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Hallo ihr Lieben,

ich bin noch recht neu und freue mich dieses Forum gefunden zu haben. Ich würde gerne eure Meinung zu meinem Thema hören, muss dazu jedoch ein bisschen ausholen. Schon mal ein Dank an alle, die die Muße haben den Text zu lesen und eventuell auch noch zu antworten

Ich leide schon ewig unter Panikattacken, früher alle paar Monate mittlerweile ist das ein Dauerbrenner. Da sich die Angst ganz klassisch durch das Vermeidungsverhalten einen schönen gemütlichen Raum geangelt hat. Bis letztes Jahr bin ich in meiner Komfortzone ganz gut (und irgendwie zu recht gekommen), habe mich dort eingeigelt und deswegen auch seltener Panik gehabt, da keine Konfrontation. Diese Panikkrisen kommen bei mir oft nach langer Überbelastung. Jetzt bin ich natürlich vom Persönlichkeitsprofil so eine, die sich in Sachen, besonders beruflich, gerne reinhängt und bis über jede Belastungsgrenze geht. Mein Arbeitsplatz hat mich dabei enorm gefordert, war aber ebenfalls etwas wo ich mich sehr sicher gefühlt habe. Dort hatte ich das Gefühl etwas zu leisten und habe mir ganz viel Wertschätzung für die eigene Peron eingeheimst. ( ) Jedoch habe ich immer über die vorhandenen Kräfte gewirtschaftet. Nun kam Corona und damit war mein Arbeitsplatz kein sicherer Ort mehr. Ich arbeite in einem Pflegeheim, bin Ergotherapeutin und gerontopsychiatrische FK und leite die Soziale Betreuung. Letztes Jahr bestand gefühlt nur aus Krisen und Sterbegleitung. Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, aber ich habe so etwas in 20 Jahren Berufserfahrung noch nicht erlebt. Und dann hatten wir den Virus auch noch im Haus. Nachdem Ende des Jahres das Gröbste überstanden war, kam es wohl, wie es kommen musste: Mein Zusammenbruch. Erst war ich ein paar Wochen vom HA, dann vom Psychiater krankgeschrieben. Über die Monate habe ich mich ganz gut in meinem Leben eingerichtet, konnte das erste Mal seit Ewigkeiten Kraft für mich abzwacken, habe eine erneute Therapie begonnen. Dort geht es um VT, Expos aber auch EMDR steht an (Traumata aus der Vergangenheit). Viel anderes habe ich schon durch eine gute frühere Therapie aufgebareitet. Ich habe meine Arbeitststelle gekündigt, weil mir klar war: Das geht so nicht mehr weiter. Nun ist es so, dass ich zum 1.10. eine andere Stelle annehme, davor vier Wochen Urlaub habe ABER noch zwei Wochen Wiedereingliederung mache. JAHAAA, ich verstehe, wenn ich euch am Kopfe kratzt und fragt: Warum? Arzt und KK meinten schon unter diesen Sonderbedingen mache es ja eigentlich keinen Sinn. ABER ich dachte, dass ich für mich wichtig. Ein guter Abschluss nach 11 Jahren dort, ich kann hoch erhobenen Hauptes gehen und einen Schlußstrich ziehen. Und auch noch die Übergabe an meine Nachfolgerin machen, die schon meine Schülerin war. Das hörte sich für mich ganz schön und schlüssig an. Nun habe ich eine Woche rum und es geht mir nicht gut. Ich habe knapp zwei Kilo abgenommen, mir ist ständig übel, ich habe keinen Appetit mehr, habe teils starke innere Unruhe und auf jedem Rückweg von den zwei Stündchen Arbeit eine Panikattacke mit der ich ca. 13 km Auto fahren muss. Ich bin total erschöpft. Jedes Gespräch dort strengt mich an und der Gedanke an die Übergabe ist schlimm für mich.

Jetzt endlich meine Frage: Was würdet ihr tun? Nächste Woche ertragen und sich durchkämpfen? Anstatt auf 3 Stunden bei 2 Stunden bleiben? Mit dem wirklich sehr netten Chef reden und sagen: Sorry, ich habe es probiert aber es geht nicht?

