Hmm dahinter steckt schon eine längere Geschichte.
Nachdem ich nach der Schule noch 1 Jahr in einer Maßnahme war, in der ich von 8-17 Uhr ohne Sitzpausen Putzen, Fegen, Wischen (Nach 3 Stunden fühlte ich mich am Ende, weil spätestens dann die Schmerzen vom Vortag wiederkamen) etc. durfte, war ich viele Jahre nur zuhause. Meine Erfarungen durch die Praktikas und die Maßnahme haben Ängste verursacht, und ich war damals einfach so froh, dass es vorbei war, dass ich mich nicht mehr selbst um Arbeit bemüht hatte. Ich hatte Angst, dass alles wieder von vorne losgeht. Neue Schmerzen, Ängste, wieder keine Zeit für mich selbst... Obwohl sie von meinen Ängsten - auch wenn sie damals noch nicht diagnostiziert waren - wussten, wurde ich in ein Praktikum zur Popcornausgabe im Kino geschickt. Ich hatte Angst mit den Kunden zu reden, habe der Theke den Rücken zugewendet und wurde letztlich rausgeworfen. Und dann wurde ich noch zur Rechenschaft gezogen, was denn mir mir los ist und wieso ich nicht richtig mitgearbeitet habe...
In der Maßnahme hieß es, sie bereite einen auf den Arbeitsalltag vor.
Abends kam ich heim und wollte nur noch schlafen. Noch immer ist es mir unangenehm dies zuzugeben und ich schäme mich heute sehr dafür, aber ich damals war so fertig, dass mir selbst wichtige Sachen wie Duschen nicht mehr wichtig waren, einfach, weil ich nicht länger stehen konnte, erschöpft war und glaubte, es würde mir noch mehr von meiner geringen Freizeit stehlen. Sogar heute noch zähle ich Minuten. Wenn der Bus verspätung hat oder viele rote Ampeln kommen, ärgert mich das so sehr, dass mein Herz schneller schlägt und ich stelle mir fast zwanghaft vor, dass ich diese fünf Minuten, die es mich kostet, schon für den Toilettengang verwenden könnte und dadurch im gesamten Tagesablauf fünf Minuten mehr Zeit für etwas anderes hätte.
Die Vorstellung, dass dies der normale Arbeitsalltag sein sollte, dem jeder Mensch nachgehen muss, hat mich so sehr erschüttert, dass ich zu dem Zeitpunkt wirklich lieber zuhause saß und nichtmehr arbeiten wollte. Aber nicht, aus Faulheit, sondern weil ich Angst hatte und einfach nicht mehr konnte.
Naja, das liegt nun viele Jahre zurück. Ein derartiger Arbeitsalltag mag für viele wirklich Normal sein, doch inzwischen weiß ich, dass es auch angenehme Tätigkeiten gibt und man sich nicht einm Leben lang quälen muss. Andererseits weiß ich auch, dass ich mit meinem Abschluss so etwas wohl kaum finden werde, und das wiederum verursacht starke Zukunftsängste.
Meine Eltern haben mich auch nie motiviert, mir Arbeit zu suchen. Für sie war es in Ordnung, dass ich die ganzen letzten Jahre in meinem Zimmer am Computer verbracht habe. Tweilweise fanden sie es auch gut, nach dem Motto: Wenn ich nicht mehr da bin, wäre es ja noch langweiliger in diesem Haus. Es hat fast 10 Jahre gedauert, bis ich kapiert habe, dass dies kein Leben ist, das auf Dauer Glücklich macht. Beim Amt war ich zu der Zeit nicht gemeldet...
Ich will nicht sagen, dass die genannten Berufe unter meiner Würde sind. Damit, dass sie nicht zu mit passen, meinte ich, dass ich mich damit einfach unwohl fühle. Unterfordert. Oder Überfordert aufgrund der Anstrengung.
Angenommen ich lasse mich in einer Fabrik einstellen. Fabriken gibt es hier einige. Dort wird heutzutage aber nur noch im Stehen gearbeitet. Ich würde da stehen und ein Teil aufs andere stecken. Immer wieder. Den ganzen Tag lang. Als wäre ich selbst eine Maschine. Dabei würde ich ununterbrochen vor mich hingrübeln, auf die Uhr schauen und von einem schmerzendem Bein aufs andere treten. Mir wäre langweilig und ich wünschte mir ununterbrochen, wo anders sein zu dürfen.
So erging es mir in einem damaligen Praktikum.
Wenn mir gesagt wird, dass ich kaum eine andere Wahl habe, als so einem Job nachzugehen, sehe ich schwarz. Ich kann mir so ein Leben einfach nicht vorstellen. Meine Mutter arbeitet in so einer Fabrik, und sie ist immer froh, wenn sie abends nach Feierabend erschöpft die Beine hochlegen und sich ausruhen kann. Die Arbeit ist monoton, aber auch anstrengend. Beinahe wie akkordarbeit. Das ewige Dauerstehen ist nicht gesund und macht den Rücken kaputt. Wenn es ums Überleben geht und man keine Wahl hat, als sich bis zum Ende auf solche Art kaputtzuarbeiten und dabei nicht einmal mehr Zeit für schöne Dinge hat, ja, dann kommt wieder die Frage, was hat ein solches Lebens für einen Sinn...?!
Ich möchte arbeiten! Arbeit füllt ein größten Teil des Lebens aus. Daher ist ein angenehmer Job umso wichtiger.
Ich will kein faules Leben und ich will auch nicht den ganzen Tag zuhause rumsitzen, aber ich mag mich auch nicht zwingen müssen, Ängste, Schmerzen, Abneigungen und Panik auszuhalten, nur weil andere Menschen es so wollen. Oder weil es Richtig ist. Und weil ich sonst als fauler Assi dagestellt werde. Ich denke, ein angenehmer Job würde auch die Lebensqualität steigern.
Ein Schmarotzer wäre in meinen Augen jemand, der auch leichte, angenehme Arbeit, sogar in Teilzeit, ablehnt, und trotzdem Geld vom Staat verlangt.
In Therapie war ich nie richtig; nachdem letztes Jahr nach 2 Sitzungen die Diagnose gestellt wurde, hat der Arzt aufgehört. Seitdem suche ich einen neuen. Habe die Suche beriets auf umliegende Städte ausgeweitet.
Aber angenommen, ich bekäme einen ersten Termin in einigen Monaten, oder einen Platz auf der Warteliste... (Einige nehmen selbst da keine neuen Patienten mehr an) Wenn aber das Praktikum in wenigen Wochen wäre und wenn es mich tatsächlich stark überfordern würde, könnte ich dennoch nichts tun, als es auszuhalten und den Termin abzuwarten...?
22.08.2017 17:38 •
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