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Mein anfänglicher Weg mit der Angst
Hallo zusammen,
ich muss mir einfach mal ein paar Zeilen von der Seele schreiben. Vielleicht gibt es hier ja Gleichgesinnte, die sich in meinem Weg wiederfinden?
Es begann vor ca 12 Wochen fast zeitgleich mit dem Corona-Lockdown. Zu dieser Zeit hatte ich immensen Stress bei der Arbeit. (Führungskraft im Krankenhaus) Es gab zahlreiche Krankmeldungen, der Berg an Arbeit wuchs und das Personal schwand immer mehr. Dann erhielt ich auch noch den Anruf eines Kollegen: Coronaverdacht! Ich stand völlig neben mir und während er eröffnete, nun mindestens 14 Tage zuhause bleiben zu müssen, malte ich mir gedanklich die grauseligsten Horrorszenarien aus. Kurz nach dem Telefonat brach es dann über mich hinein. Von A-Z hatte ich alle Symptome einer fiesen Panikattacke. Zudem begann ich zu hyperventilieren und mir wurde speiübel. Erst nach ca. 3 Stunden, fast durchgehender Panik, besserte sich mein Zustand etwas.
Die Tage danach auf der Arbeit, waren für mich der absolute Horror. In mir machte sich eine unerträgliche Unruhe breit. Fast die gesamten Tage hatte ich Schweißausbrüche, Atemnot und Herzrasen. Zuerst hatte ich nur während meiner Arbeitszeit Panikattacken, weswegen ich mich auch nach ein paar Tagen krankschreiben ließ. Dann machte sich die Panik aber auch in meiner Freizeit breit. Das gemütliche Abendessen mit meiner Freundin, ein Besuch bei der Familie, Einkaufen, Autofahren. nichts ging mehr. Ich erzählte meinem Arzt von meiner Problematik, woraufhin er mich grob untersuchte. Kerngesund! Was meine Gesundheit anging, hatte ich zu dieser Zeit ein ambivalentes Gefühl. Diesem plötzliche Einbruch traute ich nicht so ganz. Andererseits befand ich mich schon seit knapp einem Jahr in völliger Unzufriedenheit, was meine Arbeitsstelle anbelangt. Ich kümmerte mich um einen Termin bei einer Psychotherapeutin und googelte fleißig nach Symptomen und Ursachen. Dabei stieß ich auf Vitamin-D-Mangel. Ich besorgte mir einen erneuten Termin bei meinem Hausarzt und ließ mir Blut abnehmen. Siehe da! Ich hatte einen kritischen Wert von 11ng/ml. Ich klammerte mich an diesem Strohalm fest und glaubte die alleinige Lösung meines Problems gefunden zu haben. Nach einiger Zeit der Substitution ging es mir tatsächlich etwas besser. Ehrlich gesagt, hatte ich seit dieser Zeit nur noch vereinzelt Panikattacken. Wenn, dann verpufften sie nach wenigen Sekunden, um dann aber als diffuses Angstgefühl zu bleiben. Diese starke innere Unruhe und die Lethargie, sind seitdem allerdings gänzlich verschwunden.
Ich bekam glücklicherweise nach 2 Wochen einen Termin bei meiner Psychotherapeutin. Schnell stellte sich aber heraus, dass diese mir leider keine große Hilfe war. Die ersten Stunden waren sehr aufschlussreich, was meine Psyche und Kindheit anbelangt. Fortlaufend bekam ich allerdings leider nur noch halbherzige Handlungsanweisungen á la: Gehen Sie doch an die frische Luft, oder machen Sie Fahrradtouren. Machte ich ja alles schon, aber ich fühlte mich in der Zeit den täglichen Anforderungen nicht mehr gewachsen. Schon die kleinsten Dinge machten mir angst und überforderten mich. Meine Therapeutin stand völlig auf dem Schlauch und kommunizierte dies auch offen: Ich weiß gerade nicht mehr weiter. Entweder analytische Therapie, wobei ich bei Ihnen keine Notwendigkeit sehe, oder Medikamente. Die Medikamente wurden von nun an in jeder Sitzung angesprochen. Ich bin ganz klar dagegen, da ich ein sehr reflektierter Mensch bin und einschätzen könnte, wann es gar nicht mehr ohne gehen würde. Zudem habe ich beruflich leider viele Negativbeispiele mit ansehen müssen. Die Therapie habe ich abgebrochen, da ich in ihr leider keinen Nutzen mehr gesehen habe. Parallel habe ich mir von meinem Arzt einen Wiedereingliederungsplan aufstellen lassen. Nach 10 Wochen verordneter Ruhe, starte ich seit 2 Wochen und lasse es langsam angehen. Die ersten Tage waren unfassbar schwierig, aber mittlerweile komme ich wieder etwas mehr in der Arbeitswelt an.
In diesen Wochen habe ich mir viele Gedanken machen dürfen. Ich habe mich dazu entschieden in eine andere Stadt zu ziehen und dementsprechend meinen Job zum Ende des Jahres zu kündigen. Diese Entscheidungen waren unfassbar schwierig, mit starker Angst verbunden, fühlen sich jetzt nach ein paar Wochen jedoch sehr befreiend an. Ich versuche mir seitdem mehr bewusste Pausen zu gönnen, übe mich in der Meditation und mache regelmäßig Atemübungen. Seit einer Woche nehme ich ebenso CBD Öl ein.
Die Angst ist trotzdem mein stetiger Begleiter, aber ich versuche sie zu akzeptieren. Mal habe ich gute Phasen und mal schlechte. Meine Angst hat verschiedene Gesichter. Mal zeigt sie sich in Form von Agoraphobie, mal in Hypochondrie, aber insgesamt kann ich sie nun besser einordnen. Ebenso gehe ich seitdem einige gesundheitliche Baustellen an, die ich jahrelang vor mir hergeschoben habe.
Insgesamt freue ich mich seit kurzem wieder auf alles was kommt und was mich ab Ende des Jahres nach dem Umzug und nach dem Jobwechsel erwartet. Auch einen erneuten Beginn einer Therapie wünsche ich mir. Die Ursache meiner Ängste liegen in meiner Kindheit begraben. Gerade die Hypochondrie ist dort verankert. Die Erkenntnis habe ich nun und jetzt muss ich nur noch damit arbeiten
Schreibt doch gerne von euren anfänglichen Erfahrungen. Verschiedene Sichtweisen interessieren mich sehr!
Berglust
17.06.2020 18:17 •
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