Ich bin so gefangen zwischen durchkämpfen und nichts vermeiden oder aber auf mich und meine Bedürfnisse hören.

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass mir diese Woche so schwerfällt und die Kraft raubt. Die Negativität die ich dort spüre wirkt sich mittlerweile schon auf die Gedanken zur nächsten Stelle aus. Vorher habe ich mich gefreut. Jetzt denke ich: Bin ich belastbar genug? Was ist, wenn ich es dort nicht schaffe? Dann werde ich arbeitslos. Und das ist so schade, weil ich vorher daran geglaubt habe, dass mir der Neuanfang mit anderem Klientel gut tun und gelingen wird.

Ich bin gespannt auf Meinungen, Verstädnisfragen oder whatever. Und sorry für den langen Text

LG Eule

22.08.2021 19:26 • 26.08.2021 #1


14 Antworten ↓

Um das mal wirklich total simpel zu schildern - was Du bewusst wahrnimmst kann sich durchaus deutlich von dem Unterscheiden was dein Unterbewusstsein und dein Angstzentrum fühlt. Gerade wenn da einmal eine Traumatisierung stattgefunden hatte in der Vergangenheit.

Den Energiehaushalt im Gleichgewicht zu halten ist absolut elementar. Sicher ist es möglich einmal eine kurze Weile etwas über seine Grenzen zu gehen. Wenn man es jedoch zu weit treibt, kann es passieren das das Angstzentrum beginnt Lebensbereiche von sicher auf unsicher umzudeklarieren. Dieses diffuse Angstgefühl kann ohne klare Abgrenzung auch in andere Bereiche einfließen.
In dem Moment ist es aus meiner Erfahrung wichtig sich der Überbelastung zu entziehen und unsichere Bereiche erst einmal wieder als green Zone anzuerkennen, bevor man da weiter in Exposition geht.

So viel zur Theorie.

Wie dein Weg der Mitte und der Belastungsgrenze ist, kannst nur Du selbst ermitteln. Also auch ob Du das tust oder nicht. Denn keiner kann in deinen Schuhen 1 zu 1 laufen. Auch ist die Resilienz eines jeden und die psychische Biografie so unterschiedlich wie ein Fingerabdruck.

Da ich das aus der Sicht von Traumafolgestörungen sehe, neige ich tendenziell mehr zur Vorsicht und Achtsamkeit als zur Exposition.
Weil ich bin nicht derjenige der dann einen evtl. höheren Leidensdruck auszuhalten hat.

A


Überbelastung bei Wiedeingliederung

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@cube_melon Danke für deine Antwort.

Das stimmt natürlich, dass niemand in meinen Schuhen laufen kann. Ich denke mein Bauchgefühl hat schon eine Tendenz. Aber wie immer quasselt da eine Stimme, die sagt: Du musst leisten. Wenn du was leistest, dann bisr du was wert. Da kommt ein altes Muster, wie ich gerade bemerke. Eigentlich versuche ich ja gerade umzulernen und neue Wege zu gehen. Den Perfektionismus ablegen. Es fällt schwer zu akzeptieren, dass die toughe Fassade halt genau das war: eine Fassade. Und den schwachen Teil zu akzeptieren ist sehr schwer.

Zitat von cube_melon:
Um das mal wirklich total simpel zu schildern - was Du bewusst wahrnimmst kann sich durchaus deutlich von dem Unterscheiden was dein Unterbewusstsein und dein Angstzentrum fühlt. Gerade wenn da einmal eine Traumatisierung stattgefunden hatte in der Vergangenheit.

Ja, das stimmt. Ich habe jahrelang so gut wie gar nichts gefühlt, nur funktioniert, wie eine Maschine. Ich kannte nur ein Gefühl wirklich und das war die Panik, die mich immer mal wieder besuchte. Ich musste ganz viele grundlegene Sachen erstmal lernen: Essen, wenn man hungrig ist. Schlafen, wenn man müde ist.

Jetzt kann ich zwar fühlen aber bin oft noch verwirrt, was ich da alles fühle und wie damit umgehen. Und für sich einstehen etc. . Nicht so einfach gut mich sich umzugehen.

