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Zitat von Myosotis:
Bist du dir sicher, dass das bei allen ÄVPSler so ist? Ich habe immer den Eindruck, dass meinem Bruder in dieser Hinsicht nichts fehlt.

Bei mir ist es nicht so. Ich habe keinen Leidensdruck und keine Sehnsucht nach Kontakt. Es ist ganz nett, wenn ich hin und wieder lockere Kontakte habe, aber ich muss das nicht haben.

Zitat von moo:
Ich bin stets dankbar für Deine hochinformativen und vor allem zielführenden Beiträge... (das musste etz hier mal rein).

Zitat von Myosotis:
Du hast dich so wunderbar klar ausgedrückt, dass du mir wirklich sehr weitergeholfen hast. Habe schon einige andere Beiträge von dir gelesen, du bringst die Dinge immer so klasse auf den Punkt Eine super Bereicherung

Vielen lieben Dank, ich freue mich sehr über Euer positives Feedback !

Lieber Myosotis,
ich antworte nachher nochmal ausführlicher, habe nur gerade einen Gedanken im Kopf, den ich schonmal vorschicken wollte, in Bezug auf Deine Frage bezüglich des Wunsches nach Kontakt:
Zitat von Myosotis:
Bist du dir sicher, dass das bei allen ÄVPSler so ist? Ich habe immer den Eindruck, dass meinem Bruder in dieser Hinsicht nichts fehlt.


Ich werde das nochmal bei Fiedler/Herpertz oder anderen Autoren checken (ich finde die Frage wirklich echt interessant), die sich auf Persönlichkeitsstörungen spezialisiert haben, aktuell beziehe ich mich auf einen Chefarzt und einen Uni-Dozenten, die mir Aspekte der ÄVPS so erklärt haben:

Bei allen Persönlichkeitsstörungen (mit einer Ausnahme) ist der Leidensdruck, der durch die Störung hervorgerufen wird, ein wichtiges diagnostisches Kriterium. Ausnahme: die schizoide PS (die in Teilen dem Autismus sehr ähnlich ist, was manchmal differentialdiagnostische Probleme macht). Sprich: die schizoide PS ist die einzige Persönlichkeitsstörung, in der die Betroffenen nicht zwangsläufig unter den Symptomen leiden, da hängt es von den Umständen ab.
Jetzt hat man z.B. zwei Patienten, die sich im Sozialverhalten ähnlich präsentieren, beide sehr zurückgezogen, beide meiden den Kontakt zu Menschen und wirken im Kontakt mit Menschen oftmals gestresst. Theoretisch könnten beide PS möglich sein, aber es gibt einen wesentlichen Unterschied: der Schizoide ist tatsächlich ganz zufrieden, wenn er alleine ist, könnte z.B. gut alleine in einer Waldhütte in der Natur leben und würde Menschen nicht vermissen. Kein Leidensdruck. Der Stress und mögliche Leidensdruck entsteht dann, wenn dieser Patient halt nicht alleine im Wald wohnt (und das tun nunmal die wenigsten), sondern Sozialkontakt zu Menschen haben muss. Dieser Patient fühlt sich nicht einsam, wenn er alleine ist.
Der ÄVPSler hingegen ist einsam, wenn er alleine ist, gar keine Kontakte hat. Hier entsteht ein erheblicher Leidensdruck durch genau diese Zwickmühle, er möchte gerne, hat aber Angst davor. Diese Kontakte können sehr reduziert sein, im Prinzip langen auch 1-2 vertraute Personen, und die muss er auch nicht unbedingt total oft sehen, er muss nur wissen, dass sie grundsätzlich da sind und sie gelegentlich sehen, um dem Einsamkeitsgefühl entgegenzuwirken.
Dementsprechend wäre das Gefühl von Einsamkeit bzw. das grundsätzliches Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit ein differentialdiagnostisches Kriterium, diese beiden PS voneinander abzugrenzen.

