eine Aufgabe zu konzentrieren.

Im März hatte ich Corona und seitdem fühlt es sich noch schwieriger im Büro an. Kann mich kaum konzentrieren, bekomme oft eine Art Schläfrigkeit verbunden mit einer Panik und Nervosität. Die Schläfrigkeit kann aber auch aus der Panik beim Autofahren resultieren, vermute ich. Zusätzlich habe ich psychogenen Schwindel und Gangunsicherheiten, vergesse oft Sachen und habe wenn ich unterwegs bin, immer das Gefühl als wenn ich irgendwas irgendwo liegengelassen habe.
Zusätzlich habe ich Probleme mit starken Nackenverspannungen und bin dort in Physiotherapie und versuche mindestens alle 2 Tage in irgendeiner Form Sport oder Kraftübungen zu machen. Oft reicht mir dann aber schon die besagte Gartenarbeit.
War nach der Infektion 6 Wochen krankgeschrieben und durfte dann 2 Wochen von zuhause aus, mich wieder reinarbeiten.
Mein Chef hat nicht ganz soviel Verständnis für meine Situation und meint, entweder Du kannst arbeiten, oder beziehst jetzt Krankengeld. Bzgl. eines Abteilungswechsels hatte ich ehrlich gesagt noch nicht den Mut mit ihm zu sprechen.
Einen kompletten Jobwechsel in eine andere Firma, traue ich mir in meiner momentanen Situation nicht zu. Hier weiß ich, dass ich erst mal nicht so schnell gekündigt werde(n kann) und kenne mein Umfeld.

Vor dem ganzen Theater mit meiner Panik, waren bei mir schon Pläne, bald eine Wohnung zu kaufen und notfalls erstmal zu vermieten. Aufgrund der absurden Preise hat sich das dann aber erstmal erledigt gehabt. Es wird sogar eine Wohnung in der selben Straße wie wir jetzt wohnen zum Kauf angeboten, aber für einen absolut inakzeptablen Preis. Sonst wäre ich das Wagnis eingegangen (Miete kommt für mich aus diversen Gründen nicht in Frage).

Mein Ziel ist aber auf jeden Fall, mit 30 ausgezogen zu sein, denn ich habe auch ein Leben und zwar nur dieses Eine und dem bin ich mir auch bewusst.

Und meinen Job? Im letzten Juni hatte ich schon diverse Bewerbungen unterschrieben hier liegen und hätte sie nur noch abschicken müssen. Warum habe ich es nicht gemacht? Weil ich mich irgendwie trotz aller widrigen Umstände nicht von meiner jetzigen Firma und den Kollegen verabschieden kann, es ist eine Hassliebe. Ich habe dort jetzt 1/3 meines Lebens verbracht und es ist wie eine 2. Familie geworden, auch wenn mir die Gedanken an die Arbeit Panik machen. Ich glaube aber, dass es einfach nur die Angst vor etwas Neuem ist, die mich damals daran gehindert hat, ich woanders zu bewerben. Die Unsicherheit beim Neuen zu versagen. Die Angst, dass es doch nicht besser ist.

Die Angst und Panik versuche ich zu akzeptieren, das klappt mal mehr, mal weniger gut. Morgens stehe ich auf und bin total gerädert und mir ist schlecht. Aber nur wenn ich weiß, dass ich am Tag irgendwelche Verpflichtungen habe, Sonntags wo meistens nichts oder nur spontan etwas anliegt, gehts es relativ gut. Dieses Gefühl kenne ich aus der Schulzeit, dort war es aber nicht so extrem. Dann ist es für Jahre verschwunden und nun wieder da, aber halt mit Panik und Angst.

Was soll ich tun? Von zuhause lösen, doch den Job wechseln, noch weiter krank feiern um das Problem erstmal grob in den Griff zu bekommen? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht und fühle mich mit der Situation irgendwie überfordert. Ich hatte schon mehrfach gesagt, es reicht, ich feiere jetzt krank, beziehe Krankengeld und kuriere mich aus. Dann aber denke ich, es ist ja nur eine Panik/Angststörung, da ist Vermeidung fehl am Platz, und gehe am nächsten Tag doch wieder arbeiten.

Habe Neurexan, Laif900, Cefasafra und Lasea probiert. Alles half irgendwie, aber nie war es das Richtige. Momentan bin ich an einem Punkt, wo ich etwas Stärkeres brauche und nehme heute Abend zum ersten Mal Opipramol 50mg. Mein Arzt sagt, ich soll erstmal 3 Tage Abends 1 nehmen, aber ich glaube ich steige nur mit einer halben ein, da ich sowieso anfällig für Medikamente bin.

Wenn ihr den ganzen Text gelesen habt, danke ich Euch von ganzem Herzen und vertraue auf Eure Erfahrungen und Ratschläge. Ich habe sicherlich noch Einiges vergessen, aber ich denke auch so reicht es um Euch ein Bild der Lage zu machen

Grüße Euch

17.05.2022 18:59 • 18.05.2022 #1


1 Antwort ↓

Zitat von goldy12:
Was soll ich tun? Von zuhause lösen, doch den Job wechseln, noch weiter krank feiern um das Problem erstmal grob in den Griff zu bekommen? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht und fühle mich mit der Situation irgendwie überfordert. Ich hatte schon mehrfach gesagt, es reicht, ich feiere jetzt krank, beziehe Krankengeld und kuriere mich aus. Dann aber denke ich, es ist ja nur eine Panik/Angststörung, da ist Vermeidung fehl am Platz, und gehe am nächsten Tag doch wieder arbeiten.

Hallo goldy12,
ich finde es grundsätzlich gut, dass du arbeiten gehst und nicht vermeidest. Andererseits muss man natürlich auch im Auge behalten, ob und wann die Belastung für dich zu groß wird, weil dadurch werden die Panikattacken auch nicht besser. Hast du mal an eine vorübergehende Auszeit gedacht in Form von psychosomatischer Kur, Reha, etc.? Da könntest du dann mal ein bisschen zur Ruhe kommen und mit etwas Distanz über deine Lebenssituation nachdenken. Da gibt es ja auch einige Wünsche in dir, nach sehr nachvollziehbaren Veränderungen. Gut, dass du schon in Therapie bist und das Medikament könnte auch zu deiner Stabilisierung beitragen.





Dr. Christina Wiesemann
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