Zitat von Sterneneule:
Den Perfektionismus ablegen. Es fällt schwer zu akzeptieren, dass die toughe Fassade halt genau das war: eine Fassade. Und den schwachen Teil zu akzeptieren ist sehr schwer.

Perfektionismus kann eine Einstellung sein, aber auch in Form eines inneren Anteils, eines Perfektionisten bestehen.
Mit diesem Anteil hatte ich auch so meine persönliche challenge um den auszulagern.

Eine Fassade bezeichne ich als Maske die man trägt. Je nach dem wie man dazu steht kann das positiv wirken oder sich ungünstig anfühlen.
Diese Maske zu tragen kann manchmal ein notwendiges Mittel sein um anderen keine Angriffsfläche zu bieten. Auf der anderen Seite halte ich sie und das ist der positive Aspekt aus meiner Sicht, als eine Art üben eines normalen symptomfreien Ich.
Wichtig ist dabei das man selbst einen Rückzugsort hat, vorzugsweise die eigene Wohnung, wo man diese Maske ablegen und so sein kann wie man sein will und sich entspannen kann.

Der gute Umgang mit sich selbst ist elementar. Wir brauchen den Kontakt zu uns selbst. Er ist notwendig, damit das Unterbewusstsein lernt unserem Ich-Bewusstsein zu vertrauen.
Vermeide ich es mir was zu trinken zu holen, wenn ich durstig bin oder schütze ich micht vor z.b. Grenzübertretungen, dann bemerkt das Unterbewusstsein/Angstzentrum dies.

Nicht Trinken und schützen = UB Sprache - Das Bewusstsein lässt uns im Stich.
Folge das UB versucht uns mit psychischen und oder körperlichen Signalen auf die Missstände hinzuweisen und reagiert mit der Zeit immer empfindlicher auf ein solches Verhalten.

Man sollte sich selbst sein bester Freund sein. Und auch entsprechend so mit sich umgehen.
Da gebe ich immer als Tipp für die Achtsamkeitsübung den Satz mit Wie würdest Du mit einem Freund in so einer Situation umgehen?

Menschen, die sehr leistungsorientiert sind, sich ihre Liebe darüber abholen, müssen umdenken. Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es um die 2 Wochen in der alten Stelle?

Wenn ja: Typisch dafür. So richtig im alten Muster, alles perfekt übergeben, obwohl man den Laden verlassen musste, weil er alles triggert, was man nimmer möchte.

Du tust genau das, was du eigentlich eben nimmer tun sollst: Damit alles gut aussieht, und du als die verantwortungsbewusste und natürlich auch bissle souveräne Exmitarbeiterin in Gedanken der anderen bleibst, quälst du dich jetzt dort hin.

Es geht hier nicht um die Arbeitsstelle, sondern genau um deine Hintergrundsproblematik, alles ja perfekt und gut machen zu wollen. Und da dir das Stress macht, nun, merkst du selbst.

Und natürlich ist es auch beschissen, aufgrund Burnout und Panik das Feld räumen zu müssen. Sei doch auch mal ehrlich zu dir selbst.

Also, lerne mal bissle Unperfektionismus, und sag, was zu sagen ist. Hier geht es nicht um Vermeidung, sondern um den Umgang mit den eigenen Grenzen und mit dem Thema: Sorry, ich will und ich kann jetzt nicht.

Zitat von Sterneneule:
Nächste Woche ertragen und sich durchkämpfen? Anstatt auf 3 Stunden bei 2 Stunden bleiben? Mit dem wirklich sehr netten Chef reden und sagen: Sorry, ich habe es probiert aber es geht nicht?


Jeder von Euch, der während der Pandemie im Gesundheitswesen arbeitet, hat viel geleistet und ihr seid erschöpft und fertig.

Sag mal, ich muss Dich grad mal schütteln, Du bist doch vom Fach.

Dein Körper gibt Dir doch bereits Warnsignale, Mensch bleib zu Hause und Versuch, dass Du endlich abschaltest.

Du bist kurz vor dem nächsten Zusammenbruch.