Mit ihren engen Bezugspersonen können sich ÄVPSler auch sogar sozial bedürftig zeigen (ich erinnere mich an eine ÄVPSlerin, mit der ich auf Station war, die ihrer Therapeutin fast sprichwörtlich auf dem Schoß gesessen hat und täglich mehrfach den Kontakt gesucht hat, mit anderen Menschen hat sie nicht gesprochen).

Soweit erstmal meine Gedanken dazu .

In Bezug auf Deine Frage zum selektiven Mutismus: wurde bei mir schon so bezeichnet, aber bei Erwachsenen wird oft die allgemeinere Bezeichnung Konversionsstörung für derartige Symptome verwendet.

Bis später,
LG Silver

A


Umgang mit meinem Bruder - ÄVPS und Zwangsstörung

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Zitat von silverleaf:
Nur wird er vielleicht dem Frieden nicht trauen und jetzt erst recht misstrauisch sein, ob er dem neuen Bruder trauen kann

Zitat von silverleaf:
Lieber Myosotis,

Ich bin übrigens ´ne Frau, also die Schwester
Mir war das Bruder zwar bereits aufgefallen, doch ich dachte, das wäre dir evtl. im Eifer des Gefechts so rausgerutscht, deswegen habe ich es nicht erwähnt. Doch nun hast du Lieber geschrieben ...

Zitat von Myosotis:
Ich bin übrigens ´ne Frau, also die Schwester Mir war das Bruder zwar bereits aufgefallen, doch ich dachte, das wäre dir evtl. im Eifer des Gefechts so rausgerutscht, deswegen habe ich es nicht erwähnt. Doch nun hast du Lieber geschrieben ... ...


SORRY SORRY SORRY !

Das tut mir echt leid, eigentlich achte ich da immer sehr drauf, keine Ahnung, wie ich das übersehen konnte !

Ganz liebe und zerknirschte Grüße
Silver

Zitat von Myosotis:
Bist du dir sicher, dass das bei allen ÄVPSler so ist? Ich habe immer den Eindruck, dass meinem Bruder in dieser Hinsicht nichts fehlt.


So, nach einiger Recherche in der entsprechenden Fachliteratur kann ich Deine Frage nun klar beantworten:

Ja, zumindest nach aktuellem Stand der Forschung und aktuell gültigen Diagnosekriterien.

Die Fachwelt sagt:

Sowohl die
- Sehnsucht nach menschlicher Nähe als auch
- ein stark bleibendes Bedürfnis nach Zuneigung und Akzeptanz
- trotz großer Angst vor Zurückweisung, Beschämung und Ablehnung und
- daraus resultierender Vermeidung
sind die integralen Bestandteile der ÄVPS.
Der daraus entstehende Konflikt, in dem die Betroffenen beständig bleiben, macht das Wesen dieser Persönlichkeitsstörung aus.

Ohne diese Sehnsucht ist es keine ÄVPS, weder nach ICD 10 noch nach DSM 5 (die aktuellen Diagnose-Kataloge).
Besteht sie nicht, würde differentialdiagnostisch eine schizoide Persönlichkeitsstörung oder eine soziale Phobie diagnostiziert werden.
Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten dieser 3 Erkrankungen sind nach wie vor Gegenstand der Diskussion in der Fachwelt, dennoch gibt es ein paar differentialdiagnostische Kriterien, die es Therapeuten und Ärzten ermöglichen, eine relativ eindeutige Diagnose zu stellen.

Wie alle Diagnosen sind auch hier die Diagnosekriterien permanentem Wandel unterworfen, es gibt auch Autoren, die die schizoide und die ängstlich-vermeidende PS als 2 Varianten ein und derselben Erkrankung sehen, aber diese Sicht hat sich nicht durchgesetzt. Der dort beschriebene kühl-distanzierte Typ wäre nach aktuell gültigen Diagnosekriterien eher der schizoiden Persönlichkeitsstörung zuzuordnen, der nachgiebig-ausnutzbare der ÄVPS.

