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Liebes Forum,
ich habe mich heute registriert, weil ich, wie könnte es anders sein, irgendwie nicht weiter weiss. Ich fasse mich möglichst kurz, in Puzzleteilchen, damit ihr wisst, wer ich bin:
- Ich war fast 15 Jahre lang schwer essgestört, magersüchtig. Seit 5 Jahren körperlich gesund, psychisch dahingehend auch. Ich verhalte und fühle mich normal.
- Immer schon hatte ich arge Verlustängste, Todesängste, usw. In meiner Krankheitszeit natürlich sehr verstärkt.
- Körperlich hypersensibel, dauernd Schmerzen, Extrasystolen, Schwindel, Migräneanfälle.
- 2015 stirbt mein Vater nach langer und schwerer Krankheit. Ich sehe ihn am Ende ersticken, sitze daneben. Bis es aus ist.
- Kurz danach Jobverlust. Habe indessen wieder einen, 1/2 Jahr auf der Suche aber sehr gelitten.
- Zwei meiner Tiere sind zwischenzeitlich auch von uns gegangen, eine Katze hat soeben die Diagnose Krebs bekommen, Lebenserwartung 3 Monate.
- Meine Mutter hat schon immer geklammert, aktuell noch viel mehr. Komme mich Abgrenzen nicht hinterher.
- Das Neugeborene meiner besten Freundin ist kurz nach der Geburt verstorben.

Das wären die Facts.
Ich bin seit 13 Jahren in psychologischer Betreuung; seit 3 Jahren fruchtet das Ganze. Ich habe viel aufgearbeitet, verstanden, annehmen und geschehenlassen können, verhalte mich gesund, fühle gesund, weiss, wozu das Leben da ist.

Aber: Die Angst geht nicht weg. Ich spüre jeden Schmerz, jede Extrasystole (die habe ich sehr oft), habe oft Muskelschmerzen, Gewebsschmerzen, Wassereinlagerungen, Migräne. Der Brustkorb flattert.
Im Kopf weiss ich, worum es sich hier handelt. Ich dachte, ich sei indessen genug geschult und reflektiert, dass die Dinge einzuordnen sind; aber seit den Ereignissen mit meinem Vater ist alles wieder da. Ich könnte mich wieder in die Essstörung flüchten, aber das mache ich nicht; zu gesund lebt es in mir.

Ich bin nach wie vor in Begleitung und finde aber auch da nichts, womit ich wirklich weiterkomme. Ich fühle mich ggü. dieser Todesangst, die sich immer wieder in versch. körperlichen Symptomen manifestiert, einfach hilflos.
Dazu kommt dann die Angst vor der Angst – und die Angst, irgendwann körperlich tatsächlich einzubrechen, weil meine Psyche so arg drauf ist.

Ansätze?

Ich mache Yoga, spüre mich relativ gut, schaue zu mir und pflege mich; handle eigentlich nach all dem, was ich gelernt habe. Aber seit Papa ... Ich komme einfach nicht mehr runter. Fühle mich wie ein gespanntes Gummiband, das sofort knallt, kaum zuppelt daran irgendetwas.

Danke euch.

13.07.2016 12:26 • 08.09.2019 #1


9 Antworten ↓


Da hast du wirklich einiges durchleben müssen. Mir geht es auch nicht anders was solche Schicksalsschläge anbelangt welche man erleben muss.
Leide ebenfalls unter echten kötperlichen Beschwerden aber auch unter seelischen.

Und war oder bin ebenfalls essgestört seit Jahren.

A


Todesfälle, Trauer, so viel Angst

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Liebe July,
danke für Deine Antwort. Hm.
Ich möchte einfach wieder mehr Lebensqualität haben. Irgendwie. Ich bin so arg stolz auf mich, dass ich es geschafft habe, wirklich tief drinnen gesund zu werden; und es körperlich überhaupt geschafft zu haben. Ich weiss indessen, was Lebensqualität bedeutet, wie sie sich anfühlen kann; und wünsche mir so sehr, dass ich irgendwie nicht mehr so viel leiden muss. Suche nicht nach einem modus vivendi, sondern nach einer Lösung. Ich sehe die Probleme klar, weiss aber nicht wie dran. Hängt viel immernoch mit meiner Mutter zusammen, die es mir nicht wirklich einfach macht.

Hallo Liane, weiß du, unser ganzes Wissen um uns, unsere Arbeit an uns selbst, ist sehr zerbrechlich.

Kommen dann von außen wieder die Katastrophen, extreme Belastungen, die gesunde Menschen durchaus auch an ihre Grenzen bringen, ist es für uns noch viel, viel schwerer.

Unser Gleichgewicht bleibt filigran, du beschreibst es sehr gut mit dem gespannten Gummiband.

Und zerrissen wurde es schon öfters, wieder geflickt, sorgsam behütet, die Belastungsfähigkeit ist trotzdem eingeschränkt.

Deine Mutter, klammert sie?

