Hallo zusammen,
ich (w, 25) finde es wichtig, genau zwischen echten Herzproblemen und Panikattacken zu unterscheiden. Ich habe häufig gelesen, dass es sowohl für die Akzeptanz, dass es sich um ein psychisches Problem handelt, als auch für die Sicherheit, echte Schädigungen des Körpers ausschließen zu können, sehr wichtig ist, den Ärztemarathon zu durchlaufen.
Auch meine erste Panikattacke war mit der vollen Überzeugung verbunden, einen Herzinfarkt zu erleiden. Einen Monat zuvor starb jemand aus meinem Freundeskreis einen Tag, nachdem wir noch ausgelassen gefeiert hatten. Er war absolut normal drauf und starb mit 24 an einer Trombose, ein Trombus hatte sich gelöst und eine Lungenembolie ausgelöst.
Die erste Panikattacke vor zweieinhalb Jahren war schlimm. Ich saß auf Arbeit am PC und sprang plötzlich wie vom Blitz getroffen auf. Es hatte sich angefühlt, als hätte sich mein Herz für einige Sekunden auf 100 Grad erhitzt. Ich lief rot an und hielt mir die Brust. Von dem Schreck hatte ich Herzrasen und das Gefühl umzukippen. Ich atmete schwer und mir war alles egal. Ich wollte einfach nur, dass mich jemand schnell rettet.
Daraufhin hatte ich auch Panikattacken, bei denen ich dachte, einen Schlaganfall zu erleiden. Meine linke Gesichtshälfte fühlte sich taub an und wieder sprang ich wie angestochen auf. Am Anfang sagte ich meistens einmal beim ersten Schreck Hilfe oder schei..... Einfach aus der Überzeugung heraus, dass ich einfach so tot umfallen kann und jetzt werde. Schlimm ist es auch, wenn andere Menschen während der Attacke ganz verdutzt gucken und voller Sorge sagen: Du, du bist gerade ganz rot im Gesicht... Das hat mir häufig einen weiteren Minischock gegeben, so dass ich wieder kurz aufgesprungen bin.
Danach hatte ich auch mal täglich zur gleichen Uhrzeit Schwindelanfälle.
Ich war also diverse Male mit meinem Herzinfarkt im Krankenhaus; beim HNO, um das Gleichgewicht zu checken, beim Hausarzt für ein 24h EKG und Blutdruckuntersuchung. Final beim Neurologen, der mit Strom meine Nerven checkte (hat nur gekitzelt )), die Durchlässigkeit meiner Hauptschlagadern am Hals überprüfte und zuguterletzt ein MRT vom Kopf anfertigen ließ. Manchmal hoffte ich regelrecht, dass sie was finden würden, nix Schlimmes, aber etwas, das alles erklärt.
Wenn dann die Diagnose Panikattacken kommt, kann man sie einfach besser nachvollziehen, weil einem jeder Facharzt zuvor bestätigt hat, dass man eigentlich kerngesund ist. Und dann war mir die Panikdiagnose auch lieber, als gar keine. Davor hatte ich noch mehr Angst. Das die Ärzte sagen: Tut uns leid, sie sind gesund, wir können Ihnen nicht helfen.
Nun ja, ich hatte dann auch Medikamente bekommen, die ich aber nicht oder nur ganz kurz eingenommen habe. Hatte dann nur Tavor für den Notfall, obwohl mir dieses vollgedrogte Gefühl mit dem Zeug auch nicht gefiel. Hab mir dann einfach nix mehr geholt und das Beste gehofft. Ich dachte mir, ich habe mich selbst unter Kontrolle und es würde von allein aufhören. Tat es aber nicht. Die Attacken veränderten sich auch. Stechen in der Brust, Gähnattacken, Brausen im Kopf, Migräne...
Während der Attacke denkt man: Bitte lass mich das nur noch dieses Mal überleben, dann werde ich auch sicher ab jetzt was dagegen tun. Im Normalzustand aber war ich immer froh, normal zu leben und zu arbeiten. Deshalb hab ich immer die Behandlung aufgeschoben.
Ich kann nur jedem raten, sofort etwas dagegen zutun.
Ich für meinen Teil halte mich für intelligent und klar im Kopf. Trotzdem bin ich nicht in der Lage, die Panikattacken logisch zu hinterfragen und damit beseitigen. Ich habe gedacht, nach zwanzig Attacken würde man irgendwann begreifen, dass der plötzliche Tod nun mal nicht eintritt und die Angst unbegründet ist.
Fakt ist aber, dass man selbst immer wieder neue Formen der Angst entwickelt, wenn man sich an eine bestimmte zu gewöhnt haben scheint. Ich bin dadurch schon tausend Tode gestorben. Hirnschlag, Schlaganfall, Herzinfarkt, den Bezug zur Realität verlieren und verrückt werden, ersticken, Weltuntergang, im Schlaf sterben und nicht mehr aufwachen, Tod der wichtigsten Person...usw...
Morgen ist mein erster Termin bei einem Psychoterapeuten. Anlass war die letzte Attacke, in der ich stundenlang wirr durch die Wohnung rannte. Das war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, verrückt zu werden. Ich hatte Heulkrämpfe vor Angst und ein Brausen im Kopf. Ich dachte, meine Seele steht neben mir und ich schaue mir selbst mir aller Ruhe beim Realitätsverlust zu. Ich sah meinen Körper im Spiegel an, meine Pupillen, mein Gesicht, meine Arme und Beine. Ich wusste, das ist mein Körper. Aber er kam mir nicht so vor.
Das ging gar nicht mehr, ich war am nächsten Tag immer noch traumatisiert von mir selber. Ich wollte mich selber einweisen im Moment der größten Panik.
Und jetzt muss ich was tun, bevor ich nicht mehr belastbar für meine Arbeit und meine Beziehung bin. Ich brauche diese Basis, um normal leben zu können. Ich habe zum Glück keine Angst vor Bussen oder Geschäften. Nur vor der Attacke und dem plötzlichen Tod/ Verrückt werden.
Ich wünsche euch allen, dass ihr den richtigen Weg findet. Manchmal helfen die einfachsten Dinge. Z.B. ein Malbuch mit Buntstiften ausmalen, Schreiben, Reden, etwas für sich tun. Sich selbst wieder schätzen und lieben...das muss man wohl alles erst (wieder) lernen.
Dafür ganz viel Kraft euch allen.
Anne