Nachzulesen bei Fiedler, Herpertz, Eikenes, Millon et al.

Ich hoffe, ich konnte Dir damit etwas weiterhelfen!

LG Silver

P.S.: Es ist mir noch wichtig zu sagen:

Ich vertrete hier keine persönliche Meinung zu dem Thema, ich gebe nur wieder, was meine Recherche zu dem Thema ergeben hat. In meinem ersten diesbezüglichen Beitrag habe ich aus dem Gedächtnis zitiert, was mir Fachleute mal erklärt hatten, und in diesem Beitrag habe ich geschrieben, was ich jetzt in der entsprechenden Fachliteratur dazu gefunden habe, nachdem mir hierzu eine interessante Frage gestellt wurde.

Mir ist sehr wohl bewusst, dass einige andere User hier im Forum die ÄVPS anders erleben, wie z.B. @Schlaflose, und ich möchte klarstellen, dass ich deren Erleben auf keinen Fall invalidiere oder in Frage stelle, selbiges gilt für die entsprechend gestellten Diagnosen. Solche Gedanken liegen mir fern.

Es ist Zufall, dass sich in diesem Fall mein persönliches Erleben mit den beschriebenen Diagnosekriterien und dazugehörigen wissenschaftlichen Erläuterungen deckt, wäre das andersherum gewesen, hätte ich das hier genauso geschrieben. Ich gehe mit einem neutral-wissenschaftlichen Interesse an die Thematik heran.

Ich möchte nur vermeiden, dass sich jetzt vielleicht jemand angegriffen, provoziert oder verletzt fühlt, das ist nicht meine Intention.

LG Silver

Es gibt selten eine reine Form von Persönlichkeitsstörungen. Meist sind es Mischformen. Ich kann mich erinnern, dass mein Therapeut, der die Diagnose gestellt hat, mal von einem schizoiden Anteil bei mir sprach. Die Diagnose wird nach dem benannt, was überwiegt. Es ist bei mir auch so, dass ich früher als Jugendliche und junge Erwachsene neidisch bzw. eifersüchtig auf Leute war, die leicht Kontakte knüpfen konnten und einen großen Freundeskreis hatten. Später habe ich akzeptiert, dass ich anders bin und seitdem macht es mir nichts aus. Ich gehöre definitiv der kühl-distanzierten Gruppe an.

@moo
Ich danke dir sehr für deine Gedanken und Anregungen!

Ich habe noch nicht die nötige innere Klarheit für eine Antwort aber sie wird kommen (also die Antwort - die Klarheit hoffentlich auch )

Zitat von Schlaflose:
Es gibt selten eine reine Form von Persönlichkeitsstörungen. Meist sind es Mischformen. Ich kann mich erinnern, dass mein Therapeut, der die Diagnose gestellt hat, mal von einem schizoiden Anteil bei mir sprach. Die Diagnose wird nach dem benannt, was überwiegt. Es ist bei mir auch so, dass ich früher als ...

Mein Eindruck bei psychologischen und psychiatrischen Diagnosen ist, dass sie oft unzutreffend sind. Es ist nicht einmal klar, ob jemand eine Persönlichkeitsstörung hat oder nicht. Bezeichnungen, wie ÄVPS oder ADHS klingen wunderbar griffig, wissenschaftlich und überzeugend. Sie zielen aber oft am Menschen vorbei und können sogar Schaden anrichten, indem sie Grundlage für Medikamentengabe und eine Redizierung des Betroffenen auf eine pathologische Schublade sind, womit sogar manifestiert werden kann, was eigentlich aufgelöst werden soll. Auch auffallend: die Fachwelt erfindet ständig neue Krankheitsbilder, wie zum Beispiel die American Psychiatric Association, die sie in ihrem regelmäßig herausgegebenen Handbuch "Mental Disorders" auflistet, darunter "Oppositional Defiant Disorder" (wenn ein Kind wiederholt "Nein." sagt und sich abwehrend verhält), "Major Depressive Disorder" (nichts anderes als "Trauer", und zwar schon pathologisch ab den ersten paar Wochen, "Disruptive Mood Dysregulation" (Tobsuchtanfälle) oder "Compulsive hoarding" (wenn jemand zu viel aufbewahrt und die Wohnung zumüllt). (Quelle: https://www.doccheck.com/de/detail/arti...adhs-haben). "Desease Mongering" ist der Oberbegriff für diese, alles mögliche pathologisierenden Bestrebungen im Medizinwesen.
Zusammengefasst: Die Diagnose sollte man möglichst oft beiseite legen und sich dem Menschen widmen.

