Ex-Mitglied
Ich habe mal eine Frage an diejenigen, die von Zwangsstörungen und/oder ÄVPS betroffen sind oder sich mit diesen beiden Störungen auskennen. Und zwar geht es mir darum, dass ich das Verhältnis zu meinem Bruder verbessern möchte, der eben diese beiden Störungen hat.
Das Verhältnis zu meinem Bruder war nie richtig gut, wir sind sehr unterschiedlich. Von seiner Zwangserkrankung weiß ich schon Jahrzehnte aber da sind noch andere, für mich eigenartige Verhaltensweisen bzw. sind im Laufe der Jahre vielleicht auch erst dazugekommen, die ich nicht eizuordnen wusste. Gestern bin ich dann hier im Forum zufällig auf ÄVPS gestoßen und dachte mir, ja das passt sehr gut auf das, was ich an ihm beobachte.
Aufgrund gewisser Umstände treffe ich ihn seit ca. anderthalb Jahren einmal die Woche bei meiner Mutter. In dieser Zeit konnte ich schon viel an unserem Verhältnis verbessern, was mich sehr sehr freut . Ich arbeite ja auch schon jahrzehntelang an mir und bin sehr selbstreflektiert. So hatte ich erkannt, dass ich mich ihm gegenüber meist ziemlich überheblich benommen habe und mich außerdem gewisse Verhaltensweisen von ihm deswegen triggerten, weil sie mich arg an unseren Vater erinnerten
Meine Überheblichkeit habe ich mittlerweile ablegen können und wenn mich was an dem Verhalten von meinem Bruder antriggert, reagiere ich nicht mehr darauf, sondern nehme es hin. Damit komme ich meist ganz gut klar.
Unser Verhältnis hat sich schon soweit gebessert, dass wir viel besser miteinander umgehen können, die Atmosphäre ist nicht mehr so feindselig wie noch vor anderthalb Jahren. Manchmal berührt mich auch sehr zu merken, dass auch er sich Mühe zu geben scheint - das ist wirklich sooo schön
Es wird halt nichts (z.B. die Störungen) direkt angesprochen, was ja scheinbar - weil schambehaftet - charakteristisch für ÄVPS ist und ich vermeide auch jegliche Ansprache in dieser Richtung, weil ich mir sicher bin, dass das unser Verhältnis eher belasten würde. Ich habe gelernt, ihn mit seinen Störungen anzunehmen, auch wenn ich durchaus hin und wieder innerlich am Kämpfen bin, weil sich so manche zwischenmenschliche Situation einfach total schräg für mich anfühlt.
Nach allem, was ich hier und bei Wikipedia über ÄVPS gelesen habe, komme ich zu der Schlussfolgerung, dass es wohl mehr als unwahrscheinlich ist, dass ich jemals ein schönes vertrautes Verhältnis zu meinem Bruder bekommen könnte. Mit diesem Gedanken kann ich mittlerweile leben. Wichtig wäre mir jedoch, dass er sich wohl fühlt mit mir, die wenigen Male, die wir uns sehen, also dass ich ihm etwas Sicherheit geben kann und er sich von mir angenommen fühlt. Seit sich unser Verhältnis nun soweit gebessert hat, kann ich ja auch wieder meine Liebe für ihn spüren. Davor war ich oft einfach nur genervt und habe das auch gezeigt
Nun zu meiner Frage: Liege ich denn richtig mit der Annahme, dass man als Gesprächspartner eines von ÄVPS Betroffenen eigentlich eher Dinge VERMEIDEN sollte, als dass man direkt etwas TUN kann (verhaltenstechnisch gesehen)? Und wenn ja, was konkret ist denn hilfreich und was total kontraproduktiv? Kann auf diese Störung bezogen überhaupt etwas Allgemeingültiges empfohlen werden oder sind die davon Betroffenen einfach zu unterschiedlich, als dass das möglich wäre?
Wir scheinen ja schon auf einem ganz guten Weg zu sein, doch ich kann mich nicht so richtig in seine Welt reinversetzen. Und zudem habe ich ja auch meine eigenen psychischen Baustellen ... wäre also für Tipps von euch sehr dankbar!
Liebe Grüße!
10.08.2021 14:26 • • 19.08.2021 x 1 #1