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Hallo liebe Leute,

vor einem Monat habe ich hier meinen ersten Beitrag geschrieben. Zusammenfassung: Ich habe seit meiner Kindheit Angst, war noch nie in Therapie, hatte nach einer sehr langen Pause eine Ausbildung begonnen und wollte sie am ersten Tag abbrechen, aufgrund von Angst vor dem Arbeitsweg. Äh, ja. Spoiler für diesen Beitrag: Ich bin immernoch genauso verzweifelt wie vorher

Meine besagte Ausbildung hatte ich tatsächlich, mit immensen Schuldgefühlen, direkt abgebrochen. Meine Arbeitgeberin hat sehr einfühlsam reagiert (ich habe offen kommuniziert, dass es wegen einer Angststörung ist), doch das war nur ein kleiner Trost. ich beworb mich sofort für neue Plätze 2023, aber eben in einem kleinen Radius, um nicht nochmal in diese Situation zu geraten. Da ich ländlich lebe blieb nicht viel übrig, vorallem nicht für die Art von Job, die ich eigentlich machen will (Mediengestalter). Meine Situation jetzt ist eine, über die sich jeder normale Mensch freuen würde: Ich wurde für eine Mediengestalter-Stelle angenommen und soll sogar direkt Montag statt 2023 anfangen! Das wäre ja so, als hätte ich meine andere Stelle gar nicht aufgegeben. Wäre da nicht der Fakt, dass ich nicht für den nahegelegenen Standort den ich wollte angenommen wurde, sondern für einen weiter weg gelegenen. gleiche Strecke wie in der Ausbildung zuvor. Ja. Eigentlich müsste ich mich unglaublich freuen, nochmal so eine Chance zu bekommen, so früh auch noch, aber ich fühle keinerlei Freude. Stattdessen kann ich nur daran denken, dass das genau die gleiche Situation wie vorher sein wird. Am Arbeitsweg hat sich null geändert, und der ist ja das Problem. Auch wenn es für andere Leute normal ist und ich mich mehr als dumm dabei fühle, über 1 Stunde pro Fahrt ist für mich einfach der blanke Horror! Für das Bewerbungsgespräch habe ich es geschafft. Auf der Hinfahrt zum Probearbeiten an einem anderen Tag hatte ich aber fast durchgehend Panik, und auf dem Rückweg hatte ich meinen Bus verpasst und musste eine Stunde auf den nächsten warten, auch das war mehr als unangenehm. wenn es einmalige Situationen sind, dann komme ich damit trotzdem halbwegs klar, aber jeden Tag, ich weiß nicht, wie ich das aushalten soll. Dazu kommt noch die Berufsschule 2x die Woche, die genauso weit weg ist. Leider kann ich nicht Umziehen (zu teuer Angst vor Alleinewohnen) und ein Auto ist auch absolut unrealistisch

All das zu schreiben lässt mich wie der größte Idiot fühlen, denn ich weiß, wie priveligiert ich bin, mich überhaupt über sowas beschweren zu können. als meine Mutter zu ihrer Ausbildung ging, da hatte sie gar keine Wahl, sie musste auch so lange fahren und sie hat es einfach gemacht. Millionen von Menschen pendeln jeden Tag zur Arbeit, genauso lange und die nehmen es einfach hin. Aber ich finde den Gedanken auch ohne Angst einfach furchtbar und mit Angst kriege ich ungelogen schon eine Panikattacke, wenn ich nur in meiner DB-App mir den Fahrplan anschaue. Das hat mir gestern schon einen Heulkrampf beschert

Ich weiß jetzt einfach nicht, was ich tun soll. Die Stelle jetzt schon anzufangen ist eigentlich die beste Chance, die ich haben könnte, aber ich kann mich null daran freuen, meinen Traumjob zu haben, weil der Arbeitsweg mir Herzrasen und all das nur beim Gedanken an ihn bereitet. Ich würde gerne meinen Jobwünschen nachgehen können, ich würde mich gerne meiner Angst stellen, aber ich habe weder die innere Überwindungskraft noch die Motivation, um es anzupacken. Eigentlich will ich sofort aus dieser Situation flüchten. Jetzt denke ich nach, die Suche nach künstlerischen Jobs komplett aufzugeben - denn solange ich hier wohne und Öffis benutzen muss, werde ich ganz einfach nichts finden, was nahe genug ist. Stattdessen halt irgendeine Ausbildung machen, die nahe ist, auch wenn sie mich nicht interessiert. Dass ich damit 3 Jahre Angst in der Ausbildung vs. eventuell ein ganzes Leben unglücklich im Job miteinander aufwäge, ist mir klar, aber irgendwas muss ich einfach finden, um endlich ins Erwachsenenleben mit f---ing 22 Jahren zu kommen!