Zitat von moo:
müssen wir uns doch im Grunde damit abfinden, dass unsere Gegenüber an unseren körperlichen Problemen u. U. nicht wirklich interessiert sind - zumindest dann, wenn wir von den Ansichten anderer unabhängig werden wollen.

Dieser Aussage stimme ich auf jeden Fall zu.

Ich bin mir aber nicht sicher, wie du mein Beispiel verstanden hast, vielleicht ist es in diesem Zusammenhang auch unerheblich, möchte aber noch folgendes verdeutlichen:
Ich wollte mit dieser Beispiel-Situation einem von ÄVPS und Zwangsstörung Betroffenen mein Erleben verdeutlichen, in der Hoffnung, eine erhellende Antwort zu den inneren Vorgängen eines ÄVPSlers ganz speziell bezogen auf die beschriebene Situation zu erhalten.
Meine Wahrnehmung davon, dass ihm meine körperlichen Probleme egal sind, war hier weniger wichtig als vielmehr diese für mich sehr irritierende Wahrnehmung, dass er trotz aller meiner Schilderungen zu meinen scheint, ich hätte diese gar nicht, ja sich sogar in ganz ganz seltenen Fällen (und das fällt mir jetzt erst ein!) in einer Weise äußert, die mir genau diese zweitgenannte Wahrnehmung bestätigt.

Konnte ich das verständlich rüberbringen?
Zitat von moo:
Desinteresse, Unwissen oder gar Ignoranz berühren mich schon lange nicht mehr.

Ganz unmittelbar ohne "Zeitverzögerung" nach eventueller Reflektion - berühren sie dich nicht mehr? Verstehe ich das richtig? Und völlig stimmungsunabhängig? Ich frage aus aufrichtigem Interesse!
Zitat von moo:
Je besser ich die Menschen verstehe, umso weniger (unbewusste!) Erwartungshaltung.


Zitat von moo:
Wären diese körperlichen Reaktionen auch präsent, wenn sich ein völlig fremder Mensch oder ein ferner Bekannter so verhielte?

Um Missverständnissen vorzubeugen: Diese Frage bezieht sich ausschließlich auf "fremde Menschen" und "ferne Bekannte"?
Dies vorausgesetzt, lautet meine Antwort: Mit ziemlicher Sicherheit, Nein.

Jedoch möchte ich in Bezug auf diese Frage folgendes bedenken, weil es mir auf deine letzten beiden Absätze, die ich jedoch leider nicht verstanden habe (s.u.), nicht unerheblich zu sein scheint:
Im Zusammensein mit einer näheren Bekannten (die früher mal eine gute Freundin gewesen ist) spüre ich Ähnliches, wenn ich ihren Stress wahrnehme.
Zitat von moo:
Wo liegt letztlich der Unterschied zwischen derlei Personen und meinem Bruder?

Im Moment gelingt es mir nur mit folgenden Gedanken auf diese Frage einzugehen:

Üblicherweise wird über diese Art Fragen über einen längeren Zeitraum kontempliert/meditiert, um letztlich zu der Erkenntnis zu gelangen, dass es hier keinen Unterschied gibt, nicht wahr? Aber zu dieser Erkenntnis könnte ich ja keinesfalls mit einer "kurzen Kontemplation" kommen. Deswegen irritiert mich deine Frage an dieser Stelle!
Zitat von moo:
Doch aus dieser Übung muss eine Einsicht erwachsen: Interpretationen und Bewertungen, Mögen und Ablehnung geschehen automatisch und idR unbewusst.

