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Hallo,

ich habe mich vor ein oder zwei Stunden hier registriert, weil ich mal wieder mit einer Horropanikattacke irgendwie von der Arbeit nachhause gewankt bin.
Ich weiß rückblickend nicht mehr, wie ich es geschafft habe, ich komme erst jetzt langsam wieder runter und muss mir mich selbst von der Seele schreiben.

Die Panikattacken haben mich seit einem schweren Autounfall vor 15 Jahren, bei dem es mich fast erwischt hätte, fest im Griff.
Die Symptome und Zustände kennt wohl jeder, der ähnlich leidet, ich brauche sie also nicht zu schildern.

In Stichworten:

* Hypochonder
* Agoraphobie
* Herzphobie
* Grübler

... seit zwei Jahren Angst vor Extrasystolen (und wenn ich mal welche habe, dann sofort noch mehr Panik), und seit einem Jahr habe ich einen Atem-Tick: Ich konzentriere mich auf meinen Atem und habe Angst, er könnte aussetzen. Ich höre in mich hinein, habe während ich unterwegs bin, z.B. im Auto, im Bus, in der Straßenbahn, oder auch im Büro Angst, der Atem könnte plötzlich einfrieren. Das löst noch mehr Panik aus, und noch mehr körperliche Symptome, und diese noch mehr Panik. Ein Teufelskreis: Trockener Mund, Kloß im Hals, Probleme beim Schlucken (so, als ob der Schluckreflex plötzlich einfriert), Hyperventilieren bis zum Abwinken, Muskulatur komplett verkrampft, vor allem im Gesicht, im Nacken, am Rücken, Arme, Hände. Es ist dann schwer für mich, aus dieser teuflischen Spirale wieder herauszufinden, oft gehen diese Episoden über Tage, die ich in höchster Anspannung zubringe, und jede Sekunde meinen Atem beobachte.
Wenn ich abgelenkt (oder Alk.) bin, ist alles weg (klar, dann bin ich entspannt und ich höre nicht mehr so in mich hinein).
Ich mache dann (das sind so Episoden alle 8-10 Wochen mal) einen Reboot - betrinke mich völlig, wache am nächsten Tag verkatert auf und diese Fixierung auf das eigene Atmen ist verschwunden.
Das ist natürlich überhaupt keine Lösung, und ich will das auch gar nicht.
Wie kam das mit dem Atemtick? Irgendwo gelesen, dass jemand plötzlich nicht mehr atmen konnte und verstorben ist (nach einer nicht auskurierten Grippe). Seitdem ist das Atmen ein Thema.

Ich bin jetzt an einem Punkt, an dem es so für mich nicht weitergehen kann.
Morgen suche ich mir da Hilfe, ich kann das Leben so nicht mehr genießen.
Und ja, richtig: Ich habe 15 Jahre NICHTS gemacht, weil ich dachte, ich hätte es im Griff (war jahrelang auch so, aber seit ca. 3 Jahren ist es wieder unerträglich - wahrscheinlich gerade WEIL ich zuvor nichts getan habe). Dumm und unvernünftig, ich weiß.

Jetzt mach ich mir mal einen Baldriantee, hoffe, die Nacht ohne gröbere Panik zu überstehen und habe jetzt schon Angst vor dem langen Arbeitstag morgen (und vor allem vor dem Weg dorthin und wieder zurück).

Es grüßt euch,
der Sperling

04.04.2018 19:59 • 05.04.2018 #1


2 Antworten ↓


Herzlich Willkommen du Spatz, sorry, Sperling

Das Elend, welches du schilderst, kenne ich auch. Nur hat diese Phase bei mir nicht so lange überlebt.... Ich kämpfe erst seit Anfang Dezember, in der Not mal ein Benzo, sonst Psychopharmakafrei. Nach wie vor bin ich der Überzeugung, dass die Panik, die Angst in den meisten Fällen ein Symptom ist für verdrängte andere Gefühle. Etwas, was man wegschiebt, nicht wahrnimmt. Irgendwann kommt dann die Angst. Die Angst zu ersticken hab ich auch ganz stark gehabt. Auch diese vielen Verkrampfungen. Als das Gesicht krampfte, dachte ich Tetanus zu haben. Dann hatte ich Botulismus, was ja letztendlich zur Atemlähmung führt. Nebenbei war mir relativ klar, dass ich einfach nur panicke.

Mein Schlüsselerlebnis hatte ich vor ca. 2 Wochen bei einer Mas-sage. Da brach ich bei bestimmten Berührungen plötzlich mit empfundener Atemnot durch starkes Hyperventilieren und massivem Druckgefühl auf dem Brustbein zusammen und hab nur noch geheult. Meine Masseurin meinte, diese Stellen wären die Orte, an denen der Körper Trauer empfindet. Und dann kam echt eine Menge raus. Ich bin langsam wieder ein wenig mehr in Kontakt mit mir und spüre, wie ich wieder unbefangener in den Bauch atme und all diese Verspannungen weg gehen, bzw. sich nicht mehr so lange halten. Ich gehe auch diesem Gefühl der Trauer nach und habe schon so ein paar mal über Dinge weinen können, die ich länger nicht wirklich beachtet hatte.