Ich entschuldige mich für mein furchtbares Rumgeheule - sicher gibt es hier Menschen, denen es so viel schlechter geht oder die in nicht so einer priveligierten Situation sind, dass sie sich überhaupt leisten können, rumzuheulen. Und sicher gibt es auch viele hier, die schon jahrelang im Berufsleben stehen und sich jetzt über meine Probleme kaputtlachen. An genau diese Leute hätte ich jedoch wirklich eine Frage. Eine Ausbildung machen, auch wenn sie einen nicht interessiert, aber dafür kann man sie wenigstens anfangen ohne abzubrechen, ist das lohnenswert? Lieber dieser Weg als jetzt nochmal auf Oh, ich mache das was ich will! zu machen und dann eventuell wieder abzubrechen. bei mir trifft Orientungslosigkeit, Angst vorm Erwachsenwerden und der Zukunft und Panikattacken aufeinander, es ist so frustrierend. Ich bin einfach so unglaublich verzweifelt und habe Angst, mein Leben zu ruinieren oder niemals ins normale Leben zu kommen. Alle meine Freunde sind schon lange am Studieren und so, und ich hänge noch hier rum.

Um jetzt nicht wieder Rumzuheulen beende ich den Beitrag mal endlich, ich bedanke mich im Voraus für alle Antworten und wünsche allen einen wunderschönen Tag

13.10.2022 10:17 • 13.10.2022 #1


6 Antworten ↓


Hallo hanriver,

nur mal vorweg: ich wollte früher auch mal Mediengestalterin werden, aber der Medienmarkt ist hart umkämpft und du scheinst ja das gewisse Extra mitzubringen für diesen Beruf.

Was für Ängste hast du genau? Hast du Angst, dass etwas auf deinem Weg passiert oder Angst, dass etwas Zuhause passiert und du nicht schnell genug da sein kannst? Wie sieht es denn aus mit der Berufsschule, ist die in deiner Nähe?

A


Auf bevorzugten Job verzichten wegen Angst?

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@Ninalein Vielen Dank für deine Antwort. Ich kann nicht genau sagen, wovor genau ich Angst habe. Ich glaube einfach im Bus zu sein für so eine lange Zeit, auf Anschlüsse zu warten ist das, was mir Angst macht? Also, das Warten selbst. Habe erst vor ein paar Wochen gelernt, dass so etwas Leute mit Agoraphobie haben, demnach würde ich es mal als da betiteln Die Berufsschule ist in etwa genauso weit weg, in einer anderen Stadt, aber vom Weg her auch über eine Stunde Bahnfahrt stattdessen.

Wenn die Problematik seit deiner Kindheit besteht, aus welchem Grund warst du bisher nicht in Therapie? Zumal der Leidensdruck ja inzwischen doch so hoch zu sein scheint dass er dich davon abhält dein Leben so leben zu können wie du es dir wünscht. Die Problematik wird sich ja weder verwachsen noch einfach verschwinden.

Also eigentlich fände ich es schade, wenn du jetzt wieder deinen (Traum-)Job beendest. Diese Chance bekommst du vielleicht beim dritten Mal nicht mehr wieder. Umziehen, ist das eine Möglichkeit? Ansonsten das was @Emelieerdbeer sagt.

Hallo ‍️ Gib den Job jetzt nicht wegen deiner Ängste auf! Das ist sogar eine richtig gute Übung um endlich aus der Spirale auszutreten. Wenn du jetzt aufgibst wirst du für immer in dieser Spirale hängen. Weil du immer wieder die Vermeidungs Taktik verwendest. Diese wird dich nicht weiter bringen, sondern deinen Radius noch weiter verkleinern. Deshalb hilft da nur Konfrontation um eine Besserung deiner Situation zu erreichen. Glaub an dich du kannst es schaffen. Viel Glück

Erstmal vorab: Du bist weder dumm noch ein Idiot. Und nur weil dein Problem für andere kein Problem ist, bedeutet es ja nicht, dass Du nicht darunter leidest oder nicht leiden darfst. Grade die Tatsache, dass Du nun nochmal eine Traumstelle angeboten bekommen hast, macht deinen Leidensdruck ja nur noch größer.

Ob Du nun die Stelle annimmst oder dich erstmal - weil die Angst einfach zu groß ist - dagegen entscheidest ist meiner Meinung nach gar nicht mal so wichtig. Du solltest aber auf keinen Fall deine ganze Zukunft unter die Fuchtel deiner Ängste stellen.
Abgesehen davon, dass Du damit dein ganzes Leben in eine andere Richtung lenkst wenn Du nun wirklich irgendeine Stelle in der Nähe antrittst, hast Du trotzdem keine Garantie dafür, dass das auf Dauer so bleibt.
Du glaubst damit, dass Du deiner Angst aus dem Weg gehst Kontrolle und Sicherheit darüber zu haben - das muss aber nicht so bleiben. Vielleicht sucht sich deine Angst in 1-2 Jahren was anderes aus.

Ich hatte meine Panikattacken anfangs für etwa 1 Jahr nur beim Fahren auf der Autobahn. Die habe ich wenn irgendwie möglich vermieden, was mir eben Sicherheit und vermeintliche Kontrolle gegeben hat. Bis zu dem Tag, als ich ohne Vorwarnung meine bis daher heftigste PA zuhause am Schreibtisch hatte.
Das hat mich so aus der Bahn geworfen, dass ich eingesehen habe dass ich mein Problem endlich anpacken muss.

Du bist noch sehr jung und Angststörungen sind ja eigentlich gut behandelbar. Vielleicht ist das jetzt auch eine gute Möglichkeit, das Problem endlich richtig in Angriff zu nehmen.





Dr. Christina Wiesemann
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