Liebe Icefalki,

danke für Deine schöne Antwort. Du hast recht. Manchmal denke ich mir auch: Es ist zwar gut, wie ich bin, das fühle ich. Und ich bin so stolz auf das, was ich erreicht habe. Aber ich merke vielleicht auch dadurch viel krasser, was in mir abgeht. Muss aufpassen, nicht zuviel zu analysieren – das Annehmen eines sehr unangenehmen Zustands fällt mir einfach schwer.

Ja, meine Mutter klammert sehr. Sie leidet, verarbeitet nur schwer, fühlt sich alleine, ich bin Einzelkind. Sie organisiert sich schon, aber mehr als Mittel zum Zweck. Sie hat noch nicht gemerkt, dass auch ihr Leben begrenzt ist und sie eigentlich jetzt endlich all das erleben könnte, was sie sich immer gewünscht hat (mein Papa war sehr träge).
Dazu raucht und trinkt sie wie ein Loch. Ich kanns nicht anders sagen. Die kindliche Verlustangst wird aufgebrochen: Eltern nie da, Geschäftsreisen, Papa Trinker, aber ein sehr Lieber, kam nicht klar mit meiner Krankheit. Jetzt kommt Papa nicht wieder (physisch) ... Und ich habe Angst, nun auch sie zu verlieren. Es macht mich masslos wütend zu sehen, wie das Wort 'Selbstfürsorge' für sie ein Fremdwort ist. Sie ist einfach auch eine Baustelle. Sie arbeitet sehr an sich (auch in Begleitung) – aber mit 65 ändert man eben eingefahrene Muster nicht mehr so.
Sie ist das Opfer. Das ist tatsächlich so. Gewesen. Sie hatte ein schei. Leben als Kind. Aber heute könnte sie agieren – und wartet immernoch auf ihren Papa.

Ich könnte ein Buch schreiben. Daher lasse ich es jetzt.

Irgendwie frage ich mich einfach: Wie lange muss ich denn noch in Therapie, um zurande zu kommen? Wie macht ihr das? Es gibt wohl bei jedem Dinge, die man nicht lösen kann. Und dann?

Dank.

Liane, wenns dir ein bisschen hilft, versuche innerlich einen gewissen Abstand hinzubekommen..

Du bist therapieerfahren, kennst das. Wir können bestimmte Dinge nicht ändern.

Dann lass das auch. Sei für deine Mutter da, aber trage nicht noch deren Last.

Die innerliche Last, die uns das Herz zerreißt. Geht nicht. Für solche Dinge hab ich gelernt, meinen Verstand einzusetzen und quasi einen Verdrängungsmodus einzuschalten.

Erst wenn ich dann tatsächlich gefragt bin, wenn Hilfe gefordert wird oder gebraucht wird, dann zu meinen Bedingungen. Sonst geh ich auch kaputt.

Ich weiß nicht, wie ich das besser ausdrücken kann, aber wenn ich wirklich Hilfe geben muss/soll, dann soll sich was ändern.

Liebe Icefalki,
danke Dir. Gelingt Dir denn das? Ich mein: Ich kenne diesen Verdrängungsmodus auch. Aber irgendwie geht es bei mir nicht bis nach tief unten. Ich kann mich nicht entspannen. Ich merk das an der Herzrhytmusstörungen, am inneren 'Flattern' (so wie Augenlidzucken, aber in der Brust?!), an den fast rheumaartigen Schmerzen. Ich kann ja nicht aus meiner Haut fahren.

Du hast recht, ich bin schon sehr lange in Therapie. Und genau das nervt mich daran auch. Dieses Thema wird schon SO lange beackert und trotzdem gelingt es mir hier nicht, mich wirklich abzugrenzen. Ich kann das, wenns einigermassen geht; aber sobald wirklich was ist, geh ich mit-kaputt. Ich schaffe es fast nicht mal zu sagen: Ich will nicht. Letztens habe ich das gesagt und habs dann kaum ertragen zu können, meine einzige Familie so leiden zu sehen.

Hm.
Muss mich da vielleicht noch mehr zwingen. Learning by doing quasi.

Dank.

Heute musste ich ,mit meinen Geschwistern eine Entscheidung treffen .. meine Mutter hatte vor 4 Monaten eine Gehirnblutung...die Blutung war gar nicht das schlimmste..sondern der Gehirndruck..das Gehirn ist zu 98 Prozent geschädigt..EEG kaum messbar.. alles was sie noch kann ist atmen..nun sollten wir eine Entscheidung treffen... Was ist das beste für unsre Mutter..nicht für uns Kinder...sie hatte immer gesagt das Sie kein Pflegefall werden will ..und mit der Prognose was die Ärzte heute abgegeben haben kann sie nichts mehr...wir haben entschieden das sie gehen darf...ich weiß das es das beste ist ..aber es fühlt sich falsch an...und damit kann ich gar nicht umgehen.


Haste du Schonmal in Betracht gezogen dich an einen oder eine Therapeutin zu wenden ?
Mein Beileid wegen dem Tod deiner Oma es ist immer schrecklich einen geblieben Menschen zu verlieren egal wie lange das schon her ist

A


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Dr. Christina Wiesemann
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