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Hallo zusammen,

Ich bin gerade mit dem Studium fertig geworden und jetzt am Bewerben. Ich leide schon mein ganzes Leben an starken Versagensängsten und fehlendem Selbstvertrauen. Grundlos - ich habe ein gutes Abi und einen sehr guten Masterabschluss in einem Naturwissenschaftlich-technischem Fach. Jetzt habe ich eine Einladung zum Vorstellungsgespräch und seitdem drehe ich komplett durch. Ich habe so furchtbare Nagst vor dem Berufsleben. Für mich fühlt sich das Berufsleben so an wie jeden Tag eine schlimme Prüfung schreiben zu müssen (in meiner Vorstellung). Ich habe so entsetzliche Panik davor den Anforderungen nicht gerecht zu werden. Diese Ungewissheit - wie es weitergeht und ob ich die Erwartungen erfüllen kann - macht mich so fertig, dass ich seit Tagen kaum essen und wenig schlafen kann. Was soll ich nur tun? Hat jemand ein paar tröstlich Worte für mich?

Ich bin gerade absolut nicht mehr rational. Klar es gibt Einarbeitungszeit aber das beruhigt mich gerade nicht. Ich habe so Angst meine Zukunft nicht bewältigen zu können.

10.01.2025 17:43 • 29.01.2025 #1


17 Antworten ↓


@masky was hast du denn studiert wenn ich fragen darf?


Ich hab das nach meinem Maschinenbaustudium genauso gehabt. Glaub mir es wird am Anfang neu sein. Aber du wirst eingearbeitet und keiner erwartet, dass du alles sofort kannst, verstehst und 100% Leistung bringst. Du bekommst das hin. Die Prüfungen in deinem Studium waren sicher leichter als jede Aufgabe im arbeitsleben

A


Berufseinstieg und kein Selbstvertrauen

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@alexK1985 Wie wo was die Aufgaben im Arbeitsleben werden schwerer als alle Prüfungen die ich je geschrieben habe? Sehr aufmunternd...
Ich habe Lebensmitteltechnologie studiert

Zitat von masky:
Wie wo was die Aufgaben im Arbeitsleben werden schwerer als alle Prüfungen die ich je geschrieben habe? Sehr aufmunternd...

Ich glaube, der Vorposter hat sich verschrieben und wollte das Gegenteil ausdrücken: Die Prüfungen waren sicher schwerer.

Ansonsten: Paradoxe Intervention! Nimm dir vor, dass du dort alles gründlich vermasselst. Der Erfolg wird dir sicher sein.

@masky oh Gott um gottes Willen. Umgekehrt die Prüfungen waren schwerer als die Aufgaben des arbeitslebens

Du machst dir zu viele Gedanken. Entspann dich. Du bist eine gefragte Fachkraft. Die Firmen haben einarbeitungsprogramme. Du wirst alles lernen was du brauchst

Ja ich mache mir zu viele Gedanken. Ich weiß es doch...
Ich wünsche mir gerade nichts sehnlicher als endlich irgendwo anzukommen und eine Routine zu haben. Ich fühle mich seit dem Studium einfach nur och überfodert

@masky wirst du schon

Zitat von masky:
Grundlos - ich habe ein gutes Abi und einen sehr guten Masterabschluss in einem Naturwissenschaftlich-technischem Fach.

Du verwechselst hier leider Ursache und Wirkung.

Ängste und niedriger Selbstwert haben meistens ihre Ursachen schon sehr früh in der Kindheit.
Folge und Kompensation ist dann häufig Ehrgeiz, Leistungsorientierung und Perfektion - aber die Ängste und der fehlende Selbstwert bleiben natürlich trotzdem.

Längerfristig und nachhaltig wäre bei ausreichendem Leidungsdruck und Veränderungsmotivation eine Therapie, um den Ängsten und der Selbstwertthematik auf den Grund zu gehen und etwas dagegen zu tun.

@gabehcuod Ich bin bereits seit Jahren in Therapie. Irgendwie bessert es sich nicht...

Zitat von masky:
Ich bin bereits seit Jahren in Therapie. Irgendwie bessert es sich nicht...

Vielleicht ist das (noch) nicht die richtige Therapie.

Es kommt gar nicht so selten vor (ich selbst bin da keine Ausnahme), dass erstmal fleißig an irgendwelchen oberflächlichen Symptomen wie Depression, Angst ö.ä. herumgedoktert wird und es wird gerne mal zu wenig gewürdigt, dass es sich evtl. bereits um wiederkehrende Muster handelt.

Wenn ich mir deine zahlreichen Threads und Probleme anschaue, scheint es auch nicht um eine zeitlich und inhaltlich eng begrenzte Thematik zu handeln.

In meinem Fall war es so, dass es gut 5 Jahre gedauert hat, bis man dem ganzen Bündel an Symptomen im wahrsten Sinne des Wortes auf den Grund kam und als eigentliche Ursache eine kPTS diagnostiziert wurde, die alles andere, was bis dahin nur lose nebeneinander stand, auf eine sinnvolle Art und Weise integrieren konnte. Das war damals schon eine wahnsinnige Erleichterung für mich, weil alles plötzlich einen Sinn ergeben hat.

Zitat von masky:
Ich wünsche mir gerade nichts sehnlicher als endlich irgendwo anzukommen und eine Routine zu haben. Ich fühle mich seit dem Studium einfach nur och überfodert

Mir ging das auch so.
Am Anfang hab ich von Tag zu Tag gelebt, mir viele Notizen gemacht, und Einstieg und Einarbeitung gibt es ja auch.

Die Routine kommt dann und am Ende ist die Arbeit weniger stressig als das Studium.

