Zitat von SteveRogers: Angst - Kontroll(Zwang)
Ich wollte nochmals auf diese Sache mit der
Kontrolle eingehen, weil das wirklich so elementar wichtig ist.
Die meisten Leute mit Generalisierter Angststörung/Hypochondrie sind meiner Erfahrung nach Menschen, die bewusst oder unterbewusst sehr viel Kontrolle in ihrem Leben benötigen.
Sie merken das manchmal gar nicht richtig oder haben sich nie viel damit befasst. Oft
wird in Therapien aufgedeckt, welche Kontrollfreaks oder auch Perfektionisten in diesen Leuten stecken. Bei mir war es genauso.
Wer so tickt, ist sehr anfällig für Hypochondrie oder allgemeine Generalisierte Angststörung, denn auch dort geht es eben um....tja....um Kontrolle. Das kann der Körper/die Gesundheit sein (Hypochonder) oder es können unzählige andere Dinge des Lebens und auch Alltags sein.
Manch einer will steuern, wie die eigenen Kinder sich entwickeln sollen (z.B. beruflich).
Manch einer will mit der Brechstange seine eigene Karriere oder finanzielle Entwicklung steuern.
Manch einer kann die Kontrolle über das Familienleben oder den Haushalt nicht loslassen (ist manchmal sogar ein Grund, warum manche nicht in eine Klinik wollen, weil sie dann die Kontrolle über Zuhause verlieren).
Manch einer kann nicht akzeptieren, dass bestimmte Systeme so (mängelbehaftet) sind, wie sie nun einmal sind. Das kann das Gesundheitssystem sein oder allgemein Dinge, die eben nicht so sind, wie man es gerne hätte.
Verwunderlich ist daher nicht, dass Perfektionisten/Kontrollfreaks sich sehr schwer tun, Dinge so zu akzeptieren, wie sie eben nun einfach mal im Leben sind - nicht perfekt, mit Fehlern ausgestattet, nicht oder kaum beeinflussbar.
Ist es da verwunderlich, dass sich diese Kontroll-Sucht (für die man nix kann, weil sie meist von den Eltern angeprägt ist) manchmal oder irgendwann ihren Weg sucht und sich in Angststörungen/Hypochondrie verfestigt? Klingt für mich sowas von logisch.
Die Störungen sind nicht selten auch ein Zeichen/Alarmsignal, dass irgendetwas nicht so passt im eigenen Leben, wie es sein sollte. Man sollte daher nicht nur negativ über diese Ängste denken, sondern anfangen, zu analysieren, wo eben im Leben Baustellen sein könnten (Job, Beziehung usw). Dazu muss man natürlich sehr ehrlich zu sich selbst sein. Daran scheitern viele schon (ich hatte da auch lange zu kämpfen - bei mir war es der Beruf, der völlig falsch war, was ich mir aber lange nicht eingestehen wollte).
Und wer das versteht und auch mal ehrlich sich selbst gegenüber outet (Bin ich vielleicht einer dieser Menschen, die schon immer gerne Kontrolle über viele Dinge mochten?), der sollte eigentlich auch mit der Zeit (durch Therapie) verstehen, dass ein Festhalten an diesem Kontrollzwang leider nicht die Lösung für die psychischen Probleme ist, sondern sie leider eher am Leben erhält oder sogar verstärkt. Es ist fast wie Treibsand. Man kämpft dagegen an (=versucht ständig, die Kontrolle auszuüben), aber genau das ist kontraproduktiv. Dass das Loslassen genau die Lösung wäre in vielen Fällen, ist leider unfassbar schwer zu begreifen. Ich weiß es ja von mir selbst. Daher geht das nicht von heute auf morgen, sondern muss wie bei einem Ausdauersport Stück für Stück antrainiert werden (gute Therapien schaffen das, aber auch nur, wenn der Patient bereit ist, selbst aktiv mitzuwirken und nicht ständig an seinem Kontrollzwang festhält, weil er überzeugt ist, dass das Sinn hat).
Ein Beispiel von mir in Bezug auf Loslassen:
Mein massive Herzneurose konnte ich erst dann recht gut in den Griff bekommen, als ich folgende Dinge knallhart habe sein lassen:
1. Nicht mehr Symptome oder Krankheiten googeln
2. Kein Blutdruck mehr messen
3. Keinen Puls mehr fühlen
4. Nicht mehr ständig zum Arzt rennen zwecks Check oder Blutentnahmen
5. Herzstolperer/Zwicken nicht mehr bewerten und analysieren, sondern mit einem Le..ck mich am A... - ich bin gesund! abtun und ignorieren.
Anfangs streubte sich in mir natürlich mein innerer Kontrollfreak mit Sätzen wie
Du kannst doch nicht einfach nicht mehr Blutdruckmessen oder so lange nicht mehr zum Arzt gehen! Das kann fatal enden!Es dauerte eine zeitlang, diesem inneren A...loch den Finger zu zeigen, aber irgendwann habe ich es dann geschafft, dieses Loslassen. Und genau das beschreiben auch einige andere Betroffene hier im Forum.
Natürlich wird es immer wieder Tage geben, an denen die Sucht anklopft (das ist ähnlich wie bei einem Alk., der im Supermarkt vor dem entsprechenden Regal steht und kurz nachdenkt), aber man kann das schaffen, dass man durchhält und je länger man es schafft, umso besser klappt es. Es ist auch Training wie vieles.
Findet sich jemand hier wieder in meinen Beschreibungen dieser Kontrollfreaks oder Perfektionisten? Denkt mal genau darüber nach (wenn nicht schon erfolgt durch eine gute Therapie).
@FrancesTheMute wie ist das bei dir?