Gespräch mit dem Chef würde ich dahingehend suchen, dass Du es ihm erklärst aber Dich bitte krankschreiben lässt.

Sonst fällst Du für längere Zeit wieder aus und kannst die Stelle im Okt. nicht antreten.

Alles Gute und kümmere Dich bitte um DiCH.

Zitat von Icefalki:
Wenn ja: Typisch dafür. So richtig im alten Muster, alles perfekt übergeben, obwohl man den Laden verlassen musste, weil er alles triggert, was man nimmer möchte.

Du tust genau das, was du eigentlich eben nimmer tun sollst: Damit alles gut aussieht, und du als die verantwortungsbewusste und natürlich auch bissle souveräne Exmitarbeiterin in Gedanken der anderen bleibst, quälst du dich jetzt dort hin.


Ja da hast du wohl genau ins Schwarze getroffen. Genauso hatte ich mir das vorgestellt. Ich habe nicht bedacht, dass das so nicht funktioneren könnte. Ich hatte immer so viel Energie und Engagement, ich konnte mir nciht vorstellen, dass mein Körper und meine Psyche mir sofort die Grenzen aufzeigen.

Zitat von Icefalki:
Und natürlich ist es auch beschissen, aufgrund Burnout und Panik das Feld räumen zu müssen. Sei doch auch mal ehrlich zu dir selbst.


Da hast du recht. Ich habe mich immer so über die Leistung der Arbeit definiert, dass ich in den letzten Monaten und jetzt erst dabei bin mich zu finden. Und zu sehen, dass das Lebenskonzept oder das was man dafür hielt evaluiert werden muss. Und es kratzt verdammt am Ego und Stolz nicht die zu sein für die man sich hielt. Oder die man einfach nicht mehr ist, weil man zu viel erlebt hat. Allein beim Schreiben spüre ich den Widerwillen es mir einzugestehen.

Zitat von Icefalki:
Also, lerne mal bissle Unperfektionismus, und sag, was zu sagen ist. Hier geht es nicht um Vermeidung, sondern um den Umgang mit den eigenen Grenzen und mit dem Thema: Sorry, ich will und ich kann jetzt nicht.


Danke für die klaren Worte
Ich werde die nächsten zwei Tage nicht hingehen und dann schaue ich mal weiter. Ein riesengroßer Schritt für mich meine Bedürfnisse und Grenzen zu sehen und mich danach zu richten. Ich habe mich so darauf gepolt alle Bedürfnisse von anderen zu erfassen und zu erfüllen, dass ich gar nicht an meine Bedürfnisse und Grenzen herankam. Und das wird auch lange noch Thema sein: Dieses für mich einstehen und Verantwortung übernehmen.

Zitat von portugal:
Sag mal, ich muss Dich grad mal schütteln, Du bist doch vom Fach.


Oh ja, schüttel bitte. Und kräftig

Die Sache ist ja die: Für alle anderen würde ich natürlich anders denken. Einer Freundin würde ich etwas anderes mit auf den Weg geben. Auch jemanden aus meinem Team würde ich nach Hause schicken und sagen: Du bist wichtiger, kümmer dich mal erst um dich selbst!
Aber bei mir da habe ich so einen dermaßen blinden Fleck manchmal.

Und da sollte ich mir die Worte von @cube_melon zu Herzen nehmen.
Zitat von cube_melon:
Man sollte sich selbst sein bester Freund sein. Und auch entsprechend so mit sich umgehen.
Da gebe ich immer als Tipp für die Achtsamkeitsübung den Satz mit Wie würdest Du mit einem Freund in so einer Situation umgehen?


Zitat von portugal:
Dein Körper gibt Dir doch bereits Warnsignale, Mensch bleib zu Hause und Versuch, dass Du endlich abschaltest.

Zwei Tage bleibe ich auf jeden Fall daheim und dann bewerte ich neu. Ich habe ja nur noch bis Freitag und dann gehe ich offziell in meinen Jahresurlaub für vier Wochen. Da habe ich noch einen guten Puffer bevor ich die neue Stelle antrete.

Lieben Dank für deine Meinung

Zitat von Sterneneule:
Allein beim Schreiben spüre ich den Widerwillen es mir einzugestehen.


