Hallo Colalime!
Es gibt nicht DIE Therapie, die für jeden richtig ist und für jeden funktioniert. Mein erster Versuch bezüglich Verhaltenstherapie ist kläglich gescheitert. Mir wäre es egal gewesen, ob es ein männlicher oder weiblicher Therapeut ist - aber mit der ersten Therapeutin und mir, da funktionierte es nicht und hat mich eher noch mehr nach unten gezogen. Vor allem, weil die Frau immer wieder betonte Nein, finden Sie sich damit ab, dass Sie das immer mit sich tragen werden. Fand ich total demotivierend. Mag ja Recht gehabt haben, ist auch so, dass es immer ein Thema geblieben ist, aber das zu Anfang einer Therapie zu sagen - Hat mich runtergezogen.
Dann gabs auch mal ein Vorstellungsgespräch in einer Tagesklinik. Ist für viele Patienten bestimmt ein guter Ansatz. Mir wurde gesagt, dass einige Wege gemeinsam gegangen und erübt werden. Ich ließ mich dorthin fahren - die Fahrt war schon anstrengend ohne Ende - ich mit Panikattacke da rein und mein erster Blick fiel auf die Tür der Ärztin: keine Klinke von innen - wie soll ich da raus kommen! Aus meiner Agoraphobie wurden zig tausend Ängste und es hätte nicht viel gefehlt, dass ich durch ein Fenster getürmt wäre.
Citalopram war damals (glaube ich) noch ziemlich neu. Ich hab das Zeug wie Drops inhaliert, aber vor die Tür bin ich trotzdem nicht gegangen.
Erst die nächste Therapeutin strahlte für mich etwas wie Vertrauen aus. Ich musste nur ein einziges Mal zu ihr gefahren werden, danach war ich schon so weit, dass ich selber zu ihr hinkam. Zwar mit totaler Anstrengung und ich bekam als erstes immer einen Tee von ihr gekocht, damit ich wieder runter kam, aber es klappte und ich freute mich beinahe schon auf die Termine. Und wenn es mal überhaupt nicht ging, dann gabs halt einen Telefontermin. Fand ich gut! Aber Hausaufgaben hatte ich für jeden Tag. Niemals etwas, was man nicht hätte erledigen können, aber jedesmal mit seelischer Anstrengung verbunden. Step by Step! Und ich musste Beweise für meine Hausaufgaben beibringen. Zum Beispiel zum Blumenladen in den nächsten Ort fahren, eine Pflanze kaufen und den Beleg vorlegen. Oder Handyfotos - war damals nicht einfach, wenn sich noch jemand an die Handys vor rund 15 Jahren erinnern kann. Hätte man auch bestimmt hinbekommen, dass das jemand anderes erledigt, aber damit hätte ich mich ja nur selbst betrogen. Ich wusste ja, dass ich wieder frei sein wollte und nichts anderes.
Ich will ja auch nicht sagen, dass ich es komplett los geworden bin. Panikattacken gibt es heute noch genug. Aber ich habe gelernt, damit etwas entspannter umzugehen und nicht in Schockstarre, Herzrasen bis zum tatsächlichen Umkippen und ähnlichem zu verfallen. Aber auch ich ertappe mich immer wieder, wie ich in eine Vermeidungshaltung falle - vor allem jetzt, wo ich Probleme, wie Mutter im Wachkoma nach Schlaganfall, urplötzlicher Verlust der Arbeit, Existenzängste ohne Ende .... habe. Komisch ist nur, dass die Agoraphobie, die echt heftig war, im Moment überhaupt nicht da ist. Ich gucke mir Pflegeheime an, muss vieles regeln, schreibe Bewerbungen (habe nächsten Dienstag sogar ein Vorstellungsgespräch), versuche ein neues bezahlbares Zuhause für meine Pferde/Hunde/meine 21-Jährige Uraltkatze und mich zu finden und über eine Pflege in unserem Noch-Haus, was sogar behindertengerecht ist, denke ich auch nach. Ich bin verzweifelt, habe mir selber über einen ambulanten Dienst Hilfe geholt (weitere Familie gibt es nicht), aber Agoraphobie ist zur Zeit überhaupt kein Thema und die paar wenigen Panikattacken, die ich in den letzten Wochen hatte, die sind eigentlich nicht mal das Wort Panikattacke Wert. Eher so Anflüge von Panik, die sofort wieder weg waren.
Ich habe bestimmt nicht die Weisheit gepachtet! Nur mir hat die Verhaltenstherapie geholfen.
Liebe Grüße
Annie
01.07.2018 20:47 •
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