Dessen bin ich mir bewusst.
Zitat von moo:
Es geht also nur kurzfristig darum, Momente zu überstehen. Längerfristig geht es um eine echte, wirksame Veränderung der Wahrnehmung. Und das dauert....

Ja, bin mir auch dessen bewusst.
Zitat von moo:
Einerseits kannst Du seine Anspannungen nicht aktiv auflösen, was Dir ja eh sicher bewusst ist? Andererseits hilft das Arbeiten an Deiner Wahrnehmung indirekt auch ihm. Jedoch darfst Du es nicht als Deine Aufgabe oder gar Pflicht auffassen, Dich für Deinen Bruder zu ändern.

Zu den ersten beiden Sätzen: Ja, das sehe ich auch so.

Zu Letzterem:
Meine für mich innerlich klar formulierte Absicht ist, dass ich das nicht tun möchte!

Somit meine ich: Was auch immer bei mir derzeit noch im Unbewussten wirkt, kann ich doch damit rechnen, dass ich dieses mit meiner klaren Absicht entsprechend beeinflusse. Oder ist dieser Denkansatz aus deiner Sicht falsch?
Zitat von moo:
bedeutsame Aspekte, die es klar zu untersuchen gilt:

Inwieweit bin ich für meinen Bruder verantwortlich?

Hierüber muss ich mir noch eingehender Gedanken machen. Dass ich nicht für ihn verantwortlich bin, ist mir im ersten Ansatz klar. Da es mir aber zeitweise (sehr sehr selten, weil ich es nicht mehr so an mich ranlasse) unendlich leid tut und mich auch traurig macht, dass ich keine bessere Schwester für ihn gewesen bin, halte ich es durchaus für möglich, dass ich diesbzgl. etwas aufdecke, was mir jetzt noch verborgen ist.
Zitat von moo:
Inwieweit möchte ich über meinen Bruder mir helfen?

Danke! Auch eine sehr interessante Frage, die ich später ebenfalls angehen werde. Eins nach dem anderen
Zitat von moo:
Zwänge kommen nicht von ungefähr und in den meisten Fällen spielen subjektiv irrational verinnerlichte Verantwortlichkeiten die tragende (und tragische!) Rolle.

Dem kann ich leider nicht folgen. Wäre dir wirklich sehr dankbar, wenn du mir diesen Satz nochmal in anderen Worten erklären könntest, habe nämlich bereits einen Knoten im Gehirn
Zitat von moo:
Sofern Ihr unter ähnlichen Umständen aufgewachsen seid, könnten (!) hier Parallelen bestehen.

Ja, wir sind im gleichen Haushalt, also unter ähnlichen Umständen aufgewachsen.
Aber ich verstehe leider nicht, welche Parallelen du meinst.

Du hast mit deinen Gedanken und Fragen auf jeden Fall sehr viel in mir bewegt Dafür ein herzliches Dankeschön!

Zitat von silverleaf:
SORRY SORRY SORRY

Ist doch gar nicht schlimm

Zitat von Fauda:
Mein Eindruck bei psychologischen und psychiatrischen Diagnosen ist, dass sie oft unzutreffend sind. Es ist nicht einmal klar, ob jemand eine Persönlichkeitsstörung hat oder nicht. Bezeichnungen, wie ÄVPS oder ADHS klingen wunderbar griffig, wissenschaftlich und überzeugend. Sie zielen aber oft am Menschen vorbei und können sogar Schaden anrichten,

Ich war über die Diagnose, die ich vor 10 Jahren erhielt, überglücklich. Ich erfuhr sie eigentlich auch nur per Zufall, der Therapeut hat sie mir gegenüber gar nicht erwähnt. Die Diagnose stand in dem Bericht, den er für den Medizinischen Dienst angefertigt hat, als die meine weitere Krankschreibung überprüfen wollte. Ich habe dann darüber im Internet recherchiert und es war wie eine Erleuchtung: genau das bin ich. Endlich wusste ich, was mit mir los ist und dass es eine Krankheit ist und nicht meine Schuld und Unzulänglichkeit. Das war für mich der Punkt, wo sämtliche Selbstzweifel und Schuldgefühle von mir abfielen und ich mich wie befreit fühlte.

