Liebe(r) Schmetterling,
eine Panikattacke sorgt immer für geistigen Wirbel. Sich daran zu gewöhnen ist schwierig und bisweilen entmutigend. Man fühlt sich alleine und absolut hilflos, geradezu dem eigenen Geist ausgeliefert. Du wirst jedoch auch diese Stunden überstehen.
Hast Du in der Therapie feststellen können, welche Ursachen den Zwangsgedanken zugrundeliegen? Das Reden und Nachsinnen über etwaige Ursachen kann äußerst hilfreich sein und den Fokus verändern. Allerdings sind dies auch nur therapeutische Effekte, die auch nachlassen können, wenn man nicht einen Schritt weitergeht:
Bzgl. Deiner Maxime, den Geist zu stillen: Hast Du schon mal einen stillen Geisteszustand erlebt? War da eine Seele zugegen, die dann was getan hat? Ich glaube mal ganz stark, dass unser Seelenglaube eher zu Unruhe und Aktionismus führt, als wenn man einfach mal den Geist einfach so Geist sein lässt. Durch unseren Eingriff (Bewertung, Wahrnehmung, Planen, Ver-Ich-en) bringen wir Tumult in einen von Natur aus stillen, klaren Geist.
Dieser Eingriff wird zur Gewohnheit, diese Gewohnheit zu unserem Charakter und dieser Charakter zu unserem Schicksal.
Ohne Eingriff (alles loslassen - von lose lassen) löst sich das ängstliche Ich-Gefühl langsam auf. Du erkennst, dass das Leiden vom Eingreifen und Festhalten herrührt, wenn Du nur einmal einen klaren Geist bewusst erlebst.
Tatsächlich erleben wir oft einen klaren Geist - allerdings unbewusst und darum lernen wir nichts daraus. Sämtliche Tätigkeiten, die wir unbewusst machen, finden ohne Ich-Bewusstsein statt - z. B. Gangschalten beim Autofahren, Atmen, Kauen, Schmecken, Musikhören etc. Erst wenn das Ich-Gefühl (ich höre Musik, ich kaue etc.) ins Spiel kommt, verliert die natürliche Ordnung ihr Gefüge.
Das Ich-Gefühl selber ist jedoch nicht das Problem. Das gehört zum menschlichen Bewusstsein einfach dazu. Es macht uns menschlich. Daran jedoch anzuhaften, erzeugt das Leid. Anhaftung bedeutet, dass wir meinen, sämtliche Sinneseindrücke hätten was mit uns (Ich) zu tun - dass wir es sind, die (aktiv) erleben. Gleichzeitig erkennen wir natürlich, dass dies eigentlich gar nicht stimmt, da sämtliches Erleben direkt abhängig von völlig unpersönlichen (objektiven) Gegebenheiten existiert. Wir empfinden also ein Ich (= subjektives Erleben), spüren aber auch gleichzeitig die Unhaltbarkeit dieses Zustandes aufgrund der stetigen Veränderung. Das erzeugt Angst - Angst vor Kontrollverlust. Wir haben Angst vor dem Verlust der Kontrolle über etwas, was überhaupt nicht kontrollierbar ist.
Das ist in groben Zügen der Kreislauf der Misere. Wenn Du Dich ein wenig damit beschäftigst, wirst Du es verstehen und der Eingriff lockert sich u. U. ein wenig. Sobald Du das merkst, wächst Dein Verständnis und somit das Vertrauen in diese Einsicht - gleichzeitig lockerst Du deshalb weiter den Griff usw. Je stärker die Ich-Illusion ist, desto mehr sträubt sich der Geist gegen diese Einsicht. Es ist ein unheilsamer Schutzmechanismus des Egos.
Eine Panikattacke ist nichts anderes als ein Überdruckventil dieses Zustandes der o. g. Verblendung. Nur ein Ich kann Angst vor Kontrollverlust empfinden. Ohne mich gibt´s kein Problem
Alles Gute
24.06.2021 09:56 •
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