Hallo zusammen,
ich bin heute zum ersten mal auf diese Seite gestoßen, weil ich mich bislang nicht einmal das Wort Suizid getraut habe, irgendwo einzugeben. Bei diesem Wort und den Gedanken daran, stellen sich mir alle Nackenhaare auf und ich verfalle in Panik und bekomme dann eben Angstzustände.
Witziger Weise ist es so, dass ich wahrscheinlich ein sehr gut therapierter Patient bin, da ich mich sehr um mich kümmere und jede Art von Depressionsanzeichen im Keim ersticken will, da ich Depressionen immer sofort mit Suizid in Verbindung bringe und ich genau das auf keinen Fall will.
Vielleicht ein kurzer Einblick in meine Historie.
Meine Mutter hat sich umgebracht, da war ich gerade mal 10 Jahre alt. Sie hatte starke Depressionen, war zugleich extrem Medikamentenabhängig und wollte sich keinesfalls helfen lassen. Jeder Versuch, sie therapieren zu lassen, scheiterte kläglich, weil sie sich nach wenigen Tagen immer selbst entlassen hatte. Das war in den 90-er Jahren und für mich als kleiner Junge, war das absurde Leben, mit einer Mutter, die wohl schon knietief in Problemen und Depressionen steckte, ganz normal. Ich könnte hier stundenlang Dinge aufzählen, die für mich als Kind ganz normal waren und jetzt wo ich Erwachsen bin, selbst Kinder habe, extrem verstörend wirken.
Dementsprechend habe ich das Ereignis, den Suizid meiner Mutter gar nicht erst an mich rangelassen und habe einfach eine eigene Story dazu erfunden, um mich damit nicht beschäftigen zu müssen.
Das funktionierte auch genau zehn Jahre lang, bis ich dann von einem Tag auf den anderen das Gefühl hatte, ich müsse Sterben. Atemnot, Herzrasen und die üblichen Symptome bei Panikattacken.
Glücklicherweise war ich aber auch hier bereits sehr hartnäckig und habe in kürzester Zeit alle Ärzte besucht und bin dann auch ins Krankenhaus gekommen, damit alles abgeklärt wird. Die gute Nachricht: körperlich war und bin ich zu 100% fit! Die schlechte Nachricht: ich bekam die Diagnose, dass ich unter Panikattacken leide. Daraufhin bekam ich das Angebot, direkt vom Krankenhaus, in eine psychosomatische Einrichtung überführt zu werden, was ich dankend annahm. Ich dachte, es handelt sich hier um einen Aufenthalt von zwei Wochen oder so, man hat sich ja damit noch nie beschäftigt. Letztendlich wurden 3,5 Monate daraus und ich musste weiter an mir arbeiten. Alle Dinge, die ich nicht selbst beeinflussen konnte, waren für mich ein Graus. Unvorstellbar, mal wieder in den Urlaub zu fahren, geschweige denn zu fliegen.
Aber hey, ich habe diese Erkrankung in rund sieben Jahren ohne Medikamente so in den Griff bekommen, dass sie keine Rolle mehr spielte.
Eigentlich ein Grund zur Freude, aber wie das Leben nunmal so spielt, hat sich dann meine Psyche eine neue Strategie einfallen lassen. Ich bekam eben auch diese Zwangsgedanken, dass ich depressiv und suizidal sein könnte. Das hat mich so vom Sockel gehauen, dass ich nicht mehr wusste, wo links und rechts ist. So was habe ich noch nie erlebt. Ich habe wochenlang nicht geschlafen. Nur noch gezittert und war in meiner Angst verloren. Meine damalige Therapeutin, zu der ich eigentlich nie einen Draht hatte, kam dann mit der Aussage ums Eck, ich solle doch aufpassen, dass das nicht in einer Depression endet. Genau das wollte ich nicht hören, denn das bestätigte ja meine Angst, depressiv zu sein. Daraufhin habe ich mich umgehend nach einem Platz in einer Tagesklinik gekümmert.
Das war die beste Entscheidung in meinem Leben. Dort lernte ich nun, dass ich unter generalisierten Angstzuständen leide. Zudem habe ich zum ersten mal in meinem Leben, den Suizid meiner Mutter aufgearbeitet und begriffen, dass das nichts mit mir zu tun hat, ich aber unter dem Erlebnis leider und somit die Zwangsgedanken aufkommen und ich dann in die Angstspirale verfalle. Zudem nehme ich nun seit sechs Jahren 40mg Citalopram, was mir echt gut hilft.
Ich habe Monate, sogar Jahre, wo ich ganz normal leben kann. Die Zwangsgedanken kommen und gehen, aber eher in schwacher Form und ich kann gut damit umgehen.
Manchmal kommen sie aber auch wie ein Hammer, dann ist es schwierig, alles richtig zu sortieren und die Angst und die Gedanken in den Griff zu bekommen.
Aktuell stecke ich wieder, nach mehr als 3 Jahren in einer solchen Phase.
Ich bin dabei so froh, immer noch Anschluss an die Tagesklinik zu haben, wo ich sofort einen Termin bekomme und dass ich mich so intensiv über die letzten 15 Jahre therapieren lies.
Vielleicht noch ein kurzer Tipp von meiner Seite. SPORT und Meditation wirken wunder
Ich muss sagen, dass ich bis heute dachte, ich stehe mit meinem Problem alleine da. Danke an alle, die so offen ihre Themen teilen und ansprechen.
01.02.2021 11:46 •
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