... Tja, und soooo lange wie du hätte ich es nie ohne fremde Hilfe ausgehalten haben wollen! Dafür gibt's ja Fachleute (die meist lange Wartelisten haben... ... Allerdings muss man dann auch mitarbeiten und dort hinschauen, wo es so richtig weh tut ...

Ich wünsche dir eine gute Zeit, Hilfe und Ablenkung im Forum. Mich hat das Forum über meine heftigste Zeit gerettet!

In diesem Sinne, eine GUTE Nacht!

Hallo Sülchen!
Vielen Dank für deine Antwort, und dass du dich mir und meinen Sorgen so ausführlich gewidmet hast

Es gibt bei mir ganz sicher Dinge, die aufgearbeitet werden sollten.
Ich habe letztes Jahr versucht, das Problem bzw. die Probleme mit Meditation und der Hinwendung zu buddhistischer Lebensweise in den Griff zu bekommen. Das hat auch gut funktioniert. Ungefähr ein halbes Jahr lang...dann bin ich in alte Verhaltensweisen zurückgefallen.
Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass ich einen guten Psychotherapeuten brauche.

Bin gerade von der Arbeit heimgefahren: Morgens ins Büro: NICHTS. Im Büro: Ein, zwei kleinere Anfälle, aber da hab ich mich sofort wieder eingekriegt, weil ich abgelenkt war.
Aus dem Büro raus...geht, cool, alles im Griff. Erste Straßenbahn, halber Weg: Es kriecht wieder leicht rauf - Mund wird komplett trocken, ich habe Schluckbeschwerden, ich atme gegen mich selbst (das ist tatsächlich so - ich habe das Gefühl, gegen meine ganze Verspannung zu atmen, was natürlich nicht geht).
Fisherman's Friend rein: wird besser. Ich merke, wie mein ganzer Oberkörper und meine Gesichts- und Halsmuskulatur komplett verkrampft sind. Ich muss schlimme Grimassen schneiden - es kommt mir so vor, als würde ich von den Menschen um mich herum nur als bescheuerter, halbdebiler Volltrottel wahrgenommen, weil ich solche Verrenkungen mache.
Zweite Straßenbahn: Je näher es Richtung Heimat ging, desto nervöser wurde ich, desto trockener der Mund. Ich übe Entspannungstechniken, sage mir: Lass los, lass einfach los, verkrampf nicht so. Entspann dich. Wirkt kurz, aber immer öfter. Es scheint, als könnte ich mir da Linderung verschaffen, wenn ich diese Technik gut übe.

Jetzt bin ich zuhause. Trockener Mund: weg, langsam fließt wieder der Speichel. Es geht mir gut - leichte Nervosität, die sich beim Schreiben dieser Zeilen in Luft auflöst.

Mir fällt ein, dass ich vor ca. 25 Jahren (da war ich so 14, 15) einmal bei einer älteren Augenärztin war. Sie sagte nach der Verabschiedung zu mir: Und: Nicht so viel in sich selbst hineinschauen, das ist nicht gesund. Sie hatte, rückblickend betrachtet, recht. Ich achte auf sämtliche Körpersignale, bin ständig alert und darauf gefasst, eine Panikattacke zu bekommen. Angst vor der Angst, alleine die erzeugt schon einen Kloß im Hals. Ich merke, dass ich mich gar nicht mehr so oft entspannt hinlegen kann. Jeder Muskel meines Körpers ist angespannt, speziell der Schultergürtel, Oberkörper, aber auch die Bauchdecke, Rückenmuskulatur, Gesicht etc. Wenn ich dann versuche, normal zu atmen und von diesem Spannungszustand runterzukommen, muss ich richtig gegen meinen Körper kämpfen, um wieder zu einem ruhigen Atem zu finden.

Das interessante ist, dass das immer so Phasen sind. Es kann passieren, dass ich drei Monate gar nichts habe. Und dann geht es wieder los, so wie jetzt in den letzten 10 Tagen.
Es gibt dafür meist einen konkreten Auslöser. Aktuell ist es wohl eine Ernährungsumstellung - seit ca. drei Wochen habe ich von heute auf morgen beschlossen, mich vegan zu ernähren - was ich jetzt auch tue. Das tut mir körperlich sehr gut, weil viele meiner kleinen Weh-Wehchen verschwunden zu sein scheinen (z.B. Reflux, Hautausschläge, Reizdarmsyndrom etc.). Andererseits erzeugt so etwas immer latent eine Unruhe, weil ich unbewusst und tw. auch sehr bewusst grüble, wie sich das auf meinen Körper auswirkt - also Angst vor der Umstellung, und was das auslösen wird.

Morgen habe ich frei, da werde in meiner Umgebung mal recherchieren, wer als Therapeut in Frage kommt. Ich hätte da am liebsten jemanden ums Eck, weil schon der Weg dorthin unter Umständen zum Problem werden kann.

Schönen Abend!





Dr. Christina Wiesemann
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