Ich musste den gleichen Weg gehen, wie du. Für mich war wichtig, dass ich erkennen musste, dass dieser Perfektionismus nur dazu gedient hat, 1. Insgesamt gut dazustehen, 2. Angst, nicht zu genügen, 3. Gut ist nicht gut genug.

Ich sag dir mal eines: Die Hälfte unseres Engagement reicht vollkommen. Der Rest ist reiner Selbstbetrug. Man kommt auch ohne uns klar. Grins. Nur wir scheinbar nicht ohne die anderen und das ist genau der Punkt.

Vernünftig Nein sagen lernen, bissle weniger wichtig nehmen, und die Freude bei der Arbeit nicht verlieren.

Im Wesentlichen sind wir schon ok. Man darf jetzt lernen, dass nicht alles unter unserer Kontrolle ist, dass weniger auch mal mehr ist und generell zu kapieren, dass man, ob man es nun will, oder nicht, seine Grenzen hat.

Ich arbeite auch schon mein ganzen Leben im Med. Bereich. Unsere Arbeit bedeutet Umgang mit Menschen und deren Schicksale und Problematiken. Wer das tut, und auch gut darin ist, hat diese Empathie und ist sozial kompetent, was uns manchmal in Krisen stürzt, die man aber verdrängt.

Ist so ein Kuddelmuddel des Mitfühlens, auch mal Mitleiden, dann des Verdrängens, das drüber nachdenken, was alles sein könnte, das man auch mal auf sich bezieht, natürlich auch professionelles Wissen, was dem gegenüber jetzt bevorsteht und und und......

Alleine das ist alles reiner Stress. Dann kommen noch ganz normale Arbeitsbedingungen und - Belastungen hinzu und irgendwann ist eben Schluss.

Richtig kompetent wird man, wenn man sich innerlich abgrenzen kann. Und dazu gehört, dass man weiss, wer man ist und warum man das tut, was man gerade tut.

Weisst du das, kannst du in jeder Stresssituation kurz innehalten und dich fragen, Stopp, alles easy mit mir, oder drehe ich gerade wieder am Rad und bediene meine alten Muster?

Und eines noch: Solche Menschen braucht es in der Medizin, in sozialen Einrichtungen. Und richtig gut wird man, wenn man sich mit einer innerer Stabilität Menschen widmet, und hier seine Streicheleinheiten bekommt. Dafür brauchst du keinen Chef mehr, keine Obrigkeit, die deine Arbeit bewertet, es reicht allein dein Tun, das du gerne und mit Freude machst.

Und wenn bei der Arbeit neg. Stress aufkommt, Hirn einschalten und darüber nachdenken, was nun so stressig empfunden wird.

Liebe @Icefalki: Ich wollte erste Passagen zitieren, aber da müsste ich alles rauskopieren. Denn du hast sehr umfassend recht

Ich war immer gut in meiner Arbeit, besonders auch gerne mit den schweren Fällen. Weil ich nie standart gedacht habe, weil ich manchmal sehr kreative Wege beschritten habe um Menschen zu erreichen. Weil Lehrbuch nun mal Lehrbuch ist und die Realität benötigt Denken und Handeln abseits von Schubladen und Theorien. Nur dabei gibt man viel von sich selbst. Und ich konnte so viele Dinge nachfühlen. Auch wenn ich scheinbar eine gute Nähe-Distanz-Beziehung hatte und feierabends nun auch nicht über den Schicksalen gebrütet habe, so baute sich doch scheinbar hinter der persönlichen Schutzmauer ein Tornado auf. Als ich etwas resümieren konnte habe ich auch nur gedacht:Was hat man in 20 Jahren alles gesehen und erlebt. Und vor allem ertragen. Und hat gelächelt für die anderen. Und es gab keine Supervisionen, kein Innehalten, kein Verarbeiten. Man kommt aus einer Sterbebegleitung, öffnet die Tür und muss z.B. gleich eine fröhliche Singrunde durchführen. Und es kommt keiner und fragt: Wie geht es dir eigentlich damit? Ich habe viel versucht zu ändern, aufzubauen, habe mich daran gerieben und gekämpft, dann ressigniert scheinbar. Du wirst sowas kennen, wenn du auch aus dem medizinischen Bereich kommst.