Zitat von Schlaflose:
Ich kann mich erinnern, dass mein Therapeut, der die Diagnose gestellt hat, mal von einem schizoiden Anteil bei mir sprach.

Gemäß einem Körpertyptentest nach Reich, den ich vor vielen vielen Jahren mal im Rahmen eines Seminars gemacht hatte, habe ich auch schizoide Anteile. Nach dieser Lehre gibt es 5 verschiedene Körpertypen und die höchste Punktzahl hatte bei mir der schizoide Anteil erreicht.
Zitat von Schlaflose:
eifersüchtig auf Leute war, die leicht Kontakte knüpfen konnten und einen großen Freundeskreis hatten.

Ja, in ähnlicher Form kenne ich das auch von mir.
Zitat von Schlaflose:
Später habe ich akzeptiert, dass ich anders bin und seitdem macht es mir nichts aus


Zitat von Schlaflose:
Ich war über die Diagnose, die ich vor 10 Jahren erhielt, überglücklich.

Das glaube ich dir!
Ich war auch total froh, als ich vorletzte Woche hier im Forum zum ersten Mal über ÄVPS gelesen habe, auch wenn es nun nicht mich direkt betrifft. Aber es hat mir so vieles über das Verhalten meines Bruders erklärt und das habe ich als enorme Erleichterung empfunden.
Zitat von Schlaflose:
Endlich wusste ich, was mit mir los ist und dass es eine Krankheit ist und nicht meine Schuld und Unzulänglichkeit. Das war für mich der Punkt, wo sämtliche Selbstzweifel und Schuldgefühle von mir abfielen und ich mich wie befreit fühlte.



Trotz allem hat´s beim Lesen von @Fauda `s Post in mir laut Ja-Ja-Ja gerufen , denn das ist halt - aus meiner Sicht - auch ein Teil der Wahrheit.

Was Diagnosen an sich angeht, denke ich auch, dass sie genau dieses zweischneidige Schwert sind.

Diagnosen sind imho dann hilfreich, wenn sie einem helfen zu verstehen, was eigentlich mit einem los ist, genauso wie @Schlaflose es beschrieben hat. Dann können sie eine enorme Erleichterung sein, ich habe es damals ganz genauso empfunden.

Jede Diagnose sollte ja hauptsächlich eines sein: Ein Hinweisgeber für den Therapeuten, wie er mit dem Patienten arbeiten sollte, um ihm bestmöglich zu helfen.

Eine Diagnose ist also auch im weitesten Sinn als Behandlungsplan zu verstehen.

Manche Patienten fühlen sich aber auch abgestempelt, stigmatisiert oder in eine Schublade gesteckt, was vor allem immer dann negative Auswirkungen hat, wenn von anderen Menschen mir einer Diagnose schlecht umgegangen wird. Wenn man plötzlich mit Vorurteilen konfrontiert wird, wenn einem nicht mehr wirklich zugehört wird, weil alles, was man sagt, auf die Diagnose geschoben wird....

Sie sollten weniger ein Label, ein Etikett sein, dass einem aufgeklebt wird (auch wenn manchmal leider genau das passiert). Viele Therapeuten sagen: Diagnosen sind immer eine Möglichkeit, verschiedene Symptome in einen Zusammenhang zu bringen und zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen (manchmal werden darum auch öfters Patienten von verschiedenen Therapeuten unterschiedlich diagnostiziert, weil Therapeuten das Symptombild unterschiedlich zu einem Gesamtbild zusammensetzen).
Sie sollten vielmehr einen Weg aufzeigen, wie einem geholfen werden kann.

