Ich möchte mich zunächst kurz vorstellen. Ich bin eine Mutter von 3 Kindern und 31 Jahre alt. Ich google seit ewigen Zeiten nach meinem Problem in der Hoffnung etwas Aktuelles zu finden. Ich finde aber nur uralte Beiträge über Google, also muss ich wohl mal selbst ran.
Es ist mir wirklich extrem peinlich das aufzuschreiben und ich habe auch echt Angst, dass mein ehemaliger Partner das hier findet und mich darin erkennt. Aber es nutzt mir nichts, ich MUSS Hilfe finden.
Bis 2009 war ich ein völlig gesunder, lebensfroher Mensch. Ich hatte einen kleinen Sohn, war alleinerziehend und trotzdem war alles schön. Bis ich einen Unfall hatte und beinahe gestorben wäre. Ich musste mich einer riesigen Not-OP unterziehen, wo mein gesamtes Bauchinnenleben nach außen gekehrt wurde und dann zurück an seinen Platz gestopft. Ich war danach viele Monate lang krank und auf Hilfe angewiesen (dadurch das ich nichts heben durfte). So lernte ich meinen Partner kennen, denn er kam um mir zu helfen und er blieb.
Mit seinem Einzug fingen die Probleme an. Ich konnte das Bad nicht nutzen wann ich wollte oder musste. Ich musste oft lange warten, bis er fertig war und so kam es, dass ich aus lauter Scham Bescheid zu geben, mir eben mit Tüten ausgeholfen habe und diese schnell und heimlich entsorgt habe. Ich fing an schon so einen Anflug von Bammel zu bekommen, wenn er ins Bad ging. Nicht das ich genau dann auch muss und naja....aber genau so war es halt immer. Er ging ins Bad, ich musste.
Weiter ging es so, dass ich lange Wegstrecken irgendwann nicht mehr auf mich genommen habe, weil ich Angst hatte, ich könnte unterwegs mal zur Toilette müssen und keine Möglichkeit haben. Dann fing es an, dass ich mit Bauchkrämpfen und Durchfall auf meine Ängste reagierte. Das war auch der Moment, wo ich anfing das Haus nicht mehr zu verlassen. Nur noch die allernötigsten Termine habe ich wahr genommen. So geschah es dann auch mal, dass ich während einer Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt tatsächlich die Untersuchung abbrechen und auf Toilette rennen musste, weil ich dem guten Mann sonst unfreiwillig meinen Darminhalt gezeigt hätte.
Kurz darauf bekam ich dann mein 3. Kind und die Erfahrung beim Arzt hat mich so beeindruckt, dass ich das Haus gar nicht mehr verließ.
Bis dahin hatte ich nämlich versucht mir einzureden, dass alles gut gehen würde, es war ja schließlich noch immer gut gegangen. Naja, bis halt zu diesem Tag. Mir einzureden es würde schon gut gehen, brachte nichts mehr weil mein Folgegedanke sofort war: Schwachsinn. Ist doch schon schief gegangen und es wird wieder schief gehen.
Ich habe dann eine Therapeutin gefunden die Hausbesuche macht und mit ihr versucht zu erarbeiten, wie ich mit der Angst leben kann, ohne mein Leben so einzuschränken. Ende vom Lied war, das hat es nur noch schlimmer gemacht. Ich sollte lernen die Angst anzunehmen, sie auszuhalten, zu steuern und letztendlich wieder ein normales Leben führen können. Es hat ewig gedauert, aber schlussendlich konnte sich mich dazu überreden mein Kind zur Schule zu bringen an einem Morgen, an dem ich mich ohnehin nicht gut fühlte. Also ging in an einem Morgen, an dem ich schon starke Krämpfe hatte, mit meinem Kind zur Schule und es kam, was kommen musste. Ich musste zur Toilette, enorm dringend. Ich bat mein Kind, das den Weg schon sehr oft gegangen war, nun dieses mal den Rest des Weges alleine weiter zu gehen und lief zurück Richtung Heimat.
Also meine Hauptangst, unterwegs Durchfall zu bekommen wo keine Toilette war, war jetzt voll da und bestätigt. Es kann durchaus passieren und das auch noch auf so einem wichtigen Weg. Nirgendwo in Reichweite eine Toilette. Das erstbeste was mir unter kam, war ein Kiosk. Ich fragte höflich nach, ob es eine Toilette gäbe die ich benutzen dürfte. Aber der Mann ließ mich nicht. Das war meine 2. Angst, die nun auch voll da und bestätigt war. Ich musste, konnte kaum noch einhalten und durfte nicht. Also weiter Richtung Heimat und den nächstbesten Ort ausgesucht, eine Arztpraxis auf dem Weg. Dort durfte ich die Toilette benutzen und es ging da wirklich nur noch um Sekunden. Geschafft habe ich es. Als ich fertig war, stand ein Mann vor der Toilette und wartete, dass sie frei würde. Tja blöd, dass sie kein Febreze hatten. 3. Angst bestätigt, dass jemand vor der Toilette auf mich wartet und mein Übel ertragen muss und es vorher auch noch mit anhören durfte.