Natürlich sind sehr viele Aspekte zusammengekommen um jetzt diesen Burnout auszulösen. Aber da ich innerlich nie richtig stabil war, konnte es mich auch so zusammenpfeffern. Ich habe mich immer gerne mit dem Baum mit den starken Ästen verglichen an den man sich anlehnen möchte und der so aussieht als könne ihn nichts umwerfen. innerlich hat der Baum aber den ein oder anderen Käferbefall und die Wurzeln sind eher mickrig. Deswegen schwankte es manchmal ganz schön und nun kam ein heftiger Windstoß zuviel.

Zum Perfektionismus: Deine Punkte kann ich voll unterschreiben und noch hinzufügen 4.) Wenn alles super gemanagt ist, dann gibt es da eine gewisse Kontrolle und Kontrolle bedeutet ganz viel Sicherheit. (und dabei kann man eigentlich nichts wirklich kontrollieren und belügt sich damit selbst) 5) wenn alles perfekt, wie am Schnürchen läuft ist das auch ein netter Flow in dem ich mich gespürt habe und Selbstbewusstsein getankt habe. Ohne diese Energie war ich irgendwie nichts, da ich mit mir nicht recht was anzufangen weiss. Auf der Arbeit war ich die Macherin, ausserhalb der Mauern, die mit der Angststörung, die an manchen Tagen nichts gebacken bekommt.

Ich wünsche mir für meine nächste Stelle, dass ich in der Lage bin Fehler zu machen. Mich persönlich nicht so sehr reinzuhängen, damit nach Feierabend auch Kraft für mich selbst bleibt. Das ich es rechtzeitig erkenne, wenn mich Dinge stressen und ich einen guten Weg finde damit umzugehen und es zu kommunizieren.

Ich danke dir sehr für deine Meinung und deinen Input, das war, wie auch die anderen Antworten hier sehr wichtig für mich.

Zitat von Sterneneule:
Aber da ich innerlich nie richtig stabil war,


Sehr gut erkannt. Ich finde, du bist wirklich in einem guten Denkprozess unterwegs.

Was noch fehlt ist, dass du dir als allererstes wirklich verzeihst. Und zukünftig mehr auf dich achtest und auch mal Nein sagen lernst.

Vielleicht auch wirklich schwere Fälle abgibst, oder, oder. Musst du selbst rausfinden. Ich arbeite in einer Arztpraxis und wir reden über unsere Ansichten, Probleme und den Umgang damit. Dadurch ergibt sich ein Austausch, man wächst zusammen und kann auch mal negativ drauf sein, da wir uns gegenseitig stützen.

Hat gar nicht mal soviel mit der Arbeit zu tun, sondern damit, dass wir uns wirklich besser kennengelernt haben. Und damit erhöht sich die Wertschätzung untereinander.

Ich war früher immer die Alpha. Jetzt bin ich eine andere Alpha, muss nicht jeden Bereich toppen. Ich kann es schlecht erklären, aber alleine, dass ich jetzt so bin, wie ich wirklich bin, bin ich authentisch , auch wenn ich sage, nee, das will ich nicht tun, liegt mir nicht, nee, sollen die anderen machen. Und es funktioniert.

Zitat von Icefalki:
Was noch fehlt ist, dass du dir als allererstes wirklich verzeihst. Und zukünftig mehr auf dich achtest und auch mal Nein sagen lernst.


Da hast du bestimmt recht.

Zitat von Icefalki:
Vielleicht auch wirklich schwere Fälle abgibst, oder, oder.