Und man darf leider auch einen Aspekt nicht vergessen:
Ab einem bestimmten Punkt sind Diagnosen in einem ganz anderen Kontext relevant und erlangen plötzlich eine ganz andere und trotzdem erhebliche Bedeutung: im Kontext von Berufsunfähigkeit, Rente, Grad der Behinderung,.... Offizielle Stellen schauen sich leider nicht den Menschen im Einzelfall an, für die ist man oftmals nur die Summe seiner Diagnoseziffern. Das ist traurig, aber leider auch Realität.

LG Silver

Zitat von Myosotis:
Ist doch gar nicht schlimm


Vielen lieben Dank , mir hat das wirklich echt total leid getan (und tut es auch noch),
vielen Dank für Dein Verständnis und Deine Nachsicht!

LG Silver

Zitat von Schlaflose:
Ich war über die Diagnose, die ich vor 10 Jahren erhielt, überglücklich. Ich erfuhr sie eigentlich auch nur per Zufall, der Therapeut hat sie mir gegenüber gar nicht erwähnt. Die Diagnose stand in dem Bericht, den er für den Medizinischen Dienst angefertigt hat, als die meine weitere Krankschreibung überprüfen ...

Ja, das ist die gute Seite einer Diagnose, völlig richtig. Aber ich hoffe, dass du dich als Mensch auch frei von der Diagnose erlebst (außer gegenüber Ämtern, Behörden usw.)

Vielen Vielen Dank, liebe @silverleaf , dass du dir die Mühe gemacht hast, nochmal nachzusehen! Habe mir das alles nochmal durchgelesen - jetzt weiß ich gut genug Bescheid

Ich hätte mir nun nicht die Mühe machen wollen, mich durch trockene Literatur durchzukämpfen Dir scheint das richtig Spaß zu machen. Du hast mir das Thema jetzt so schön lebendig vermittelt, dass ich es auf jeden Fall besser verinnerlichen kann
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Liebe Myosotis,

vielen lieben Dank !

Ich freue mich, wenn ich Dir ein kleines bisschen weiterhelfen konnte !

Ich habe tatsächlich Spaß daran, die entsprechende Literatur zu diesen Themen zu lesen, ich habe ein echtes Interesse an der wissenschaftlich/ fachlichen Seite der Psychologie.
Zum Glück hatte ich bislang immer Therapeuten, die das unterstützt haben und mich bzw. meinen Wissenshunger mit der entsprechen Literatur versorgt und gefüttert haben. Wenn man nicht vom Fach ist, ist es ja manchmal schwer, herauszuarbeiten, welche Autoren die entsprechend etablierten Referenz-Quellen sind, insofern bin ich meinen Therapeuten dafür echt dankbar.

LG Silver

Dann vielleicht hier noch eine Seite der trockenen Literatur:
https://www.psychosoziale-gesundheit.ne...rheit.html

Obwohl ich es gar nicht so trocken empfunden habe damals, es kommt alles erklärbar rüber und half mir zu verstehen, mich zu verstehen...

Zitat von Fauda:
Ja, das ist die gute Seite einer Diagnose, völlig richtig. Aber ich hoffe, dass du dich als Mensch auch frei von der Diagnose erlebst (außer gegenüber Ämtern, Behörden usw.)

Was hat meine Diagnose mit Ämtern und Behörden zu tun?
Hast du jemals von mir Klagen gehört, die im Zusammenhang mit meiner Diagnose stehen? Mir geht es sehr gut, seit ich vor 10 Jahren aufgrund der Diagnose eine Stelle in der Verwaltung bekam und nicht mehr im Schuldienst arbeiten muss.
Persönlichkeitsstörungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie ein Teil des Menschseins sind.

A


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