Hi Wozlew,
auch von mir ein paar Anmerkungen - vielleicht hilft´s...:
Zitat von Wozlew: Das schlimme ist ja, dass man sehr viele Skills erlernt hat aber wenn ich sehr schnell in eine starke Angst komme, schaffe ich es nicht mehr, sondern erstarre und erdulde es.
Bei kleinen Attacken hab ich noch die Zeit, Skills anzuwenden. Und was sehr belastend ist, meine PAs dauern Stunden!
Ich stehe dem Skill-Prinzip in der Angsttherapie ambivalent gegenüber. Einige kommen damit zurecht, andere eher weniger bis gar nicht. Oder, wie in Deinem Fall, helfen die Skills nur bis zu einer gewissen Grenze. Warum ist das so?
Aus meiner Sicht stellen Skills lediglich Werkzeuge dar, die man
nutzen soll. Mal präventiv, mal akut, mal zur Rehabilisierung. Werkzeuge nimmt man zur Hand, setzt sie ein, pflegt sie, verlegt sie, ordnet sie, verliert man, schafft sich neue an usw.
Aus unserer weit verbreiteten mechanistisch-logischen Auffassung (v. a. in verhaltenstherapeutischer Hinsicht!) meinen wir, dass man mit Werkzeugen dem menschlichen Geist
beikommen kann. Wir vergessen dabei, dass der Geist aber nicht
anhand derselben erkrankte! Oder hast Du Dir Skills zur
Entwicklung einer Angststörung oder Depression erarbeitet? Wohl kaum.
Vielmehr führte unser
Leben, unser Erleben, unsere Wahrnehmung dazu. Man könnte nun sagen, dass die therapeutischen Skills ja darauf abzielen, unsere Wahrnehmung und damit unser (Er-)Leben positiv zu beeinflussen. Ja, das stimmt - sie
zielen darauf ab. Aber sie funktionieren nur dann, wenn ein entscheidender Faktor die Regie führt: unsere Achtsamkeit bzw. unser Gegenwärtigsein. Das sind letztendlich die entscheidenden Werkzeuge, wenn man so will.
Achtsamkeit ist nicht Konzentration oder eine spezielle Denktechnik sondern vor allem
Erinnerung daran, was gerade ist. Wenn Du sagst, dass Du im Extremfall (Schmerzen) die Skills nicht rechtzeitig abrufen kannst, bedeutet das m. E., dass sie schlicht nicht tragfähig, nicht ein Teil Deiner Achtsamkeit sind!
Ein bisserl poetischer formuliert: Du musst mit den Werkzeugen verschmelzen, eine Einheit bilden, sie
sein. Und das geht nur, indem Du Dich
existenziell mit dem beschäftigst, worauf diese Skills eigentlich
abzielen.
Worauf zielen sie ab? Kannst Du das klar erkennen?
Zitat von Wozlew: Das geht auch recht gut, aber wenn eine PA kommt, ist das Erlernte wie weggewischt, ich werde zum erstarrten Kleinkind, das nicht weiß was los ist....
Und wenn das Vertrauen in den Körper nicht vorhanden ist, sehr schwierig.
Diese Selbsteinschätzung wie erstarrtes Kleinkind oder auch die Kategorie Erlerntes sind Begriffe, die darauf hinweisen, dass Du Dich und Deine Skills als Objekte wahrnimmst. Du schaust auf Dich und das Erlernte drauf...
bist also sozusagen weder (wirklich)
Du noch Deine Fähigkeiten. Du nimmst Dich weiterhin als Opfer wahr, das nur im günstigsten Fall (wenn die Skills greifen) temporär aus dieser Rolle entkommt.
Ebenso sind diese stundenlangen Panikattacken ein Stück weit
Objekt Deines Geistes und somit erschaffen.
Zitat von Wozlew: Was komisch ist: wenn ich traurig, depressiv bin, ist das unangenehm - aber das kann ich akzeptieren und nutze meine Skills. Aber in der anderen Situation klappt das so gar nicht, besonders abends oder nachts.
Weil wir idR mit unserem
Körper unser ureigenes
Ich verbinden (auch wenn das viele bestreiten). Wenn wir diesen Körper mal mit offenem Visier untersuchen und ganz nüchtern erkennen könnten, würde die Einsicht, dass er
niemals kontrollierbar sein
kann, einen anderen Bezugsrahmen bilden. Nämlich eine Akzeptanz, die unabhängig ist von Sicherheit und Unsicherheit, unabhängig von Gesundheit und Krankheit.
Ich hoffe, das kommt nicht provokant rüber. Obwohl es eigentlich schon so rüberkommen sollte (sic!)... : es sind Denkanstöße, die aber nach
meiner Erfahrung geeignet sind, entscheidend neue Wege zu gehen.