Ich werde demnächst zum großen Teil mit anderem Klientel arbeiten. Der Fokus liegt dann mit auf Kindern, z.B. mit Entwicklungs- und Lernstörungen etc. . Da bin ich noch ganz neu im Thema bin ja so ein Geriatrie-/Gerontospsychiatrie- Fachidiot :
Da werde ich ganz viel Zeit haben um ganz viel unperfekt zu sein

Ich denke, da werde ich viel lernen. Fehler machen, von Kollegen eingearbeitet und korrigiert werden und das auch innerlich für mich anzunehmen. Die wissen alle, dass das neue Materie für mich ist und haben mir am Hospiatonstag schon ganz viel Mut gemacht. Da herrschte so eine angenehme und wertschätzende Atmosphäre im Gegensatz zur jetzigen Arbeitsstelle. Ich hoffe, das wirkt sich zusammen mit der Arbeit an sich selbst und der Therapie positiv auf sie Panikerkrankung aus.

Zitat von Sterneneule:
innerlich für mich anzunehmen.


Eigentlich ist das alles überhaupt nicht schlimm, dieses innerlich Annehmen, wenn man, wie wir, feststellen muss, dass einen gewisse Bereiche zu sehr runterziehen. Aber mit Kindern zu arbeiten, wird deutlichst anders sein.

Ich habe mich im Leben auch schon öfters beruflich verändert. Nach meinem Zusammenbruch konnte ich aber anders damit umgehen. Gut, es gab auch wieder Rückfälle, aber sie waren kürzer und nicht selbst gemacht. Auch von aussen können Situationen auftreten, die dermassen stressen, dass man wieder mal am Rad dreht.

Wenn man den Mist kennt, weiss man das. Und kann es akzeptieren. Bissle Gaga gehört einfach zu uns. Wir sind einfach speziell. Ich mag das eigentlich, jetzt.

Zitat von Icefalki:
Wenn man den Mist kennt, weiss man das. Und kann es akzeptieren. Bissle Gaga gehört einfach zu uns. Wir sind einfach speziell. Ich mag das eigentlich, jetzt.


Ja, das stimmt. Es gibt doch den Spruch:Ich bin nicht einfach gestrickt, ich habe auch Bommeln dran. So ist das wohl Vor dem letzten Jahr fand ich mich eigentlich schon ziemlich gut in meiner Entwicklung und so gesamt gesehen. Ich lasse mich nur noch viel zu sehr von außen beeinflussen. Da muss ich noch eine Menge Selbstbewusstsein und Verantwortung mir gegenüber lernen und mir ein dickeres Fell zu legen.

Apropos, ich konnte mein Eingangsproblem gut regeln. Ich war am Montag und Dienstag nicht bei der Wiedereingliederung und habe eine Pause gemacht. Dabei ist mir irgendwo der Spruch Wenn es deinen inneren Frieden kostet, ist es zu teuer! untergekommen und der ließ mich nicht los. Also bin ich gestern, vollgepackt mit meinem Abschiedsgeschenken für die Kollegen hin und habe meinem Chef und den Kollegen verkündet, dass das mein letzter Tag sei. Ich war offen und habe gesagt, ich habe mich überschätzt, es geht mir nicht gut dabei und dass ich da an mich denken muss. Und ich konnte das aussprechen ohne mich schlecht dabei zu fühlen. Und was war? Gar kein Problem Ich bin mit sehr viel Lob und Dank vom Chef verabschiedet worden, mit viel Glück für meine neue Stelle. Auch die Kollegen waren sehr süß. Es gab Umarmungen und Tränchen, Karte und Geschenk. Viele die wussten, dass ich einen Burnout hatte gaben mit total recht, dass ich die Reißleine ziehen.

Jetzt bin ich ganz müde und leer und kann noch nicht ganz realisieren, dass das Kapitel vorbei ist. Ich schwebe irgendwo zwischen Abschiedsschmerz und Freiheitsglück. Veränderungen sind mir noch nie leicht gefallen, aber da ich dass jetzt weiß, kann ich mich darauf einstellen.

Als mein Mann fragte, was ich denn jetzt mit den knapp 5 Wochen Urlaub anfange, habe ich geantwortet:
- unperfekt sein
- Fehler machen
- mal alle Fünfe gerade sein lassen
- gelassener sein
und das Leben auf mich regnen lassen

Ich bin gespannt, wie es wird

Dieses Ansprechen und Aussprechen können finde ich super. Ich denke wirklich, das du mit deiner Problematik bald gut zurecht kommst.

A


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Dr. Christina Wiesemann
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