Am Anfang sind viele Fragezeichen, sowas kann ich auch nicht gut leiden.
Dann besser anfangen und konkret da durch in die Erfahrung.

Wunder werden da sicher nicht erwartet von dir. Viel von dem Druck ist eher selbst gemacht.

Zitat von gabehcuod:
Ängste und niedriger Selbstwert haben meistens ihre Ursachen schon sehr früh in der Kindheit.
Folge und Kompensation ist dann häufig Ehrgeiz, Leistungsorientierung und Perfektion - aber die Ängste und der fehlende Selbstwert bleiben natürlich trotzdem.

Ja genau, das macht die Bedeutung der Leistung dann so groß und Versagen oder Versagensangst so schrecklich.

Weil dann auch noch der Restwert in Frage steht.
Oder man sich sowieso als zu schlecht empfindet und stümperhaft.

Im Beruf hab ich aber gelernt, andere kochen da auch nur mit Wasser.

Zitat von Feuerschale:
Im Beruf hab ich aber gelernt, andere kochen da auch nur mit Wasser.

Exakt.
Überhöhte Anforderungen an mich selbst und ziemlich unrealistische Vergleiche mit anderen waren auch in meiner ersten Therapie ein Thema, als darum ging, warum ich auf dem besten Weg in eine Erschöpfungsdepression gewesen bin.

Danke für die Rückmeldungen! Ihr glaubt garnicht wie gut mir jede einzelne Nachricht getan hat.
Ich habe sehr frisch erst entdeckt, dass ich extrem unter Druck stehe, und dass dieser zum Großteil von mir selber kommt. Total verrückt. Hatte das nie hinterfragt weil ich das schon immer so mache.

Ich versuche mir jetzt einzureden, dass der Berufseinstieg jetzt erstmal ein Versuch ist und ich eben mein bestes gebe. Mehr kann und muss ich nicht. Das nimmt schonmal einiges an Druck raus

Oh Mann, und schon das nächste depressive Loch. Eure Zeilen haben mir so geholfen. Hat vielleicht noch jemand ein paar nette Worte für mich?

Zitat von masky:
ein paar nette Worte für mich?


Schau, wir können überhaupt nicht versagen, da wir ja immer unser Bestes geben, (deswegen haben wir ja u.a. auch Ängste). Und weil wir uns immer mit Katastrophengedanken quälen, kann es nur besser werden.

Schau, hier schreiben wir ja ganz normal miteinander und genauso normal wirst du mit deinen Kollegen umgehen und die mit dir. Und jeder, der irgendwo frisch beginnt, hat Stress. Man will es ja recht machen.

Als ich mit 57 Jahren nochmals frisch begonnen habe - ich sags dir, da kam dann noch dazu, dass ich lernen wieder lernen musste- da hab ich auch an mir gezweifelt.

Und dann hab ich mich durchgebissen, weil mein Chef und die Kollegen mich anfänglich getragen haben, bis ich mein ganzes Potential entfalten konnte.

Also, schalte mal das Kopfkino aus, oder wenn, dann stell dir vor, wie du Spass am Job hast, neue Menschen kennenlernen und endlich dein Wissen anwenden kannst. Ist doch voll cool.

@Icefalki Du hast mir schon oft sehr mit deinen Worten geholfen!
Ich tu mich einfach irre schwer damit, in eine Ungewisse Zukunft zu schauen und nicht zu wissen, ob ich das was so kommt, bewältigen kann. Ich versuche es gerade schon sehr mit positiven Affirmationen, aber es ist unfassbar schwierig
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Zitat von masky:
Ich tu mich einfach irre schwer


Wer von uns hier nicht? Irgendetwas in uns, sei es Genetik, Erziehung, üble Erfahrungen hat uns in diese Lage gebracht. Das alles geschah unbewusst, schuldlos, und schleichend. Irgendwann kam dann der Tag x und seither stimmt dann gar nichts mehr.

Das ganze Übel wird dann schlimmer, weil man mit den ganzen Ängsten nicht umgehen kann und meint man, das eine wäre erledigt, reckt in der Ferne schon die nächste Problematik ihr Haupt.

Ich habe viel darüber nachgedacht und muss sagen, dass aufgrund innerer Unsicherheit unheimlich viel Stress entsteht, den man dann mit Kontrolle und Perfektionismus im Zaum halten möchte. Insofern werden unbekannte Situationen als Gefahr eingestuft mit den dazugehörigen Gedanken und Ängsten.

Ich habe mir meine Unsicherheit gut angeschaut, habe das Wie und Warum verstanden und auch akzeptiert, dass ich immer Schwierigkeiten haben werde, wenn die Situation von mir vordergründig nicht beherrschbar ist. Noch nicht.

Und bisher hat es eben gedauert, aber dann konnte ich die Veränderungen genießen und mein Potential voll ausschöpfen. - Immer.

Ich finde es wichtig, dass man sich kennt und auch weiss, wie man reagiert. Und damit überrascht es einen auch nimmer so sehr, wenn im Moment wirklich Verzweiflung angesagt ist, da man eben so tickt.

Das ist das, was viele durch Therapie und Erfahrung hier predigen:

Akzeptanz, das Wissen um sich selbst (Selbstbewusstsein nennt sich das), Skills und andere Lebenseinstellungen erarbeiten und ausprobieren wollen, unterm Strich die Chance zur Änderung nutzen wollen.

Und genau hier wird es wirklich schwierig und das dauert eben, bis man tatsächlich begreift, dass man ohne Änderung immer wieder am gleichen Punkt landet.

Wenn du aber mal begriffen hast, wie befreiend sich manches anfühlt, dann wirst du den Weg willig gehen wollen. Und immer daran denken, die Reise beginnt mit dem 1. Schritt.

A


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Dr. Christina Wiesemann
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