Ich bin dann völlig verzweifelt nach Hause gegangen und seit dem nur noch echt Minuten draußen gewesen. Das ist jetzt 1 Jahr her. Ich habe versucht mal einkaufen zu gehen. Der Einkauf selbst ist auch nicht das Problem, aber sobald ich mich an der Kasse anstellen muss, geht es los. Panikattacken! Wenn ich die Ware aufs Band lege und gezwungen bin, jetzt die Zeit durchzustehen bis ich bezahlt und eingepackt habe, ist die Panik auf höchstem Niveau. Es war schon so schlimm, dass ich nicht in der Lage war meine EC Karte in den Schlitz zu stecken. Andere male wurde ich des Diebstahls verdächtig, weil ich mich so auffällig verhalten hatte. Und das hat mich nur noch länger aufgehalten, statt das ich schnell wieder verschwinden konnte.
Resultat aus dieser Erfahrung: Ich gehe nicht mehr einkaufen. Selbst wenn ich die Kasse überstehe, nachher winkt mich wieder jemand raus und will meinen Tascheninhalt sehen. No way!
Das einzige was ich noch schaffe ohne Probleme ist eine kleine Gassirunde mit dem Hund. Ich kann sonst gar nichts mehr machen.
War bzw. bin dann jetzt beim Psychiater. Ich bekam Sertralin. Die Wirkung war ganz ok, aber die Nebenwirkungen waren heftig. Durchfall! Ja danke! Da bekomme ich durch die Medikamente genau das, wovor ich so große Angst habe das es mich hindert raus zu gehen. Also bekam ich Tropfen Namens Cypralex. Die Nebenwirkungen halten sich in Grenzen, verursachen allerdings auch Bauchkrämpfe und hin und wieder Durchfall. Allerdings haben sie sonst gar keine Wirkung.
Mein Ziel war, die Panik soweit in den Griff zu bekommen (die macht das Ganze ja nur noch schlimmer, durch Panik bekomme ich erst recht Durchfall), dass ich zumindest wieder in der Lage bin das Haus zu verlassen und mal zu einem Arzt zu gehen. Zu einem Gastrospezi oder einem Heilpraktiker oder keine Ahnung. Irgendeiner muss mir doch helfen können.
Der Psychiater ist keine 2 Gehminuten entfernt und ich kann ja jederzeit wegrennen, daher schaffe ich es dorthin zu gehen. Hätte ich nicht die Möglichkeit innerhalb von 2 Minuten zu hause zu sein, hätte ich nicht mal den Weg dahin geschafft. Aber leider hilft mir seine Behandlung ja auch gar nicht.
Meine Beziehung ist zerbrochen, ich bin nun alleine mit den 3 Kindern. Der Vater will sie mir wegnehmen, weil ich mich nicht gut um sie kümmern kann. Ich bestelle alle Einkäufe online, meinen Kindern geht es gut und es fehlt ihnen an nichts. Der Vater kommt und geht mit ihnen raus, er übernimmt alle anfallenden Termine mit den Kindern (Kinderarzt, Zahnarzt, Schule etc).
Und heute halte ich einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand.
Mein erster Gedanke war: Das kann ich nicht bekommen. Mein zweiter: Ja schei., ich komme doch nicht mal raus.
Mein nächster Gedanke: Kinder sind immer ein Grund zur Freude, natürlich bekomme ich das Baby. Mein nächster: schei., wie soll ich die Untersuchungen schaffen? Ich komm doch gar nicht da an. Mein nächster Gedanke galt dann den Medis und die Wirkung auf das Baby.
Ich weiß nicht mehr weiter. Es ist ein sehr langer Text, das tut mir wirklich leid. Aber was kann ich bloß tun?
Verhaltenstherapie hat nicht geholfen, Medikamente helfen nicht und jetzt bin ich in einer Situation, wo ich raus MUSS und ich MUSS das schaffen.
Bitte gebt mir ein paar Tipps, ich verzweifle.
24.06.2013 18:51 • • 01.05.2022 x 1 #1